From: Manfred Handschuher, k12@gmx.de
Subject: Die drm-Mini-Klebe-FAQ (V 0.7.1.3)
Date: Tue, 23 Feb 1999 09:34:46 +0100
Organization: none

Hi!

Nachdem Dominic zur Zeit wieder mal an einer Neuauflage der FAQ bastelt
und das Thema "Kleben" dort noch nicht abgehandelt ist, habe ich mich
mal hingesetzt und versucht, meine Erfahrungen/Kenntnisse zu diesem
Thema (die Anfänge liegen immerhin schon etwa 35 Jahre zurück) in Worte
zu gießen. Das Thema ist zwar nicht sooo brennend aktuell, IMHO für den
einen oder anderen dennoch nützlich.

Wenn’s jemand besser weiß, bin ich ihm nicht böse, wenn er an meiner
Stelle für den Input für die FAQ sorgt (könnte ja sein, daß einer eine
Dissertation zu dem Thema verfaßt hat und uns alle - mich eingeschlossen
- damit erleuchten will). Ansonsten sind alle mit entsprechenden
Erfahrungen/Kenntnissen aufgefordert, mich/uns an ihrem Wissen teilhaben
zu lassen. 

Genug der Vorrede ... 


1. Welche Klebstoffe gibt es? 

Behandelt werden Klebstoffe, die im Handel allgemein erhältlich sind.
Nicht berücksichtigt sind Kleber für Spezialzwecke (z.B.
Karosserieklebstoffe, Kleber f. Scheiben usw.), die nur über den
einschlägigen Fachhandel zu beziehen (i.d.R. aber verwandt mit den hier
aufgeführten Klebstoffen) sind. 


1.1. Einkomponenten-Kleber 

Einkomponenten-Kleber enthalten i.d.R. Lösungsmittel, das vor bzw. beim
Klebevorgang verdunstet. Aushärtung teilweise auch durch Entzug des
Luftsauerstoffs. 


1.1.1. "Alleskleber" 

Dazu zählen Uhu und Konsorten (auch Klebestifte wie "Pritt"). Taugen
eigentlich nur dazu, 2 Blätter Papier zusammenzukleben (was in der Regel
sogar ganz gut hält). Da der Papieranteil bei Motorrädern aber gegen
Null geht, hake ich dieses Thema hiermit ab. 


1.1.2. Holzleim 

Nur in de.rec.heimwerken von Interesse. Falls jemand dennoch ein Mopped
aus Holz basteln will, kann er sich gerne per PM an mich wenden. 


1.1.3. Kontaktkleber 

Bekanntester Markenname: "Pattex"
Klebung durch Aufeinanderpressen *beider* vorher mit Kontaktkleber
eingestrichenen und leicht angetrockneten (= Verdunsten des
Lösungsmittels) Werkstücke. Kontaktkleber bleiben aufgrund ihrer
gummiartigen Struktur elastisch und sind somit für die Verklebung von
Textilien (z.B. Sitzbankbezüge) geeignet. 


1.1.4. "Sekundenkleber" 

Basis: Cyanacrylat
Kennzeichen: Kleine Gebinde (meist nur wenige ml), tropfenweise
Anwendung. Wird von allen mehr oder wenigen namhaften Herstellern und
oft auch von fliegenden Händlern angeboten (als sog. "Superkleber"). 


1.1.5. Polyurethankleber 

Bekannte Markennamen: Sikaflex, Pattex Montage
Kennzeichen: Meist weiße, hochzähe Masse. Läßt sich auch im nicht
angetrockneten Zustand nur schwer entfernen (am besten mit spez.
Lösungsmittel; mit Benzin geht’s gerade noch). 


1.1.6. Schmelzkleber (Heißkleber) 

Kleber wird mit speziellen Klebepistolen zum Schmelzen gebracht und
härtet bei Abkühlung wieder aus. Vor allem interessant, wenn die
Klebestelle ohne Beschädigung der Teile wieder getrennt werden soll. 


1.2. Mehrkomponenten-Kleber 

Mehrkomponenten-Kleber härten durch chemische Reaktion der beiden
Komponenten Binder und Härter aus, die *intensiv* miteinander vermischt
und vor Beginn der Aushärtereaktion (innerhalb der sog. "Topfzeit")
verarbeitet werden müssen.


1.2.1. Epoxy-Kleber 

Bekannte Markennamen: Uhu Endfest 300 / Schnellfest / Sofortfest
Komponenten haben honigähnliche Konsistenz. Verarbeitung generell im
Verhältnis 1:1. Die Reaktionszeit kann durch Zufuhr von Wärme
beschleunigt werden. 

Epoxy-Kleber wird mitunter auch mit Füllstoffen (z.B. Metallpulver)
versehen in den Handel gebracht. Läuft dann unter der Bezeichnung
"Kaltmetall". 


1.2.2. Polyester 

Recht dünnflüssiger Kleber mit stark süßlichem Geruch, bei dem geringe
Mengen Härter ausreichen (in Grenzen kann darüber die Reaktionszeit
gesteuert werden). Bekannt vor allem durch die Verarbeitung in
Verbindung mit Glasfasergeweben (GfK: Glasfaservestärkter Kunststoff).
Im Handel ist Polyesterkleber zur Verwendung ohne Glasfaser auch unter
dem Namen "Stabilit Express" erhältlich (Härter in Form von Pulver). 



1.3. Kleber für spezielle Materialien 

1.3.1. PVC-Kleber 

Bekannter Markenname: Tangit (Henkel). Klebung durch Anlösen des zu
klebenden Materials. 


1.3.2. Polystyrol-Kleber 

Klebung ebenfalls durch Anlösen des Materials. Gängiger Kleber im
Modellbau-Bereich. 



2. Haltekraft 

Fast allen Klebstoffen ist gemeinsam, daß sie ihre höchste Haltekraft
bei Zugbeanspruchung erreichen; für Scherbeanspruchung muß die
Klebefläche um ein Vielfaches größer gewählt werden (z.B. auch durch
Aufkleben eines zusätzlichen Materialstücks). Die Haltekraft steht und
fällt auch mit der Vorbereitung des Untergrunds. Todfeinde einer
sauberen Klebung sind Fett (Finger!), Wachs usw. und Feuchtigkeit. Je
sauberer, desto besser hälts. Wenn Lösungsmittel (Waschbenzin) nicht
reicht bzw. nicht verwendet werden kann, dann Klebestellen anrauhen
(schleifen). 

Speziell bei Kontaktklebern wird die Haltkraft neben der Vorbereitung
des Untergrunds auch durch die Stärke des Drucks beeinflußt, mit dem die
Teile zur Klebung aufeinandergepreßt werden. 

Eine Ausnahme bei der Scherbeanspruchung bilden Schraubensicherungen
(Loctite), die ausschließlich auf Scherung beansprucht werden.
Allerdings ist hier die Fläche sehr groß, sodaß auch hier eine
ausreichende Haltekraft erreicht wird.
Vorsicht: Von Loctite gibt es mindestens 3 verschiedene "Stärken"! Wenn
man die maximale Klebekraft wählt, ist die Wahrscheinlichkeit, die
Schraube nie mehr aufzubekommen, relativ hoch! 



3. Temperaturbeständigkeit 

Mit Ausnahme von Kontaktklebern sind eigentlich alle bekannten Kleber
recht gut temperaturbeständig. Kontaktkleber geben i.d.R. schon bei
stärkerer Sonneneinstrahlung auf (wenngleich Pattex jetzt eine etwas
temperaturstabilere Variante herausgebracht hat). 



3. Materialien - geeignete Kleber 

Welcher Kleber sich für welches Material eignet, hängt hauptsächlich von
folgenden Faktoren ab: 

a) Flexibilität des Materials
Soll es erhalten bleiben, muß der Kleber flexibel bleiben. Ist
(abgesehen von Weich-PVC) eigentlich nur bei Kontaktkleber der Fall. 

b) Größe der Klebestelle, Art der Beanspruchung
Konktaktkleber (auch PU-Kleber) haben - bezogen auf die Fläche - nur
eine geringe Klebekraft (vor allem bei Scherbeanspruchung) 

c) Oberflächenrauhigkeit, Größe des Klebespalts
Für grobe Oberflächen und zur Überbrückung größerer Klebespalte nicht
geeignet sind dünnflüssige Kleber wie z.B. Cyanacrylat-Kleber und
Kontaktkleber. 



4. Für Klebung ungeeignete Materialien 

Folgende Materialien lassen sich aufgrund ihrer chem. Struktur nicht
dauerhaft kleben:
- Polyamid ("Nylon")
- Polyäthylen (wachsartige Oberfläche, bekannt von den Laufflächen von
Skiern). 

Afaik können diese Materialien nur durch Verschweißen (Heißluft)
miteinander verbunden werden. 



5. Entfernung von Kleberesten, Lösen von Klebeverbindungen 

Mit Ausnahme von Kontaktkleber sind die meisten Kleber resistent gegen
die gängigen Lösemittel (Benzin, Nitroverdünnung usw.). Der ausgehärtete
Kleber kann i.d.R. nur mechanisch entfernt werden (schleifen). 

Wenn eine Klebestelle nicht durch Überbeanspruchung wieder gelöst werden
kann, hilft manchmal starke Erwärmung (mehrere Hundert Grad).