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Überholung von Marzocchi-Federbeinen.
Intro
Glücklicherweise liefert Marzocchi mit jedem paar AG Strada ein vollständiges
Wartungshandbuch aus:
Manual download
(wei ich zu faul bin, das ganze Manual zu scanen, erlaube mir mal die pdf-Datei
der Firma LKW-Kelkheim www.lkw-kelkheim.de hier einzustellen, die im wesentlichen
dem originalen Handbuch entspricht).
Allerdings empfehle ich an einige Stellen eine andere Vorgehensweise.
Demontage
Wir legen uns Bleistift, Notizblock und Meßschieber parat und werden
jeden Schritt notieren.
Zur Demontage der Feder vergleiche die Koni-Seite.
Marzocchi war so freundlich, statt einer Stirnlochmutter einen normalen 32-er Sechskannt
als Verschluß des Dämpfergehäuses zu benutzen. Mit etwas Behandlung
(Kriechöl, Heißluft) bekommt man die Schraube eigentlich immer auf.
(Nicht vergessen, vorher die Druckluft abzulassen :)).
Der Ausgleichsbehälter geht mit einem Stirnlochschlüssel relativ leicht auf,
hier können Kriechöl und Heißluft ebenfalls unterstützend helfen.
Wenn es sich um eine tatsächliche Überholung handelt (und nicht nur um einen
Wechsel der Ölviskosität), ist die Öffnung des Ausgleichsbehälters immer
zu empfehlen, um den berüchtigten Sabber herauszubekommen und den Zustand der
Ausgleichsmembran festzustellen.
Wenn der Marzocchi-Dämpfer komplett demoniert ist, schaut das so aus:
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- In der Mitte sehen wir den großen Dämpferkörper.
- Links neben dem Dämpferkörper von oben nach unten:
- Ausgleichsmembran
- Pressring
- Schraubverschluß des Ausgleichsbehälters
- Schraubkappe des Pumpventils
- Gummikappe für die Schraubkappe des Pumpventils
- Ölablaßschraube des Ausgleichsbehälters
- Rechts neben dem Dämpferkörper: die Dämpferstange
- weiter rechts, von oben nach unten:
- Kolbenstangen-Gleitbuchse mit Simmerring
- Staub-Abstreifring der Verschlußschraube
- Verschlußschraube
- Anschlagfeder
- Oberer Abschluss des Ventils
- Sternventilplättchen
- 1. Ventilplättchen
- 2. Ventilplättchen
- Ventilkörper
- Plastik-Dichtring
- Schraube
- ganz rechts: inneres Dämpferrohr mit unterem Ventil (sichtbar an der Zuze)
Das untere Ventil ist durch Entfernen des Sprengrings weiter zerlegbar.
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Die Teile sind nun zu reinigen: nicht nur altes Öl ist zu entfernen, sondern vor allem
aller grobkörniger Unrat, der sich zwischen Ventilplättchen abgelagert hat bzw. ablagern
könnte und so deren Funktion stark beeinträchtigt (bis zum Festsetzen des Dämpfers!)
- Sämtliche Komponenten werden mit Bezin ab/ausgespült, die Ventilplättchen
mit einem Tuch abgerieben.
- Dem Simmerring ist ebenfalls Sorgfalt anzugedeien: i.d.R. haben sich dort Schlamm und
Sandkörner abgelagert. Diese sind natürlich vorsichtig zu entfernen.
- Die Gewinde der Verschlußschrauben des Dämpferkörper und des
Ausgleichsbehälters sind zu reinigen.
- Der Durchlaß zwischen Ausgleichsbehälter und Dämpfer muß
freigespült werden.
Es folgt die Prüfung der Komponenten:
- Dämpferstange: muß im Gleitbereich des Simmerings frei von Löchern,
Riefen, Dellen sein.
- Simmerring:
Er darf nicht verhärtet sein, muß mit leichtem Druck an der
Stange anliegen, keine Ausbrüche oder Risse aufweisen.
Andernfalls ist er zu
ersetzen (Marzocchi-Reparatur Kit, erhältlich bei Fa. "Zupin Motorsport").
- WICHTIG Die Gewinde der Verschlußschrauben, des äußeren
Dämpferkörpers und des Ausgleichsbehälters sind auf Leichtgängigkeit
zu prüfen. Anderfalls sind die Gewinde aufzuarbeiten
- Es ist zu prüfen, ob sich die Verschlußschraube des Dämpferkörpers
leicht auf Gleitbuchse aufsetzen läßt und sie sich leicht gegeneinander
drehen lassen. Andernfalls sind sie von Oxidationsspuren zu befreien und anzuschleifen, bis
dies der Fall ist.
Nach dem Trocknen (Erwärmen hilft :)) erfolgt der Zusammenbau.
Zusammenbau
Hinweis zum offiziellen Handbuch:
Die angegeben 20 Grad Neigung beim Befüllen sind nicht so genau
zu nehmen, mehr ist hier besser, wichtig ist, daß im gesamten
Dämpfervolumen (und damit auch unterhalb der Membran) keine Luft
eingeschlossen wird
(vgl. Stoßdämpfertypen), deshalb muß
die Ablaßschraube an der höchsten Stelle des Ausgleichsbehälters
sein.
Der hier vorgestellte Zusammenbau weicht etwas von dem offiziellen Handbuch ab, der
Dämpfer ist hier senkrecht zu halten.
- Dämpferstange gemäß Handbuch zusammenbauen.
Vor dem Aufschieben des
Verschlusses/Simmerings wird der Simmering und die Dämpferstange dick mit Gabelöl
eingeölt!
- Das untere Ventil auf das innere Dämpferrohr stecken (u.z. auf der Seite mit dem
kleinen Loch!) und dieses in den Dämpferkörper einführen.
- Nun wird der Ausgleichsbehälter etwa zu 2/3 mit Öl
befüllt (das Ablaßloch bleibt offen!). Danach wird die Ausgleichsmembran vorsichtig
und langsam eingesetzt. Wichtig ist, daß keine Luft eingeschlossen wird, die Membran
muß komplett von Öl umgeben sein.
- Jetzt setzen wir den Ring auf die Membran und dann den Schraubverschluß und drehen
diesen mit der Hand fest. Der Dämpfer bleibt die ganze Zeit senkrecht!
- Als nächstes füllen wir das innere Dämpferrohr bis zum Rand auf und das
äußere bis etwa 2 cm bis unter den Rand des Dämpferkörpers.
- Nun wird das Ventil der Dämpferstange in das innere Dämpferrohr eingesetzt und
nur soweit eingeführt, daß der Ventilkörper im Rohr verschwindet.
- Nun drücken wir die Gleitbuchse mit dem Simmerring langsam in den
Dämpfer bis sie im inneren Rohr eingepaßt ist. Langsam deshalb, damit
überschüssiges Öl über die Buchse quellen kann und nicht den
Ausgleichsbehälter zusammendrückt. Das übergequollene Öl wird
mit einer Einwegspritze abgesaugt. Es ist darauf
zu achten, daß die Dämpferstange nicht reingedrückt wird.
- Wir führen den Schraubverschluß über die Buchse, schrauben ihn
ein und ziehen ihn mit dem 32er Schlüssel handfest an,
wobei wir nach wie vor darauf achten, die Dämpferstange nicht reinzudrücken.
- Dann wird die Ablaßschraube eingesetzt und festgezogen.
- Jetzt können die Schraubverschlüsse von Körper und Ausgleichsbehälter
festgezogen werden.
TEST
WICHTIG
Die Dämpfer müssen getestet werden:
- Kolbenstange mit konstantem Druck aus und ein bewegen. Sie muß sich dabei
in beide Richtungen absolut gleichmäig mit einen leisen "Zischen" bewegen lassen,
es darf auf keinen Fall grobes "Sprudeln" zu hören sein (viel zu wenig Öl).
- An einem beliebigen Umkehrpunkt (d.h. beim Übergang von Auf- zu Abbewegung und vice versa)
muß sofort wieder die gleiche Dämpfungskraft anliegen. "Rutscht" der Kolben ein Stück mit
verminderter Dämpfung, ist entweder zu wenig Öl drin bzw. können sich Ventilplättchen
nicht frei bewegen (Schmutz)
Ölsorten
Leider ist das widerliche Getriebeöl ATF scheinbar nicht tot zu kriegen, findet man doch immer
noch "gutgemeinte" Ratschläge, dieses in Gabeln und Stoßdämpfern zu verwenden.
Was vor 30 oder 60 Jahren gut war, ist heute im Zeitalter der Hochleistungsöle wirklich
überholt. Also verwendet bitte gescheites Dämpferöl, z.B. für Teleskopgabeln.
Marken gibt es ja zur genüge, ob man das Castrol-Racing-Forkoil einsetzt oder ein billigeres
Markenöl à la Delo oder sonst was, sei jedem selbst überlassen.
Eine Angabe der Viskosität ist sehr schwierig, da Gabelöle keiner Norm unterliegen und
daher die Viskositätsangaben von Hersteller zu Hersteller abweichen, ja sogar innerhalb
eines Herstellers für verschiedene Produktreihen nicht ganz vergleichbar sind. Beispiel:
Das besagte vollsynthetische Castrol Racing ist merkbar flüssiger als ein Standardöl
aus gleichem Hause, selbst wenn auf beiden die Viskositätsklasse "10" angegeben ist.
Trotzdem kann man grob für die Marzocchis aussagen:
- Viskosität API "5": Abstimmung Empfehlung Handbuch
- Viskosität API "10": habe ich noch nicht versucht
- Viskosität API "15": stark gedämpfte Abstimmung , paßt meiner
Meinung nach ganz hervorragend für gute Straßenverhältnisse
Ersatzteile/Simmerringe
Simmerring-Sets für die AG-Stradaerhält man bei Fa. "Zupin Motorsport".
© RRR.DE - Franky