From: Axel Blum, ablum@post.klinikum.rwth-aachen.de
Subject: Schottlandbericht Teil 1 (potentiell saulang)
Date: Thu, 17 Jun 1999 16:54:56 GMT
Organization: Institut für Med. Informatik

Liebe Zielgruppe,
anschließend wie versprochen schon mal der erste Teil des
Schottlandberichts. Für die, die bestimmte Tips haben wollen, werde
ich die Tips auf alle Fälle nochmal getrennt zusammenstellen. Viel
Spaß! Adressen der schönsten Unterkünfte gibt's später.

26.5- 29.5.

Los ging's ab Aachen etwa um 14.00h. Als kleine Überraschung hatten
wir kurz vorher festgestellt, daß man angeblich auf der Fähre in
Zeebrugge bis 17.00h und nicht, wie gedacht, bis 18.00h einschecken
mußte. Es war also Stochen angesagt, gar nicht so einfach mit
Bettina's KLE mit 34PS. Nach 130km mitten in einer Baustelle vor
Brüssel verschwand Bettina plötzlich zwischen den Baustellenzeichen,
Sprit alle? Für mich bei ziemlich viel Verkehr keine Chance zum
warten. Düsteren Sinnes düste ich über den dichtbefahrenen Brüsseler
Ring. Erste Tankstelle gewartet, nix. Beschluß: Weiterfahren & Hoffen,
daß man sich in Zeebrugge wiedertrifft. Ich sah schon die Fähre
wegfahren, meine Reisegenossin verschollen ... Irgendwie ging mir
immer wieder dieser Musketier-Film durch den Kopf - einer kam durch
..

17.15 - immer noch 15km bis Zeebrugge - fertig mit der Welt - gerast
wie ein Bekloppter - Fährhafen 17:35 - Fähre ist noch da - oh Wunder
Bettina auch. Eingescheckt, in die Fähre gefahren. Motorräder müßen
mit 2 Abschleppseilen gesichert werden, Krempel in der (winzigen)
Kabine abgestellt, Abfahrt zugesehen (die erst 19:35h war),
Abendessen.

Das 5-Gänge-Menü ist ganz nett, der erste Gang wird am Tisch serviert,
den Rest muß man sich holen, die ideale Voraussetzung für ruhigen
Schlaf. Morgends Frühstück (Achtung: Der O-Saft ist frisch gepreßt!)
und runter von der Fähre in Hull. Linksverkehr war zunächst recht
streßig, man gewöhnt sich aber recht schnell dran. Zunächst Richtung
York, da wollten wir versuchen, die Veröffentlichungen des Scottish
Tourist Boards (B&B, Hotels) zu bekommen. York ist eine absolute
Touristenstadt und sollte in weitem Bogen umfahren werden! Nach zwei
sehr stressigen Stunden raus aus York (ohne Bücher) und weiter
Richtung Barnard Castle. Bei einer Pause spricht uns ein netter Mann
so um die 50 an (seit 37J. Motorradfahrer, seit 20 Jahren Isle of
Man), der uns noch ein paar Streckentips gibt: Nebenstrecke über
Middleton-upon-Teasdale, an der Westküste Halbinsel Kintyre mitnehmen,
STB-Bücher bei der Touristinfo.

Die Strecke Barnard-Castle/ Brampton war denn auch absolut traumhaft
und ich kann sie nur empfehlen, sowohl zum Ideallinien-Suchen als auch
zum schauen. In Brampton finden wir durch Zufall eine traumhafte
Unterbringung auf einer Farm: Eigenes Wohnzimmer mit Kamin, Garten,
und Empfehlung eines Pubs. Der Pub ist _sehr_ typisch englisch (17.
Jh.) und wir genießen unser erstes englisches Abendessen.

Der erste Urlaubstag hat schon mal gut angefangen. Am zweiten Tag
bekommen wir ein traumhaftes Frühstück und setzen uns bei Gewitter bis
10min vor der Abfahrt Richtung Gretna in Bewegung, wieder über sehr
nette Nebenstrecken. In Gretna bekommen wir an der Tourist Information
außer einer sehr netten Beratung tatsächlich die Führer des Scottisch
Tourist Boards und einen Hinweis zu einer Apotheke, da wir beide eine
Erkältung aus D mitgebracht haben. In der Apotheke große Ratlosigkeit:
Gängige Erkältungsmittel gibt's in Schottland nicht! Wir also weiter
nach Dumfries bei einsetzendem Regen und Kälte. Dumfries erreichen wir
auf der Nebenstrecke "Solway Coast" die sehr schön direkt am Meer und
durch Wald durchführt. Bei mittlerweile strömendem Regen besichtigen
wir Sweetheart Abbey und machen eine neue Erfahrung: In Schottland
braucht man wirklich für jede Rouine ein Ticket, daß aber noch
ziemlich bezahlbar (ca. 1.20 Pfund) ist. Die Abtei lohnt wegen der
Bögen und der Grabsteine wirklich der Besichtigung.

Dank Goretex trocken und verhältnismäßig warm gehts weiter nach
Dumfries, unterwegs wird noch Dundrennan Abbey (Nähe Kircudbright)
besichtigt. Mittlerweile zieht noch Nebel über die Straße und es ist
ziemlich kalt. Von Kirkudbright geht's nun wieder auf einer
phantastischen Nebenstrecke (nach dt. Maßstäben) bis New Galloway, wo
wir in einem netten Hotel unterkommen. Merkwürdigerweise herrscht
jetzt Sonnenschein und Wärme vor.  Abends gehts in einen lokalen Pub.
New Galloway liegt ziemlich allein in einer menschenleeren Gegend, der
Pub wird fast nur von Einheimischen bevölkert und es herrscht eine
Bomenstimmung. Weiter hinten quält jemand eine Gitarre und singt
tausendmal den ersten Teil von "American Pie", der restliche Text ist
ihm wohl entfallen. Wettergegerbte Einheimische sitzen um die Tische
und trinken Bier, jeder Neuankömmling wird begrüßt und verschwindet in
irgendeinder Gruppe, es macht einfach nur Spaß zuzusehen. Abends dann
Müde ins Bett.

Am nächsten Tag geht's dann ohne Gepäck zur Halbinsel Withrow im
äußeren SW von Schottland. Scheint eine typische
Einheimischen-Motorradstrecke zu sein, wieder traumhaft zu fahren,
leere, kurvenreiche, Malerische Straßen, immer wieder unterbrochen von
malerischen Aussichten. Die Sonne strahlt die ganze Zeit vom Himmel.
Am frühen Nachmittag suchen wir uns eine Teestube mit fantastischem
Kuchen, essen uns voll und fahren weiter zur Glenluce Abbey. Hier sind
wir auf einem einsamen, sonnenbeschienenen Geländer allein und erstmal
zu faul zum weiterfahren. Wir setzen uns einfach nur in die Sonne und
fahren erst gegen 5h zurück nach New Galloway.

Abends habe ich starkes Fieber und fühle mich einfach nur elend. Wie
gesagt - keine üblichen Erkältungsmittel. Ich werde doch wohl nicht im
Urlaub ernsthaft krank werden?

So, das wars erstmal, aber zum Schluß noch ein paar Tips:

1. In GB gibt es aus unerfindlichen Gründen viele
Erkältungsmedikamente nicht (Bettina ist Ärztin). Man sollte also
unbedingt folgendes in der Reiseapotheke haben: ACC (!!!)
(Schleimlöser basierend auf Acetylstein, nicht auf leeren Magen, eine
Tablette / Tag); ggfs. Pinimentol (zum Einreiben). Wir hatten so
ziemlich alles mit, dachten aber, so einen Standardkram würden wir
dort kaufen können.

2. Karten und Führer: Von den Führern am besten war der Iwanowski,
insbesondere in Bezug auf die Tips. Marco Polo als Ergänzung war auch
ganz nett. Karten: Michelin Nördliches England und Schottland
1:200000.

3. Die Führer des Sottish Tourist Board zu Unterkünften sind ganz
nett, wenn man aber nicht gerade in der Hauptsaison fährt,
überflüssig. Gute bis phantastische Unterkünfte findet man immer.

4. Das Wetter ist extrem wechselhaft. Man sollte in jedem Fall alle
Klamotten mithaben, die man in D bei kaltem und feuchtem Wetter
anziehen würde (+4 Grad und Regen). Tage, bei denen von +20 Grad und
Sonnenschein bis zu Hagel, Regen und Kälte auf einer Tour alles drin
ist, sind nicht selten.

5. Filme sollte man sich aus D mitbringen, in GB kosten sie bis zum
dreifachen. Nützen tun sie IMHO nix, in Schottland müßte man eher
ständig eine Videokamera mitlaufen lassen. Wir haben in der Zeit 13
Filme verknipst.

6. Auf der Fähre sollte man das Abendessen und das Frühstück
mitnehmen. Die Motorräder werden auf dem Autodeck gesichert und
weggeschlossen. Will man nicht die ganze Zeit in Leder rumlaufen,
empfiehlt es sich, vor der Abreise ein Behältnis (z. B. Topcase) mit
Umziehklamotten und Waschzeug auszufüllen. Handtücher gibt es in der
Kajüte. Das Büffett wird regelmäßig nachgeräumt, wenn man nicht in
einer Schlange stehen möchte, empfiehlt es sich, eher später essen zu
gehen.

So, nächsten Teil gibt es morgen,
meint
Axel.

--- AT '95, 30tkm; TA '89, 56tkm ---------------------
Axel Blum, AC, Germany, World.