From: Tim Flade, tf77@vossnet.de
Subject: (lang) 6-Std.-Enduro-Kaesan, Der Beweis: Sonntagscrosser sind keine Warmduscher!
Date: Mon, 30 Nov 1998 00:22:49 GMT
Organization: Voss Net Communications GmbH

Moin loide,


Auf  Initiative  von Christian im IRC und kurzer Bedenkpause
(zeitweise haenderingend nach Ausreden suchend ;-) ) entschloss sich
vergangene Woche ein wesentlicher Teil der Sontagscrosser-Fraktion
Nord am  sog. "Schweren 6-Std.-Enduro-Kaesan" im Motodrom Hoope
teilzunehmen, Ruhm und Ehre der drm-offroad-Fraktion/ Enduro-ML zu
mehren und sowieso den Rest der Welt herzubrennen.

Die Startmoeglichkeit war schnell geklaert, das Nennformular per Fax
zum Veranstalter unterwegs. Nach dem Studium der Ausschreibung galt es
gleich die  erste schwere Entscheidung zu treffen: Nur eine Enduro pro
Team  war zugelassen. Aus dem Fahrzeugpool  wurde schliesslich die
Husqvarna  TE 610 gewaehlt.

Freitagnachmittag war die Zeit fuer geringfuegige Modifikationen(tm)
in Richtung Wettbewerbstauglichkeit. Neue Bremsbelaege hinten/vorne
(plus Ersatz), die Bereifung musste von Mischbetrieb auf Vollcross
geaendert werden (vorne Metzeler  Unicross, hinten StoneKing),
ausserdem wurde aufgrund der zu erwartenden Dunkelheit und in
anbetracht der kuerze der Zeit, welche umfangreichere Modifikationen
unmoeglich machte, die 55W H4-Birne gegen eine mit 100W ausgetauscht.

Damit war der Abend erreicht, die Nacht war ebenfalls erstaunlich kurz
fuer diese Jahreszeit und der Transport am Morgen verlief reibungslos.

Bei unserem Eintreffen wurde noch jedes Motorrad bei der Abnahme einer
Phonpruefung unterzogen, als wir uns in die Schlange einreihten, wurde
aus Zeitmangel bereits darauf verzichtet. Doch was soll einem schon
passieren mit der lautesten TUEV-konformen 'Schalldaempferanlage wo
gibt. :-)

Die auesseren Bedingungen waren als ueberraschend angenehm zu
bezeichnen: ein paar kurze Nieselregen, ansonsten bewegte sich das
Thermometer wohl um die 5 Grad Celsius.

Die Fahrerbesprechung musste um 1 Std. verschoben werden, auf die
Einfuehrungsrunde wurde verzichtet. Im Fahrerlager heulten die
Motoren, um 12.45 Uhr galt es die Aufstellung zum LeMans-Start
einzunehmen.

Eine rasche Inspektion der kurz beruehrten Crossstrecke ergab schon
gleich nach dem Start einige Tuecken. Hinter der Linkskurve nach der
Startgeraden galt es einen kleinen Huegel zu erklimmen. Dahinter
erwartete die Fahrer der erste potentielle Staupunkt, eine grosse
Eisflaeche, die tiefes Wasser unter sich vermuten liess und nur ein
schmaler Streifen links fuehrte daran vorbei. 

Der Starter fuer die Sonntagscrosser/Nord-Fraktion war schnell
gefunden. Nicht weil er sich vordraengelte, sondern angeblich als
Besitzer des Motorrades dessen Startverhalten am besten einzuschaetzen
wisse. Dabei hatte die Husky bisher nur ein einziges Startverhalten:
sie springt warm immer auf den ersten Kick an! (Doch dazu spaeter
mehr).

Ein Platz in der ersten Haelfte des Starterfeldes konnte gesichert
werden. 15 m gegenueber den Maschinen hiess  es Aufstellung nehmen.
Der Countdown begann 3 Minuten. 2 Minuten. Mist, die Brille faengt an
zu beschlagen. 1 Minute: Christian faehrt den Kickstarter aus, klappt
den Seitenstaender ein und haelt die Enduro am Heck. 30 Sek. Die
letzten   Scherzkekse verstummen. 15 Sek.: Brille aufgesetzt  5,4 -
ein Tunnel tut sich auf, die gleich nicht mehr gelb-weiss glaenzende
Husqvarna  fixiert - 3,2,1 und Laufschritt marsch. Startposition
eingenommen Kick, selbstverstaendlich springt sie auf den ersten Tritt
an., Gang eingelegt und los geht's. Und gleich ist schon wieder Stop,
weil jemand in die Quere kommt. In der ersten Kurve gleich die erste
haertere Attacke der Konkurrenz, welche versucht eine Delle in den
Vorderreifen zu treten und von hinten Mann und Maschine in's Wanken zu
bringen.

Die Strecke erweist sich als ein wahres  Winkelwerk, ungefaehr 5 km
lang. Staendig geht es herum und/oder rauf und runter. Nur im letzten
Drittel gibt es zwei, drei Geraden, welche einem die Illusion von
kurzer Erholung verschaffen. Der Streckenzustand ist durchweg als
aeusserst schwierig zu beschreiben. An den Pfuetzen ist es teilweise
noch ein Tanz auf Eisschollen, tiefe Spurrillen in denen es nocheinmal
rauf und runter geht, Matschloecher, tiefer, nasser Sand und sonst ein
gefrorener Boden, welcher nur auf den obersten 3-5 cm aufgetaut ist.
Mit anderen Worten: es war die HOELLE.

Als Schluesselstellen entpuppten sich im Laufe des Rennens eine
tiefsandige, steile Abfahrt (!!!!), wo besonders in der Dunkelheit
reihenweise Enduristen stecken blieben und ein grosses Matschloch ganz
am Ende des Parcours, fuer die drm-Sontagscrosser-Fraktion im
besonderen. Der eine blieb in der Pattex-Pampe stecken und konnte nur
unter heroischer Mithilfe der Kollegen u.a. Rasmus  wieder befreit
werden, der andere fuhr sich zwar nicht fest, kam wegen der
Motorprobleme aber nicht an einem Stueck durch, worauf sich der Motor
mal wieder minutenlang nicht ankicken liess.

Die Husqvarna, bewaehrte sich bisher immer als ein wahrer Wonneproppen
an Dosierbarkeit, Kraft und Zuverlaessigkeit. Fuehrte der Besitzer das
anfaengliche Absterben des Motors noch auf eigene Nervositaet und
unzureichende Faehigkeiten zurueck, so war das im weiteren Verlauf und
aufgund anhaltender Probleme letztendlich auszuschliessen. 

Der Motor lief im unteren und mittleren Drehzahlbereich scheinbar
einwandfrei. Allerdings verschluckte er sich beim heftigen
Gasaufreissen und starb auch schon mal mit einer Fehlzuendung ab. Den
hohen Drehzahlbereich wollte er allerdings nur widerwillig/gar nicht
erreichen. Einmal sprang Christian sogar bei, wie er sagt, ziemlich
konstanter Fahrt im unteren Drehzahlbereich mit einer extrem lauten
Fehlzuendung der Vergaser ab. Nachdem der Motor derart abgestorben
ist, hat es immer extrem lang gedauert, bis er wieder ansprang, nach
einem "normalen" Abwuergen sprang er jedoch, wie gewohnt, sofort an.
Christian's Diagnose bereits nach seiner ersten Runde war, dass er den
Eindruck hat, der Motor wuerde etwas zu mager laufen, die
Streckenposten tippten auf ein Zuendungsproblem, was auch aufgrund des
ploetzlichen Eintretens naheliegender scheint.Tja und damit zum
leidigen Thema: Von Anfang an hatte der Motor so seine Macken.
Vollkommen unmotiviert und vor allem bisher nie gekannt versagte er
des oefteren seinen Dienst, wie man es bisher nur von KTM-Treibern
gehoert hat! Als schliesslich Zuschauer den Fahrer darauf aufmerksam
machten, dass Stichflammen sich den Weg aus dem Auspuff bahnten und
die Kickaktionen immer laenger dauerten entschied man sich schweren
Herzens mit dem Einsetzen der Daemmerung dafuer, den Schaden in
Grenzen zu halten. Wenn sich schon nicht die Fahrer geschont haben, so
doch wenigstens den Motor vor erheblicheren Schaeden bewahren. 

Fazit: gebrochene Seitenverkleidung, 'gelockerte'  andere
Seitenverkleidung, beim Motor im guenstigsten Fall eine defekte
Zuendkerze, evtl. defekte Zuendbox?

Fahrer: leichter Schnupfen und ebenso leichter Muskelkater :-)

Eine erneute Herausforderung stellte sich dem Team bei der
anschliessenden Reinigungsaktion: auch nach mehrminuetigem Warten
wollten die Duschen einfach nicht in hoehre Temperaturbereiche als
knapp ueber Null wandern. Also hiess es mal wieder: das Herz in die
Hand genommen (irgendwie typisch halt) und Kopf und Koerper darunter
gestellt. :-) Es ist nunmehr eine Tatsache, die unverbruechlich fuer
die Ewigkeit festgestellt wird: Sonntagscrosser sind keine
Warmduscher!

Auch die Unterstuetzung fuer die Rennfahrer war gegeben: Ueberraschend
tauchte Rasmus gerade waehrend eines Fahrerwechsels auf und konnte
somit noch allseits mit grossem Hallo begruesst werden. Nicht nur
legte er kraeftig mit Hand an bei einer Befreiungsaktion, die Pause
waehrend der Reinigungsaktion nutzte er zum Inspizieren des Gelaendes
fuer ein evtl. DRM-SFB-Ersatzevent. Darueber wird er sicherlich noch
gesondert berichten. :-) Auch die Bremer Endurofreunde wollten es sich
nicht nehmen lassen und waren zahlreich mit Rat und Tat an der Strecke
vertreten.

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mfg Tim