Hallo,
ich lebe noch, aber nur knapp.
Das am Wochenende erledigte 8-Stunden-Enduro war das brutalste was ich
bisher erlebt habe. Es war irgendwie so schrecklich, dass es mir
retrospektivisch betrachtet glaub ich recht getaugt hat. :-)
Nochmal kurze Erklärung: Wie gesagt, 8 Stunden-Enduro, 2er-Teams, ich
bin mit dem Niki Krutak auf einer "Werks"-GasGas 300 ;-) von BLM zur
Verfügung gestellt, gestartet. Die 300er hat der Niki mit "weniger
schalten durch mehr Drehmoment" erklärt. Ich hab ihm geglaubt.
In der Ausschreibung haben sie was von mittelschwer geschrieben. Muss ja
gehen, denk ich mir, so mittelschwer halt. Als ich den Kini auf der
Nennliste entdecke, wird mir mir allerdings die Relativität von
"mittelschwer" schlagartig bewusst.
Samstag in der Früh war Abreise von Bruck nach Roppen. Der Truck mit
unglaublich vielen Motorradln ist sehr früh losgefahren, wir nur früh.
Wir waren der Niki und ich Isa und ich, jeweils mit einem roten MX5
bewaffnet. Wir sollten über das ganze Wochenende zwar nicht die
Schnellsten vor Ort, aber immer die Schönsten sein ;-)
Nach endloser Fahrt waren wir dann endlich in Roppen und haben mal das
Gelände betreten. Grosses Fahrerlager, Bierzelt, Häuslwagen,
Ausstellerflächen etc. alles da. Und ein Steilhang. Der hat mir
zumindest ein bissl Respekt abgerungen, hat irgendwie nach ordentlicher
Anfangshürde ausgesehen. (huarhuar) Die Strecke selbst war 6 bis 7
Kilometer lang, nur Steine, halt unterschiedlicher Grösse. Von
wunziklein bis bistdudeppat ungefähr. Wieder einmal beschleichen mich
ganz leise zarte Unsicherheiten ob der Frage ob es rasend klug war so
ein Rennen zu fahren, mit eigentlich null Enduroerfahrung (ein bissl
ausm Fernsehen halt und einmal war ich ja in der SG, wo eh alles
problemlos war.) Ich hab die Bedenken aber rasch fortgewischt, weil mir
eh keine gute Antwort dazu eingefallen ist.
Am abend war lustiges Quartiersuchen angesagt, nicht dass wir keines
reserviert gehabt hätten, nein, es war nur in einer anderen Stadt als
geplant ;-)
Dann der Beginn des Terrors: 5 Uhr aufstehen, 6:30 Fahrerbesprechung, 7
Startaufstellung, 8 Start. Der Niki hat dankenswerterweise den Startturn
übernommen, was mir im allgemeinen und angesichts des Massenstarts von
200 Verrückten im speziellen sehr recht war. Der Niki ist dann
irgendwann mal in die Wechselzone gekommen, hat gemeint, es ist eh ok,
teilweise ein bissl arg, nur das Flussbett ist schlimm. Hat er gesagt.
Er ist dann aber nochmal raus und hat noch eine Runde runtergerissen.
Ich war recht motiviert (zu überleben) und hab immer nur an den
Steilhang gedacht. Dann endlich, Fahrerwechsel.
Raoul raus, zum Steilhang, und... oben! Cool, hab ich mir gedacht, dann
fahr ma halt jetzt so unser Rennen da. Naja. Bei der ersten Steilabfahrt
hats mich dann mal hingewixt und ich hab mir noch gedacht, geh herst,
hab ich mir gedacht, konzentrier dich doch ein bissl. Nach aufheben,
runtereiern und ankicken, nächste Kurve, bergauf links, huha, bissl arg
geröllig da. 2. Sturz, dafür 1. Erkenntnis: Ich bin ein Trottel, das ist
da überhaupt nix für mich und ich bin ein Trottel. Na gut, weiter,
aufheben, ankicken, solala über die Hindernisse drüber bis zur nächsten
Steilauffahrt die zwar nicht lang aber dafür SEHR steil war. Wie immer,
extremes Gerölle, Wurzeln, lockere Erde, lockerer Schotter etc. Scheisse
hab ich mir gedacht. Gar nicht, da gibts eine kleine Umfahrung! Also
los, hoppla-pebbel etc., ich konnte kaum die Spur halten, es gingt aber
halbwegs, mitten in der Auffahrt eine enge Rechts, scheisse, da liegt
einer! Oarsch, stehengeblieben, umgefallen, abgewürgt. Irgendwie drüber,
egal, einfach weiter. Nächste lustige Passage, kleine Kante in einen
trockenes Flussbett, blanker Stein, plus 1. Brücke, Kopf einziehen,
uaaa, knapp. Nächste Brücke. ? Ist so hoch wie das Motorrad. ?
Körper neben den Bock drücken und durch. Ist interessanterweise
gelungen, jedesmal, komisch. Dann wieder rauf, runter, Kehre, Anlieger,
alles voller Steine.
Und dann kam ES.
Das Flussbett.
Trocken und Felsig. Nach 1,30 Meter reissts mich zum ersten Mal vom Bock
und abgewürgt. die Felsen und Steine waren so gross, so glatt, so
unüberwindbar, überall sind Leute und Motorräder herumgelegen, und ich
hab keinen Plan gehabt, wie ich da auch nur irgendwie drüberkommen soll.
Ist man ins Rollen gekommen, hat mans immer ein paar Meter am Stück
schaffen können, solange halt bis einen das Gerüttle irgendwie zu sehr
aus dem Konzept bringt. Wer allerdings gestanden ist, war ein armes
Schwein. Anfahren war praktisch unmöglich, man ist entweder nicht von
der Stelle gekommen, oder es hat einem einfach der Boden unter den
Füssen gefehlt, der Bock ist schon beim wegfahren versprungen oder was
auch immer. Und wenn mans mal geschafft hat, ist vor einem irgendwer
hingeflogen, oder hat den Motor abgewürgt oder was auch immer. Fahren
war halt leider wie erwähnt kaum möglich, man hat sich blitzeschnelle in
der Reihe der stehend-Kämpfenden wieder eingefunden. Ich mein, das
Bachbett war ungefähr 300 Meter lang, bergauf! Das war so irr,
unbeschreiblich. Irgendwann lach ich still in mein Helmchen, weil vor
mir 2 Kanten überkochen , neben mir eine kocht und hinter mir eine
raucht. In dem Moment machts Poff und ich steh in einer weissen
Rauchwolke. Derbe Selbstzweifel plagen einen in so einem Moment, man
denkt sich ob das wohl auch passiert wäre wenn man nix gesagt hätte.
Egal, ich war eh im Eimer, Bock abkühlen lassen und vorgenommen beim
Fahrerwechsel Wasser nachzufüllen. Irgendwann war dann auch das
Flussbett zu Ende und es ging mit den bereits eher klassischen
Gemeinheiten weiter. Als ich nach schier endloser Zeit endlich ins
Fahrerlager komme, warten der Niki und die Isa schon etwas besorgt, weil
ich doch ahem, eher länger unterwegs war. Die Isa sagt später, in meinem
Gesicht wäre die nackte Verzweiflung gestanden, so wars auch, Angst,
Verzweiflung, Erschöpfung etc. Dann die Erkenntnis, das hier ist ein
8-Stunden-Rennen. Ich bin echt verzweifelt. Wasser nachfüllen, hat
ausser der Erkenntnis das nix fehlt sondern vorher offenbar nur zuviel
drinnen war nix gebracht. Niki geht wieder raus, und dreht bravourös
seine Runden. Er tut mir total leid, dass er sich mich als Teampartner
ausgesucht hat. Ich hab dort echt nix zu suchen, ich kann nicht
Endurofahren, und durch meine eher mangelhafte Fahrweise brauche ich
Kraft und Kondition im Eiltempo auf. Dazu kommt, dass die Gas aufgrund
der Höhenlage zu fett läuft und mir bei jeder Gelegenheit abstirbt. Ich
hab in der ersten Runde sicher 30 mal den Bock anstarten müssen.
Die Isa redet mir aber gut und zu, also äh, baut mich eigentlich neu auf
und ich übernehm meinen nächsten Turn. Der rennt gnadenlos, aber gut
diesmal, ich verbessere meine Rundenzeit von 50 Minuten auf 25 Minuten
und bin damit gutes Mittelfeld, kein Sturz, nur ein Umfaller und sogar
das Bachbett wird von mir durcheilt. Das ist offenbar genau der
Zeitpunkt wo ich bereits ein bissl was vom Endurofahren kapiert hab und
Kraft und Kondition noch ausreichend vorhanden sind. Ich komm total
glücklich und euphorisch zurück und treff den Niki beim essen vorm LKW
:-) Wir machen denn gleich aus, dass wir auf die WEchselzone scheissen
und gleich immer beim LKW tauschen. Niki wie immer, bravstens.
Der nächste Turn bedeutet den absoluten Tiefpunkt, ich bin total im
Eimer, flieg 2 mal ordentlich und ein paar mal lächerlich und bin
wirklich am Ende. Gegen Ende der Runde gibts so ein kleiners Plateau,
mehrere Auffahrten und mehrere Abfahrten möglich. Wie ich hinkomm, seh
ich die Isa stehen, fahr deswegen leider eine andere Auffahrt als sonst
und leider auch eine andere Abfahrt. Superabgang über den Lenker in der
Senkrechten, war halt unerwartet der Verlauf der Abfahrt. Im Fahrerlager
bin ich den Tränen nahe, Erschöpfung und Unvermögen setzen mir zu. Die
Isa behandelt mich eine Stunde lang psychologisch und tatsächlich gehe
ich wieder raus. Wird sogar eine halbwegs akzeptable Runde, ohne
besondere Vorkommnisse, heisst, keine neuen Sturzstellen entdeckt,
sondern nur die bereits bekannten ausgebaut. Ein Sturz ist diesmal nahe
an einer echte Verletzung, als ich wieder einmal eine Steilabfahrt
runterfliege und mit dem Fuss zwischen Hinterrad und Schwinge einfädle,
leider aber in einem ganz anderem Winkel als physiologisch möglich den
Hang abgehe. Passt aber. Irgendein Trottel fahrt mir allerdings über den
Bock und fadelt seine Fussraste in meine vordere Felge und zaht und
dreht uns die halbe Abfahrt runter. Egal, hätt mir auch passieren
können. Der letzte Turn findet beinahe schon unter Euphorie statt, ich
komm wieder halbwegs durch, mach aber einen sehenswerten Überschlag im
ersten harten Bachbett unter eine Brücke durch. Mich prackts ziemlich
hin, hintennach der Bock. Ich bin kurz ein bissl verdattert, hab aber
leider keine Zeit meine Wunden zu lecken, weil hinter mir die anderen
warten und in die 10cm Rinne reinfahren wollten, durch die man die
1Meter Kante anfahren kann um unter der Brück durchzufahren. Und ich
lieg ja da unten. Egal, aufheben, wegschieben, ankicken etc.
Als ich ins Zeil komme, kann ich es kaum fassen, ich habs geschafft. Die
Platzierung ist elend aber nicht von Relevanz, ich bin einfach durch.
Ich bekomm dann sogar Lob von einigen schnellen Herren, dass ich als
absoluter Anfänger so ein Rennen gefahren bin. Das, die Anfeuerungen vom
Niki und vor allem die praktisch dauernde Betreuung von der Isa haben
mich durch das Event getragen. Grundsätzlich war ich dort so falsch,
dass ich falscher kaum hätte sein können, aber irgendwie bin ich froh
und glücklich das gemacht zu haben und da durchgekommen zu sein.
Den Event selber kann man kaum beschreiben, wer wie ich anfänglich
unsere afm-SG als Vergleich heranziehen will, kann das gleich wieder
vergessen, das läuft echt auf einer anderen Ebene.
Div. sehenswerte Sturbeschreibungen gibts beim nächsten ST live, sind
schwer beschreibbar.
Raoul, mir tut alles weh :-)
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Raoul Donschachner-Vienna-Austria--DLISUGC#1
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