From: Raoul Donschachner, Don-Raoul@gmx.net
Subject: Ein kantiges Leben
Date: Tue, 4 May 1999 22:42:57 +0200
Organization: Leiter von drm und Ausreden-BOT Programmierer

So, nach knapp 600km mit der Kanten klären sich langsam die dunklen
Wolken hinter meiner Stirn und ich fühle mich berufen meine Erfahrungen
für die Nachwelt, die nie danach gefragt hat, aufzuschreiben.

Unsere Beziehung begann recht originell, da sie wieder Erwarten nach
drei nervenzerfetzenden Wochen pünktlich geliefert wurde, durfte ich sie
eines schönen Mittwoch abends vom 2-Rad West abholen. Der Berndi liess
es sich nicht nehmen um mich zur Abholung zu begleiten. Hingebracht hat
mich meine Mama, der ich 10 Minuten vorher am Telefon verkündet hatte,
dass ich sicher sehr zu ihrem Wohlgefallen, meinen Fuhrpark vergrössert
habe. Auf die Frage nach der genauen Anzahl der Fahrzeuge in meinem
Besitz habe ich mit einem "scheisse, schon so spät, wir sollten uns
beeilen" geantwortet.

Angekommen, stellten wir einen zarten Faltenwurf in einem Aufkleber
fest, der mit tatkräftiger Unterstützung von Berndi und Mama zu
kostenlosen Acerbis-Handprotektoren geführt hat. 
Man hat mir dann noch ein liebes Tascherl von KTM mit allerhand Zeugs
überreicht. Ich bin mir seitdem nicht mehr 100% sicher, wie hell die bei
KTM sind, oder ob sie annehmen, dass die Käufer ihrer Maschinen sie mit
dem Hänger abholen kommen. oder wie sonst soll man eine AKTENTASCHE OHNE
UMHÄNGRIEMEN am Motorrad mitnehmen?
Naja, Mama war mit dem Alfa zur stelle.

Na gut, Kanten vom Mech erklären lassen " do links wirds schnöller, bei
die meissten Heben wirds laungsoma" oder so ähnlich halt, ich war nicht
sehr konzentriert.
Losgefahren vom 2RW hat mir der Herr Bernd dankenswerterweise gleich
gezeigt, wie ein Wheelie mit einer Kanten geht, ich hab meinen Versuch
allerdings angesichts des Kilomterstandes "0" wieder abgebrochen. Am Weg
zur ersten Ampel war der einzige Gedanke ungefähr "die müssen deppert
sein wie das vibriert, ich bring das zurück, ich will ja noch zeugen
können!" Die Vibs haben sich übrigens im Laufe der Kilometer deutlich
beruhigt. Sollte mir das zu denken geben, ist sie schon kaputt?

Die ersten Kilometer waren eher ernüchternd, sie ist mir recht schwach
vorgekommen und die MT60RS haben beim Übergang von leichter in mittlere
Schräglage einen deutlichen Abkippunkt. Entweder ich hab mich
mittlerweile daran gewöhnt oder der Effekt ist weg ;-)

Der nächste Morgen.
Angestartet, alles perfekt, draufgesetzt, Kupplung, Gang rein, Sprung
und aus. 
Na ich denk mir, Depperl denk ich mir, kannst nicht einmal wegfahren.
Also:
Angestartet, alles perfekt, draufgesetzt, Kupplung, Gang rein, Sprung
und aus. 
Aha.

Handy raus und den Berndi angerufen. "Du der Scheissdreck lässt mich
nicht wegfahren"
Berndi sagt GAAS und geht schon.
Na bitte.
Angestartet, alles perfekt, draufgesetzt, Kupplung, GAAS - Gang rein,
Sprung und, ja und, ich fahr.
Immerhin, komisch das, aber es fährt.
Pickt offenbar die Kupplung nachdem das Öl heiss war (Vortag) und dann
ordentlich kalt wird (Nacht) 
Hat sich mittlerweile auf ein erträgliches Mass reduziert, ich geb ich
ein bissl GAAS beim Gang einlegen und es passt scho.

Nach einigen Stadtkilometern hab ich mich eine Woche darauf am Abend ins
Helenental aufgemacht. Eine Strecke die zwar bei mir ums Eck ist, mich
bis dato aber mit praktisch unbegrenzter Verschmutzung nur zu sehr
zartem Frohlocken gebracht hat.
Dann kam:

Meine persönliche Rache am Helenental.

Die Kanten hat Grip, dass man blind wird.

Egal ob feucht oder dreckig, das pickt, unglaublich.
Der Mike würde sagen: Daysies of Vaughnsinn!

Zurück als Officefahrzeuge tut sie bravstens ihren Dienst, springt immer
sofort an und muckt auch sonst nix herum.

Letzten Sonntag dann endlich Ausfahrt in die KK. Gemeinsam mit
Schwiegerdaddy und einem Habara von ihm, sollte das ausreichend
gemütlich werden, um die KTM auch wirklich endlich kennenzulernen.
Tempo war dann doch ein bissl mässig, so dass ich halt die
Verbindungsstrecken mit ihnen gefahren bin und das Interessante alleine
gebraten bin.
Begonnen haben wir am Hals.
An dieser Stelle muss man sagen, dass die Kanten sofort ohne irgendeine
Eingewöhnung zu fahren ist.
Aaaber, bis man den Grip der Reifen in höhere Kurventempi umsetzen kann,
schon eine deutliche Umgewöhnung im ganzen Fahrstil vonnöten ist.
Also, Hals, ich komm ganz gut rauf, rutscht nie und alles passt. Ich
merk aber eindeutig, dass ich speziell in sehr engen Kurven einfach zu
weit vom Limit des Bikes entfernt bin und zu sehr wie mit einem normalen
Motorrad daherkomm.
Oben am Hals steht eine abfahrbereite Duke, ich komm zwar jetzt schon
ein bissl mit dem Kurventempo zurecht, hab aber keine Lust gegen die
Duke anzutreten und schau dass ich wegkomme. Man weiss ja nie bei diesen
Duke-Fahrern. Offenbar hat er sich das gleich gedacht, denn er kommt
einfach nicht daher ;-) auch nicht, als ich dann unten auf meine beiden
Herren warte. Lustig, Supermoto schreckt also offenbar ab, gut das ;-))
Später ist dann noch die Haselrast dran und mit jeder Kurve komm ich
besser auf dem Bock zurecht, oben gehts dann echt schon recht hurtig zur
Sache und ich hätt jetzt gern den Duke-Fahrer da um ihm ein bissl eine
Abreibung zu spendieren, hehe.
Leider ist die Originalübersetzung recht unglücklich, so dass in den
gaanz engen Kurven/Kehren die 2. zu lange ist und die 1. zu highsidig.
Da ich schon alt bin und heute ohne Sturz heimkommen will, entscheide
ich mich für die Warme Version und helf der 2. mit der Kupplung nach.
Nach einem Astralrutscher bin ich endlich oben und machs mir gemütlich
um auf meine Herren zu warten. Beide kommen knappstens hintereinander,
offenbar in einem beinharten Infight verwickelt oben an und radeln mich
ob der Hingabe zu ihrem Zweikampf fast über den Haufen. Das hat man
wieder vom Nachwuchs, fast hätt ich kein Mittagessen mehr gebraucht.
In der KK angekommen, ist es eher kühl und regnerisch (was auch sonst,
war schon mal jemand echt bei Sonnenschein dort?)
Eine gelbe Hawk am Parkplatz stellt sich dann am Montag als der Kathi
ihre heraus, leider hat sie sich aber so gut versteckt, dass es nix mit
afm-Talk wird, schade.

Der Ochssattel lockt, aber das Büro ruft deutlicher, also gehts nach
einem warmen Topfenstruderl Richtung Heimat. Über Kleinzell und Heinfeld
nach äh, scheiss Gedächtnis, na wurscht, irgendwie nett nach St. Corona
und von dort dann leider via Alland auf die Autobahn. Dort erwischt mich
eiskalt der Regen und waschelt mich nieder dass ich glaub der Hergott
tritt jeden Moment vor mich.
Auf der Bahn mach ich dann noch Sitzplatzexkremente äh -experimente und
sitz abwechseln auf dem vorderen und dem hinteren Sitz und da wieder
probier ich die vorderen und hinteren Fussrasten aus. Bequem ist es nie
und ich finde ohnehin, dass man ab 100 scheisse sitzt, weil man sich
irgendwie am Lenker anhalten muss, weil ich die Fussrasten so weit vorne
sind. In einer Rechts mit Leitlinie beglück ich das anwesende Publikum
mit einem 100m Wackler :-), ist als Fahrer aber wurscht, eiert halt ein
bissl rum.

Insgesamt bin ich recht begeistert, bis auf das Getriebe, das geht mir
fest am Oarsch. Manchmal gehen Gänge nicht rein, die 2. springt dafür
mit einer begnadenswerten Präzision wieder raus (immer wenn man auf die
2. schaltet und dann wieder vom Gas geht, sicher toll beim
Wheeliefahren)
Stoppies krieg ich bis auf einen gigantischen noch nicht so toll hin,
dafür klappen die Wheelies endlich ein bissl. Das könnt noch was
werden.
Der Grip verleitet vor allem in der Stadt zu aberwitzigen Fahrmaneuvern,
ich abreite mich momentan empirisch zu der Geschwindigkeit hin, bei der
man beim abbiegen in der Stadt doch vorher bremsen muss.
Schwarzspanierstrasse hab ich heut den Knick mit 85 genommen und ausser
einer sich öffnenden Linien keine Anomalien beobachten können.


Fazit: Kein Fazit, denken soll jeder selber ;-)

Raoul
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Raoul Donschachner------Vienna-------Austria
Ducati M900 Battledesmo---rrr#22-----PIP#900
Yamaha YZ250 Flyaway---KTM LC4 640 Supermoto