Moin!
Also nun bin ich wieder heimgekehrt in den Frust des Institutes und der
Lust von drm. Bevor einer, der den Bericht ließt, die Stirn kraus zieht -
Nein! Schottland war schön! Insbesondere das Wetter war ziemlich gut. Zwar
kalt, aber recht wenig Regen.
Vor allen Dingen war Schottland ein Lehrstück in Sachen "Reisen mit alten
Motorrädern".
Doch der Reihe nach: Am Montag dem 14.6. sollte es losgehen mit der Fähre
HH - Newcastle. Am Mittwoch davor hatte ich nochmal alles durchgesehen und
eingestellt, sah alles gut aus, aber da meine XS während des Frühjahres
wieder ab und an eines ihrer mysteriösen Ruckelprobleme hatte war ich doch
ein wenig skeptisch. Sollte ich eventuell doch mit der Norton fahren??
Aber bei der waren schon Hinterrad und Tacho ausgebaut und zwecks
Überarbeitung zum Herrn Cordes gegeben worden.
Am Freitag Abend habe ich dann noch eine kleine Runde durch die Stadt
gedreht und....SIE RUCKELTE PLÖTZLICH WIEDER!!! Na klasse!
Aufgrund der Laufleistung und der "Ruckelcharakteristig" (ruckeln
besonders während Gas geben und unstetes Standgas) schloß ich auf
löcherige Vergasermenbranen (beliebte Macke bei XS650).
Samstagmorgen: Zuerst meinen Schrauber abgerufen: "Haste noch neue
Vergasermenbranen? Nö!" Dann einen XS Kumpel angerufen, dieselbe Frage,
ebenfalls Nö. OK, es war Bockhorn Wochenende. Erstmal zum Kumpel und mit
Coulortune Verbrennungsbild angeschaut und noch eine wenig optimiert, dann
nach Bockhorn, denn da hat ja immer so ein gut sortierter
Alt-Yamaha-Händler seinen Stand... Der war auch da und hatte alle
möglichen XS-Vergasermenbranen, nur nicht für die 650iger! Sollte ich doch
noch in einer Blitzaktion die Nortonteile wiederholen?
Sonntag: Nein, die Vergasermenbranen kann man auch flicken, das ist zwar
nicht optimal aber es geht. Allerdings war ich doch ein wenig skeptisch,
da am Mittwoch vorher die Dinger eigentlich noch gut ausgesehen hatten.
Also Membranen raus - ich kucke, sehen gut aus - Kumpel Cord kuckt, sehen
gut aus. Vergleich mit Membranen aus einer Reservevergaserbank
seinerseits, meine Membranen sind besser. Scheiße, was jetzt?
Also, Vergaser auseinander und alles überprüfen. Es war in den Vergasern
aber alles so wie es sein sollte, das einzige was auffiel war, daß der
eine blitzsauber war während im anderen so mysteriöse, schwarze Flöckchen
waren. Darauf konnten wir uns echt keinen Reim machen, also Vergaser
gesäubert und wieder rein damit.
Die Karre lief auch prima, aber das Standgas war irgendwie nicht soo
vertrausenserweckend, aber ich höre manchmal die Mäuse husten.
Also am Montag Morgen die Karren beladen und los. 30Km hinter Bremen -
RUCKELN! Ich fahren rechts ran. stelle die Karre ab und sage zu meiner
Freundin: "Ok, das war es, vergiß Schottland! Mit der Dreckskarre fahre
ich nicht in den Urlaub! Hätte ich man bloß die Norton genommen"
Aber der waidwunde Blick der mir entgegen schlug und das "nur bis zu Fähre
erstmal" haben mich dann doch weich bekommen. Also weiter. Den restlichen
Weg bis HH ging es auch ganz gut, sie ruckelte zwar immer noch, ließ sich
aber einigermaßen fahren. Ich überlegte mir das ich es erst mal nur bis
Edinburgh schaffen müßte, dort wollten wir eh einige Tage bleiben und dort
würde ich die Karre zu einer Yamaha Werkstatt bringen und die sollten sich
drum kümmern, schließlich war ich im Urlaub und habe einen Schutzbrief.
Außerdem hatte ich fast das ganze Frühjahr schraubenderweise verbracht.
Der Weg von Newcastle bis Edinburgh (so zwischen 160-200km) was die
Hölle!! Die XS ruckelte wie blöd. Mal nahm sie Gas an, mal fuhr sie noch
60kmh. Unterwegs mußte sich meine arme Freundin auch noch anhören das sie
ja schließlich schuld wäre das ich hier mit so einer Dreckmühle rumeiern
muß, anstatt zu Hause fein Norton zu fahren. Ich wundere mich wirklich das
ich das Motorrad nicht getreten habe.
OK, die vorab bestellte Unterkunft in Edinburgh entschädigte doch für
vieles; riesiges, viktorianischen Haus, große, helle Zimmer und ein sehr
netter Wirt. Nachdem ich (ohne richtiges Standgas) meine Karre, quer durch
das Gewusel Edinburghs, zu einer Yamaha Werkstatt gebracht hatte war mir
auch ein wenig wohler.
Danach begann so etwas wie Urlaub und wir sahen uns die Stadt an (sehr
schön!). Nach 2 Tagen meldete sich die Werksatt und teilte mit das Mopped
sei in Ordnung und ich könne es abholen, allerdings, als sie es am
vorherigen Morgen vom Ständer holten war der Hinterreifen platt! Ah ja!
Mmmh, der war zwar brandneu, hatte aber in Deutschland schon einige Gründe
für Zweifel ob seiner Dichtigkeit gegeben. Diese waren aber durch die
Überredungskünste (und den Druckmesser) meines Reifenhändlers zerstreut
worden, den ich im übrigen als ehrlichen Handwerker sehr schätze.
Nun gut, die Werkstatt hatte einen neuen Schlauch eingesetzt und würden
mir auch eine neue Decke aufziehen wenn ich wollte, das wäre ihrer Meinung
nach aber nicht nötig. Also hohlte ich die Karre ab. Auf meine Frage was
denn nun das Ruckeln verursacht hatte, wurde mir gesagt, daß der Kontakt
für den linken Zylinder verstellt gewesen wäre, daraufhin die linke Kerze
verrußte und nicht mehr richtig funkte. Ganz großes MMMMH.
Erstens waren die Kontakte vor einer Wochen neu eingestellt worden und zum
anderen hatte ich mir die Kerze während der üblen Ruckelfahrt nach
Edinburgh natürlich angeschaut, da war nix schwarz gewesen! Aber egal, die
Karre lief. Gewisse Zweifel blieben.
Deshalb wurde als nächstes nur eine kleine Etappe angestrebt, von
Edinburgh nach Crieff, dort waren auch gerade Verwandte von mir im Urlaub
und die wollten wir besuchen.
Der Weg nach Crieff ist eine der beliebtesten Heizerstrecken für die Jungs
und Mädels aus Edinburgh und Glasgow, außerdem war Sonntag und gutes
Wetter. Wenn die Moppedfahrer in England schon fahren als wenn es kein
Morgen gäbe, so fahren die Schotten als wenn es auch kein Heute gäbe. Wer
vor Kurven NICHT das Gas bis Anschlag aufreißt ist eine feige Sau und wer
womöglich bei diesem Tun auch noch so was sie Protektorenkombis trägt, ist
es nicht wert das man ihn auch nur mit dem Arsch ankuckt. Sehr spaßig das
alles.
Nun gut, wir machen eine kleine Rast, mein Blick fällt auf meinen
Hinterreifen und was sehe ich, einen Riß, ca. 3-4cm lang und quer über
die Mittelrille! So tief das ich bis auf das Textilgewebe runter blicken
konnte, welches auch noch eingerissen war. Super Sache das.... Zum Glück
ließ der Reifen keine Luft, so konnten wir mit 60-80kmh weiterzockeln;
wahrscheinlich habe die ganzen Einheimischen Blut und Hölle auf die
Scheißtouris geflucht die da in ihrer Ideallinie runschwuchtelten. Aber
ich war schon zufrieden das mir der Reifen bis Crieff nicht in Fetzen
gegangen ist.
Dort angekommen haben wir erstmal das Hydro-Hotel gesucht, ein altes,
ebenfalls viktorianisches Prunk- und Protz-Hotel. Sehr edler Empireschick.
Im dem waren nämlich mein Onkel und meine Tante abgestiegen und hatte uns
dort auch ein Zimmer reserviert, was wir aber nicht wußten und da das
Hotel etwas außerhalb in einem alten Park liegt, habe wir es auch erstmal
nicht gefunden und uns eine deutlich bescheidenere Unterkunft gesucht. Man
kann halt nicht alles haben...
Am nächsten Tag ging es an einen neuen Reifen, zum Glück gab es in dem
kleinen Kaff einen Reifenhändler, der hatte sogar einen passenden Reifen
da, allerdings nur einen Avon Speedmaster MKII, nicht gerade ein
Heizerreifen! Fast gerade Lauffläche und zur Seite hin hört das Profil ein
wenig unvermittelt auf. Na ja, auf den supergriffigen Britischen Straßen
ging es damit eigentlich recht gut, der Hinterreifen hat jetzt auch echt
keinen Angstrand mehr (das ist aber bei dem Reifen auch nicht soo schwer).
Leider hatte meine Freundin ihren Kettentrenner vergessen und deswegen
mußte an der XS die Auspuffanlage runter um das Hinterrad heraus zu
bekommen. Ob dieser Tatsache leicht verstimmt fluchte ich rum das das ein
Scheißmopped wäre, ich hätte noch eine Norton, bei der würde das
Hinterradaus- und Einbau schlappe 10min dauern. Worauf mich der ca. 60ig
jährigen Reifenhändler fragte was für eine Norton ich denn hätte?
"Dominator 99." "Ja, das wäre eine gute Maschine." Er hätte 25 alte
Motorräder und wenn wir Lust hätten könnten wir ihn nach Feierabend
besuchen kommen und er würde sie uns zeigen. Wir hatten Lust.
Oh, Mann!! Was stand da alles rum, allein 3 BSA Goldstars (!), ein AJS Boy
Racer, zig Bonnevilles (das meiste Sondermodelle), eine Norton Rotary, ein
Bahnrenner mit JAP Motor mit dem er selbst vor 40ig Jahren Rennen gefahren
war, eine LeMans I (die fand er aber Scheiße) und, und, und. Einiges nicht
restauriert, aber das meiste in guten bis extrem guten Zustand. Zudem war
der Mann wirklich sehr nett (wie eigentlich jeder den wir in Schottland
getroffen haben), es war also ein 1a Abend!
OK, am nächsten Morgen weiter nach Pitlochry, die Karre lief, der Reifen
war ok, aber meine Zweifel blieben. In Pitlochry (super Unterkunft mit
weitem Blick über ein Tal) eine weite Tagestour gemacht, Karre lief. Aber
auf dem Weg zurück zum Hotel - RUCKELN!!!!! AARRRRGGGLLLL! WARUM BIN ICH
NICHT MIT DER NORTON GEFAHREN?
Nun gut, jammern nützt nix. Habe ich mich also am nächsten Morgen
hingesetzt und neue Zündkontakte eingebaut und eingestellt, sowie neue
Limakohlen eingesetzt, eigentlich war mir klar das es das nicht sein
konnte, denn alles Zündtechnische war vorher zigmal überprüft worden, aber
ich hatte so langsam keinerlei Ideen mehr. Schließlich und endlich habe
ich mich noch daran gemacht mal die Benzinfilter zu überprüfen. Die werden
bei der XS in die Benzinhähne eingeschraubt und sind am anderen Ende der
Adapter für den Benzinschlauch. Ich hatte allerdings wenig Hoffnung dort
etwas zu finden, weil ich wußte das mein Schrauber vor einem Vierteljahr
die Benzinhähne Komplet überholt hatte, aber was tut man nicht aus
Verzweiflung?
Ersten Filter raus - sieht super aus, wieder rein damit. Zweiten Filter
raus, uups, weshalb kommt denn dabei gar kein Schluck Benzin heraus wie
üblich, sollte der Benzinhahn verstopf sein? Nö, isser nicht, Filter ist
sauber also wieder rein. Ich schraube das Ding wieder rein, setzte den
Schraubenschlüssel an um ihn festzuziehen und - knicks, bricht mir das
Ding durch!
Tja, das war es gewesen wonach ich ein halbes Jahr gesucht hatte! Ich habe
mir dann die Bruchstelle angesehen und man konnte deutlich erkennen das
das ganze Ding nur noch von einem Hauch Metall zusammengehalten worden
war, immer wenn ich Gas gegeben hatte und der Motor warm war hatte sich
der Riß geweitet und der Vergaser hatte nicht nur Benzin sondern auch Luft
gezogen. Zudem lief immer wenn ich den Benzinhahn öffnete ein ordentlicher
Schlups Benzin über den Kabelbaum direkt daneben, löste die Ummantelung an
und die kleinen Fetzen wurden beim Gas aufreißen dann auch noch über die
Benzinleitung in den Vergaser gesogen, das war der merkwürdige Dreck im
linken Vergaser. Das der Benzinhahn beim öffnen Benzin ließ war mir wohl
schon aufgefallen, aber da das eine typische XS650 Krankheit ist ignoriert
man das nach ein paar Jahren, normalerweise kommt das Benzin nämlich auch
vorne heraus und richtet dort keinen Schaden an. Der Riß selber war echt
nicht zu sehen gewesen.
Prima, prima, jetzt hatte ich den Fehler also gefunden, aber jetzt lief
die Karre überhaupt nicht mehr, fehlte doch die Verbindung Tank - linker
Vergaser. Zudem war das kaputte Teil natürlich so ein exzentrisches
Yamaha-Spezialteil mit einem M7 Feingewinde (so wurde mir mitgeteilt), hat
keine Sau!
Egal. Ich mir die SR von meiner Freundin geschnappt und nach Perth
gebraten, so ca. 60km weit weg. Jeder hatte mit geraten zu Honda-Dickson
zu gehen, das wäre ein großer Laden und die könnten mir eventuell helfen.
Ich Idiot bin aber natürlich erstmal zu einem gefahren der Yamaha in
seiner Gelbe-Seiten-Anzeige hatte. Der konnte mir nicht helfen, gab mir
aber 2 Adressen. Die erste Adresse war ein Bastler der aber auch so ein
Teil nicht da hatte und auch keinen Gewindeschneider für so ein
ungewöhnliches Gewinde (den hatte übrigens niemand, scheint echt selten zu
sein!). Er könne mir aber etwas basteln, nur brauche er dazu den
Benzinhahn. Der war natürlich in Pitlochry und außerdem mußte dann erstmal
das Benzin abgelassen werden.
Die zweite Adresse war der örtliche Yamaha Händler, der war ein Arschloch!
(Der einzige ätzende Schotte den ich getroffen habe, wahrscheinlich war er
eigentlich Waliser...)
Also zurück zum Bastler und gesagt das ich ihm den Hahn heute oder morgen
vorbeibrächte wenn Honda-Dickson nicht irgendwas hätte. Ich wieder raus.
Rauf auf die SR und - springt nicht an. Ich sollte hier eventuell erwähnen
das ich die SR meiner Freundin nicht sonderlich mag. Ab und an rächt sich
das Motorrad dafür. Es war sehr warm...aber nach 45min lief sie wieder.
Doch noch zu Dickson? Besser ist es vielleicht auch wenn die Karre dann
wieder nicht anspringt.
Also hin, großer Laden in dem die Hölle los war, so ca. 20 Transport
Kisten standen rum und die beiden Mechs kloppten im Akkord Neu-Maschinen
zusammen. Trotzdem, kaum hatte ich, mit meinem jämmerlichen Benzinhahn die
Werkstatt betreten, wurde alles hingelegt und gefragt was ich denn für
Sorgen hätte. Dann kümmerte sich der Chefmech um mich, so ein Rockerktyp,
lange Haare, Bauch, dicke Oberarme und Bart. Das einzige was an ihm
überhaupt nicht Rockermäßig war, war seine unglaubliche Hektik, in einem
Text kann man das echt nicht darstellen! Der durchwühlte die gesamte
Werkstatt nach irgend etwas passendem, benutzte eine Probefahrt um bei 2
anderen Werkstätten nachzufragen ob sie so etwas hätten, führte mehrere
Tel. Gespräche, nix. Ganz zum Schluß klaubte er aus der letzten Ecke der
Werkbank eine Vergaserbatterie von irgend einem BMW K-Modell und siehe da,
der Hauptdüsenstock hatte M7 Feingewinde! Also Düse raus und das Ding
aufgebohrt, damit auch ordentlich Sprit duchpaßt, aber auf den Düsenstock
konnte ich den Benzinschlauch nicht aufschieben. Also weitergewühlt bis
eine Hohlschraube mit passendem Gewinde gefunden war, auch aufgebohrt und
ich konnte zurück nach Pitlochry.
Aber nun mußte ich die SR ja wieder in Gang bringen, es war immer noch
sehr warm, oberschlau habe ich sie erst mal angekickt ohne Helm, ein Kick
- läuft. Prima, wieder aufgebockt, Helm und Handschuhe an, drauf gesetzt
und - blob - Karre aus! Erwähnte ich schon das ich SR's nicht ausstehen
kann? Na ja, nach wieder ca. 45 min und mehrmals Kerze raus und wieder
rein lief sie dann. Ab nach Pitlochry, Provisorium eingebaut und die XS
lief wieder wie Hölle! Das ist bis jetzt auch so geblieben. Es war zwar
immer noch nicht richtig dicht, aber das haben wir dann am nächsten Tag
mit einem O-Ring und einer kleinen Schlauchschelle in den Griff bekommen.
Ach ja, für die ganze Aktion wollten sie keinen Pfennig haben... Wir haben
ihnen dann 5 Pfund für die Kaffeekasse aufgenötigt. Also falls ihr mal
Mopped Probleme in der Gegend von Perth habt, Honda-Dickson ist eine prima
Anlaufstelle!
So das war es so ziemlich, die restliche Reise über Inverness, Fort
George, Loch Ness, Oban, Mull und nochmal Edinburgh verlief dann fast ohne
Trouble (die SR hat noch 2x rumgezickt, allerdings bei ihrer Herrin), aber
das ist eigentlich einen eigenen Bericht wert und dieser hier ist ja nun
wirklich schon lang genug.
Bis denn
Bernd
PS: Ach ja, am 2.7 war ich wieder zurück, am 6.7. ist mir meine Norton
verreckt und bis heute habe ich sie nicht wieder zum Laufen gebracht. Es
hört nicht auf, irgendwie hört es nicht auf...