*** posted to drm, mailed to mmm & enduro ***
Der Atlas (Fortsetzung):
========================
Nach der sehr erholsamen Terassenübernachtung eröffnet sich uns dann
noch ein ziemlich geiler Ausblick auf die Dades-Schlucht, wir
beschliessen, diese auf jeden Fall nochmals bei Tag zu fahren.
Zunächst müssen wir aber die anderen Problemchen fixen, Handi nimmt
Stefan also noch mal an die Leine und schleppt ihn 50km weiter nach
Tinerhir, wo wir einen vernünftigen Campingplatz zu finden gedenken.
Dort angekommen, setzt sich Stefan in einen Bus Richtung Midelt, um die
Dose samt Equipement zu überführen, während Handi und ich uns um die
Bremsenteile der Rotax kümmern.
Die Telefonierei übernimmt Handi, thx an dieser Stelle nochmal, meine
Ohren sind bei solcherlei Geschichten halt manchmal überfordert.
Zunächst bei Handis KTM-Dealer angerufen, Team Musch in Ketsch, laut
Handi *der* Rotaxdealer in .de, erstaunlicherweise sind alle der
benötigten Teile für die Rotaxbremse auf Lager *wunder*. Immerhin
handelt es sich um so hübsche Sachen wie Druckstange, Bremshebel und das
komplette Bremsgestänge eines 15 Jahre alten Hobels. Also: Kompliment an
den Laden, der ist ausnehmend gut sortiert.
Dann also +49-89-222222, die bekannte ADAC-Nummer. Dirham um Dirham
einwerfend, landet Handi zunaechst in der Schleife zwischen Zentrale und
Ausslandsteileversand, die sich nicht so recht entscheiden können, wer
jetzt zuständig ist. Es folgt ein nervendes Telefonat, indem Handi
gelegentlich etwas renitent werden muss, dann haben wir eine Nummer
einer Dame in Agadir, die den ADAC dort managt.
Auch diese Lady stellt sich zunächst a bisserl an, der Herr Handschuher
bleibt gewohnt unnachgiebig und erreicht, dass die Teile per Kurier bei
Musch abgeholt, in den nächstbesten Flieger gepackt und von Agadir per
Bus nach Er Rachidia gebracht werden sollen.
Ein bisserl innermarokanischer Papierkrieg wird auch fällig, wir müssen
den grünen Zettl, der die Einfuhrbestätigung darstellt, nach Agadir (per
Bus, das ist das dortige Postsystem) schicken, weil ohne den Wisch beim
Zoll nix geht.
Es folgen noch einige nervende Telefonate, schlussendlich sind die Teile
in Agadir und werden per Kurier nach Er Rachidia gebracht, und zwar am
kommenden Dienstag.
Stefan schlägt dann einen Tag später in Tinerhir ein, nicht ohne vom
Campingplatzwart in Midelt am Vorabend zum Essen eingeladen worden zu
sein; auch die Campingplatzgebühr fällt geradezu lächerlich gering aus.
Wir hängen in Tinerhir a bisserl rum, gönnen uns abends ein türkisches
Dampfbad inklusive Massage. "Wir" ist so ned ganz richtig, denn als ich
seh' was der "Masseur" mit Stefan anstellt, hör ich im Geist schon meine
Bänder im Knie reissen und verzichte dankend auf diese Behandlung. Ich
mein, nix gegen altghergebrachte Traditionen, aber das treibt jeden
Orthopaeden in die Klapsmühle. Komischerweise können Stefan und Handi
trotzdem nach aufrecht zum Campingplatz zurueck laufen.
Am nächsten Tag wollen wir die beiden Schluchten fahren, die Todhra und
die Dades-Schlucht nochmal. Der Einstieg in die Todrha-Schlucht ist
tatsächlich gewaltig, anschliessend wird es imho landschaftlich eher
langweilig, fahrerisch noch einigermassen geil. Stefan plättet seinen
abgefahrenen Unicross-Vorderreifen, als er eine Kante direkt mit dem
Reifenhalter trifft. Reifenpilot schlägt fehl, Flickzeug hammer aber
dabei, also eher kein Problem. Nach der Flickerei steuern wir das
nächste Cafe an, wie gesagt, die Todhra-Schlucht ist touristisch
durchaus erschlossen. Der Kaffee war recht gut, nur leider verlor
Stefans Vorderreifen zwischendurch wieder seinen füllenden Inhalt.
Gleiches Spiel von vorne, diesmal mit tatkräftiger Unterstützung des
Wirts, einem ausgestiegenden Aachener mit Allrad-LKW samt Kompressor,
der halt für ein paar Monate die Kneipe herrichtet.
Bis der Scheiss-Reifen endlich hält, müssen wir 5 mal flicken, im
Tip-Top-Reperaturset "for trucks" ist noch ein Flicken übrig...
Durch die ganze Sache verlieren wir ewig viel Zeit, wollen aber doch
noch den Einstieg in die Piste zur Dades finden.
Angesichts des fortgeschrittenen Nachmittags und der Tatsache, dass noch
mindestens 100km Piste und 50km Asphalt auf uns warten, zudem Stefans
Reifen einen kleinen Unsicherheitsfaktor darstellt, beschliessen wir,
umzudrehen und nach Tinerhir zurück zu fahren. An passender Stelle legen
wir ein kleines Poser-Foto-Shooting ein :)
Der heilige Erg:
================
Nach einer Transferetappe nach Meski, dem Abholen meiner Teile in Er
Rachidia und kleineren Schrauberaktionen starten wir in Richtung Erg
Chebbi.
Ab Erfoud Piste, normalerweise wohl locker zu fahren, kommen wir in
einen kleinen Sandsturm rein, der die Sichtweite stellenweise auf unter
5m reduziert. Mehrere Male verlier ich die beiden anderen aus den Augen,
es ist relativ unangenehm, unter diesen Bedingungen zu fahren, weshalb
wir im nächsten Kaff wieder mal eine Kneipe ansteuern.
Der Betreiber ist ein lustiger Typ, wohlgeschult im Unterhalten von
Touristen, wir kriegen Unterricht im Bongo-Trommeln (oder wie immer die
Dinger auch heissen mögen) und ich gestehe: Mir macht die Sache Spass :)
Stunden später legt sich der Sandsturm wieder und wir können
weiterfahren. Irgendwann linker Hand dann richtige Dünen, also nix wie
rein. Joh, das Grinsen wird breiter, wir braten im Erg umeinand, es gibt
halt wenig geileres als Dünensörfen, zumindest solange man ned eingräbt
:-/
Stefan bewegt das Mopped deutlich am routiniertesten, Manfred und ich
schwächeln gelegentlich, was sich auch in kapitalen Überschlägen
äussert, die aber allesamt glimpflich ausgehen.
Nun, es ist aber zweifellos ein erhebendes Gefühl, wenn man mit zuviel
Speed die Dünenkante nimmt und unter einen dann nimmer viel kommt
*räusper*
Die Poserfahrten kommen auch nicht zu kurz, Handi versenkt dabei seine
KTM nach einem Sprung in absolut filmreifer Manier in einem Dünental,
während ich es ned mal zu einem halbwegs vernünftigen Anlauf bringe,
weil sich die Rotax ständig eingräbt.
Note: Ein Stoneking taugt absolut _nicht_ für Sand, jeder abgefahrene
T63 ist diesem deutlich überlegen. Irgendeine Ausrede brauch' ich halt.
Nachdem Gebrate finden wir auch den perfekten Dünenschlafplatz, köcheln
uns Spaghetteria zusammen, Wein gibt's dieses Mal leider keinen. Dafür
entschädigt der nach und nach unglaublich werdende Sternenhimmel, Handi
kennt jeden Star mit Vornamen und ich lerne, zumindest Planeten von
Sternen zu unterscheiden.
Am nächsten Tag sörfen wir noch a bisserl Dünen, bevor wir runter nach
Taouz zum Frühstück fahren. Von dort aus wieder hoch Richtung Rissani.
Obgleich, oder besser trotzdem wir uns ein paar mal verfahren, wird es
stellenweise mal wieder obergeil in Form von trockenen Flussbetten,
Heizerpisten und Schotterdrifts. In Rissani trennen wir uns, diesmal
spielt Handi den Tiefladerkapitän und düst zum Campingplatz zurück,
während Stefan und ich weiter Richtung Tazzarine fahren, wo wir uns den
dortigen Campingplatz als Treffpunkt auserkoren haben.
Vor uns liegen 160km, jeweils zur Hälfte Asphalt und Piste. Die Strasse
ist unglaublich öde zu fahren, die Landschaft zeigt allerdings ständig
neue Facetten und geht schliesslich in eine steppenartige Ebene über.
Die anschliessende Piste zählt für mich wiederum zu den fahrerischen
Highlights, mit tückischen Bachbetten und grobem Geröll, üblicherweise
aber ideal swingend, der Rhythmus sitzt automatisch und stresst nicht,
es laeuft trotz unschuchteliger Fahrweise total easy :)
Am Ende verzetteln wir uns a bisserl, da die TPC-Karten hier ned ganz
stimmen, finden schlussendlich dann doch Tazzarine, wo Handi kurz nach
uns einschlägt.
Das Vallee du Draa:
===================
Der hochgelobte Campingplatz in Tazzarine entpuppt sich als übler
Schwuchtelgarten, mit Micky-Mouse-Berberzelten und Dschungeltouch,
Landrover-Touristen und säbelrasselndem Personal. Nunja.
Die Zeltparzellen dort sind mit hochmassiv aussehenden Palmenstammzäunen
begrenzt und vorm Zeltaufbau lehn ich mich im Sitzen dagegen, will mir
eine Camel gönnen, als der Zaun auf 20 Metern nachgibt und einfach
umfällt. Fortan traue ich diesem Campingplatz nimmer so arg richtig, der
mitteleuropäische Standard erstreckt sich auf *eine* warme Duschzelle,
vor der es sich jeden Abend staut.
Allerdings trifft noch ein französischer Mitfünfziger ein, dessen Wohmo
hinten eine Pampera trägt, die mir sehr gut gefallen hat.
Von Tazzarine aus brechen wir zur nächsten Tour auf, die Richtung lautet
Zagora, das Vallee runter bis Mhamid, von dort aus weiter entlang des
Qued Draa nach Foum-Zguid. Am ersten Tag schaffen wir es bis Mhmaid, die
80km Piste bis Zagora sind nicht ganz so flüssig zu fahren und die
Asphaltstrasse runter bis Mhamid nervt relativ an, das Vallee du Draa
hab' ich mir auch eindrucksvoller vorgestellt.
In Mhamid steuern wir ebenfalls einen Campingplatz an, der sich als laxe
Ansammlung von Berberzelten zeigt, völlig unhektisch und stimmungsvoll,
die Micky-Mouse-Anmutung von Tatzzarine fehlt vollständig, da die Leut
eben dazu passen und vor allem keine Wichtigmacher-Capos die
Säbelrassler kommandieren.
Da der Sprit a bisserl knapp zu werden droht angesichts der am nächsten
Tag folgenden 160km Piste, fahr ich nochmal in den Ort rein und füll die
Kanister auf aus der ersten "Fasstankstelle", die Suppe erweist sich
dann allerdings als brauchbar.
Übernachtung in Berberzelten, sehr erholsam.
Die Piste Richtung Foum-Zguid ist schnell gefunden und verheisst
anfänglich durch längere Sandeinlagen eine Stress-Etappe, erweisst sich
dann aber im folgenden als Heizerstrecke sondersgleichen, wir braten die
160km in 3,5 Stunden durch, inklusive kleineren Pausen und sind somit
deutlich vor dem veranschlagten Zeitplan im Foum-Zguid. Das meiner
Meinung nach beste Stück der Piste ist eine riesige, salzseeartige
Ebene, gleissend weiss in der Sonne, wie geschaffen für Heizereien am
Rand das Ölkollappses, die Rotax hält aber immer noch hervorragend
durch, ebenso wie die beiden anderen KTMs, wie überhaupt die krasse
Pannenserie zu Beginn in unauffällige Zuverlässigkeit übergeht.
Nach einer ausgiebigen Pause samt Zwischensnack in Foum-Zguid
beschliessen wir, den Schlenker weiter zu fahren und steuern Tasla an.
Es laeuft recht gut, bis wir eine Abzweigung verpassen und uns wieder
mal verfranzen. Müd und kaputt überlegen wir, irgendwo in der Pampa das
Zelt aufzustellen, entschliessen uns aber dann doch dazu, weiter
Richtung Agdz zu fahren, von dem uns laut Karte noch etwa 50km Piste
trennen.
Schon ziemlich durchgekocht finden wir den Einstieg, die Piste erweisst
sich als eine Art doppelte Bobbahn, also mit tiefen, aber weichen fast
parallelen Rinnen, und irgendwie komm ich nochmal "drauf", find immer
mehr Gefallen an der Fahrerei, liefer mir mit Stefan ein kleines Rennen,
bevor ich die letzten 20km alleine fahre und für meine Verhältnisse
unglaublich andrücke, oft gefährlich nah am kapitalen Abflug, jedoch
immer mit *dem* Grinsen unterm Helm, wenn ich mal wieder einen dieser
natürlichen Anlieger perfekt getroffen hab und der anschliessende Hubbel
*den* Sprunghügel lieferte. Während dieser 20km plünder ich im Geiste
mein Konto und seh mich die SC-Verkaufsanzeigen durchblättern, und ganz
subjektiv gesagt waren diese Scheiss-20km quasi der Orgasmus des
Urlaubs.
Greets
Wolfgang
PS: Natüerlich war der Urlaub dort noch nicht zu Ende, es folgten noch
einige Transferetappen, und vor allem Fes. Aber Fes waer a bisserl arg
offtopic in drm :)
PSS: Wer Stilblüten und Tippfehler findet, darf sie behalten :)