Hi Leute!
Heute bin ich von meinem ersten Einsatz auf der Rennstrecke
zurueckgekehrt und verschone Euch natuerlich nicht von meinem Bericht
darueber.
Sonntag
Sonntag war nur zum Zugucken gedacht. Ich kam nach einer Fahrt komplett
durch den Regen gerade rechtzeitig zum Abbruch des ersten Laufes der
Pro-Superbike-Serie, was mich allerdings einiges an Nerven kostete, bis
ich endlich den richtigen Eingang zum Ring gefunden hatte.
Diesbezueglich ist die Beschilderung fuer Neulinge wirklich duerftig und
kostete mich am Sonntag auch wegen der bloeden Einweiser und ihrer
falschen Aussagen schaetzungsweise 5km Lauferei und eine Blase an der
Achillesferse. Die Rennen waren alle sehr interessant, speziell der
zweite Lauf zur Superbike DM. Bei den 250er ist mir einmal mehr
aufgefallen, dass sich Zweitakter einfach beschissen anhoeren. Abends
war dann "Fahrerbesprechung" und technische Abnahme.
Hier wurde nach anfaenglichem Zoegern wg. der Auspuffe dann praktisch
jeder zugelassen. Auch eine R1 ohne Lichter mit Tageszulassung und auf
Slicks und diverse andere abenteuerliche Umbauten (u.a. zwei YZF 750 mit
1000er Motoren und ziemlich laute TRX).
Verwundert hat mich, dass die auf zwei Raedern angereisten Teilnehmer
deutlich in der Unterzahl waren, der groesste Teil ist gepillert oder
getschaudert. Und mindestens die Haelfte aller Teilnehmer war mit R1
anwesend...
Der erste Schock stellte sich ein, als ich in die mir zugewiesene Box
fuhr und die Fahrzeuge erblickte, die mit mir in einer Gruppe waren:
Zwei Fazer, zwei R1 (eine mit haesslicher Tourenscheibe), eine YZF750
und eine GTS. Die Fahrer auesserten sich bei der ersten Besprechung
grundsaetzlich abwiegelnd und machten den Eindruck, dass ich in einer
recht gemaechlichen Gruppe gelandet war (trotz meines Wunsches, in die
drittschnellste von sechs Geschwindigkeitskategorien eingeordnet zu
werden).
Ich nahm mir vor, mir erst mal die ersten zwei Turns anzuschauen und
dann zu entscheiden, was ich denn machen wuerde.
Nach ein paar Bier legte ich mich recht zeitig schlafen. Uebrigens sind
drm-Treffen wesentlich angenehmer, es dauerte einige Zeit, bis man beim
Yamaha-Training mit irgendwem mal ins Gespraech kam.
Montag:
Die ganze Veranstaltung wurde massgeblich von Moto-Aktiv mitgestaltet,
die auch den groessten Teil der Instruktoren stellten. Dementsprechend
galten die ueblichen Ueberhol- und Unfallregeln. Gefahren wurde in zwei
Blocks fuer jeweils eine halbe Stunde, was IMHO eine ideale Loesung
darstellte. Auch das Ueberholen und Ueberholtwerden ging dank der
Gruppengroessen und der GP-Strecke sehr gut vonstatten.
Ich schaute mir nun also die ersten zwei Turns mit der langsamen Gruppe
unter Instruktor Rainer (faehrt DLM auf TRX, beim Training auf Fazer) an
und auesserte dann bald den Wunsch (unter anderem aufgrund der negativen
Antwort auf meine Frage, ob wir denn wenigstens die Sachs-Kurve
irgenwann mal am Knie fahren wuerden), in eine schnellere Gruppe zu
kommen.
Rainer stimmte dem zu und wir machten uns auf die Suche nach einer
"Kompromiss-Gruppe" mit passenden Maschinen.
Zum Glueck waren diese alle voll, sodass ich dann bei Matthias (auf
eigener R1) untergebracht wurde, dessen Trupp aus vier R1 und zwei FZR
1000 bestand.
Ich war erst etwas skeptisch, ob das denn nicht etwas viel des Guten sei
und wurde angeleitet, im ersten Turn die ersten zwei Runden hinter dem
Instruktor zu verbringen. Das kostete mich den ersten Schweiss des
Tages, war aber nix gegen die folgenden Chaos-Runden: In unserer Gruppe
wurde waehrend dieses Turns wild nebeneinander auf eigenen Linien
gefahren, und ich wurde, nachdem ich nach hinten gewechselt hatte,
staendig von den Leuten ueberholt, die sich eigentlich hinter mir
einordnen sollten. Die R1 Fahrer machten ihre misslungene Linienwahl
durch Drehen am rechten Griff wett und ich konnte mich nur mit
staendigem Drehen bis an den roten Bereich und spaetem Bremsen irgendwie
vor dem Verlust meiner Mannschaft retten.
Anschliessend wurden zwei Unruhestifter angerueffelt und umgruppiert
(einer ueberholte mich waehrend der Instruktorenfahrerei beim
Beschleunigen aus Jim Clark aussen, uebrigens war der Typ vor zehn
Jahren irgendein deutscher Meister in irgendeiner Serie).
Daraufhin ging es dann ganz hervorragend, und ich hatte deutlich mehr
Freude an der Sache als in diesen Chaosrunden.
Trotzdem blieb mir nix anderes uebrig, als frueher zu beschleunigen,
jeden Gang auszudrehen, spaeter zu Bremsen und mich immer in den
richtigen Gaengen zu befinden, waehrend die R1er und FZR1000er ganz
laessig aus irgendwelchen beliebigen Drehzahlen froehlich losballerten.
Speziell im Motodrom konnte ich mich dann immer etwas von diesem Stress
erholen, da es hier bekanntlich nicht so sehr auf die Motorleistung
ankommt.
Nachmittags setzte dann Regen ein, und ich lernte, wie kraeftig man auch
mit den MTR01/02 bei feuchter Strecke in die Eisen langen kann. Diese
Runden waren fuer mich sehr entspannend, da die grossen Yammis in meiner
Gruppe deutlich sensibler mit dem Gas umgehen mussten als ich mit meiner
kleinen Luftpumpe.
Etwas frustriert war ich nach diesem Tag schon, da es halt den Vormittag
gedauert hatte, bis ich die richtige Gruppe gefunden hatte und es
nachmittags leider regnete.
Abends gab's dann noch ein paar gute Rennfahrertips vom Hayri Winter und
ein kleines Fahrwerksseminar, dass diesen Namen allerdings nicht
wirklich verdiente. Ist aber auch klar, in einer Viertelstunde kann man
nicht viel rueberbringen.
Dienstag
Fuer Dienstag vormittag war noch ein Instruktorenturn angesagt, danach
durfte froehlich frei geblasen werden. Das Wetter war gut, zwischendurch
ging zwar etwas Regen nieder, trocknete gegen Nachmittag aber auch im
Wald wieder ab.
Dieser Tag und das freie Blasen hat eindeutig meinen Gesamteindruck vom
Training gerettet. Nach etwas Bremspunktsuche (die Linie war im grossen
und ganzen klar, HHeim GP Strecke ist auch recht schnell und eifnach zu
lernen) machte ich mich dann munter auf "Zeitenjagd".
Ich steigerte mich von den Instruktorenfahrten zunaechst um ca. 5
Sekunden, mit der Zeit fielen dann weitere 10 Sekunden dieser Zeit. Wie
schnell ich denn nun wirklich war? Nur soviel: 20 Sekunden langsamer als
Dirk Raudies 1994 mit seiner 125er, 22 Sekunden langsamer als Joerg
Teuchert mit der SSP 600er aber auch ca. 12 Sek. schneller als der
Renn-TDI, der anschliessend seine Runden drehte. Alleine im letzten
(ziemlich freien Turn) feilte ich nochmal 2 Sekunden, obwohl bzw. _weil_
ich mir vorgenommen hatte, wirklich locker zu fahren und die Muehle
nicht mehr wegzuschmeissen.
Ziemlich nervig waren diverse R1 und ein Fireblade-Fahrer, die praktisch
dieselben Rundenzeiten fuhren wie ich, allerdings auf eine etwas andere
Weise: Start-Ziel: Ich komme schneller aus der Südkurve (Einfahrt Start
Ziel) und beschleunige auf den ersten zwanzig Meter innen vorbei.
Anschliessend werde ich wieder ausbeschleunigt, bis ich mich bei der
Anfahrt auf die Nordkurve heranbremse und wieder mit deutlich frueherem
Beschleunigen und hoeherer Kurvengeschwindigkeit auf den ersten zwanzig
Metern der ersten Geraden vor ihn setze. Gleiches Spiel in den folgenden
Kurven, bis der R1er oder die Fireblade dann schlussendlich nach
vollendeter Runde trotz aller Anstrengungen meinerseits zwanzig Meter
vor mir ueber Start-Ziel braust - Grummel!!!
Uebrigens moechte ich ausdruecklich darauf hinweisen, dass es sich bei
diesen Jungs um ausgesprochen langsame Fahrer handelte, ich moechte
damit _nicht_ sagen, dass ich ein toller Hecht bin. Ganz im Gegenteil
war ich ziemlich beeindruckt, wie viel sauschnelle Jungs beim Training
teilnahmen, und die waren _wirklich_ schnell (Christer Lindholm, Joerg
Teuchert und Hayri Winter waren auch mehrmals auf der Strecke,
allerdings fast immer im ersten (schnelleren) Block, waehrend ich im
zweiten unterwegs war. Hayri wurde wohl mit 294 km/h Spitze gestoppt...)
Mit den Instruktoren hatte ich beim freien Fahren sowohl viel Freude als
auch ein bisschen "Leid".
Freude machte es, sich mit einer (wunderschoenen!) Instruktorin auf
ihrer TRX zu "balgen". Auf ihrer Einfuehrungsrunde ueberholte ich sie,
bis sie mich vor der Ostkurve wieder schnappte. In einer spaeteren Runde
liess ich mich dann nicht mehr von ihr ueberholen (ich weiss, sie ist
nur zum Spass gefahren, aber lasst mir doch die Einbildung) :-).
Ein anderes mal wurde ich von meinem ersten Instruktor auf der Fazer
ueberholt (ich liess ihn vor Jim Clark vorbei, da er es nicht ganz
geschafft hatte, mich beim Beschleunigen aus der Nordkurve zu schnappen
- die FZRR ist ein winziges bisschen schneller als die Fazer :-))) und
folgte ihm bis auf die Anfahrt zur Ostkurve, wo ich wartete, bis sein
Bremslicht aufleuchtete. Und ich wartete, und wartete - nichts geschah.
Schlagartig wurde mir bewusst, dass ich 100 Meter an meinem
persoenlichen Bremspunkt vorbeigeschossen war und ueberlegte, dass es
mir nicht angebracht erschien mit dieser Geschwindigkeit in die Ostkurve
einzulenken - also zog ich den Weg geradeaus ins Kiesbett vor. Die
gruenen Reifenstapel kamen leider immer noch recht zuegig auf mich zu,
sodass ich mich ca. 15m vorher bewusst auf die rechte Seite legte.
Schaeden gibt's im Prinzip keine, ich habe nichtmal blaue Flecken. Die
rechte Seite ist insgesamt etwas verkratzt und den Blinker hat's genau
da abgerissen, wo ich ihn nach dem letzten Sturz angeklebt hatte - gut,
dass es kein Neuer war :-). Anschliessend habe ich den Instruktor mal
gefragt, wie schnell er an dieser Stelle ist - er meinte, er wuerde
immer mit 180 in die Ostkurve einlenken.
An der Stelle uebrigens einen ganz herzlichen Dank an Bese, der mir
geholfen hat, die FZRR wieder aufzuheben (gar nicht so einfach im Kies).
Siehst Du - ich schreib's doch :-)
Also bin ich nach diesem typischen Anfaengerfehler (auf Vordermann
konzentriert) um die Erfahrung reicher, dass man sich mit etwas Glueck
auf der Rennstrecke auch bei 180 folgenlos ins Kiesbett ablegen kann
(don't try this at home!), ausserdem weiss ich jetzt, dass ca. 1qm Kies
in die Verkleidung der FZRR passt.
Was habe ich aus diesen zwei Tagen nun also gelernt?
- Zum einen habe ich gerade beim Bremsen einiges verbessern koennen,
speziell das spaete und degressive Hereinbremsen in die Kurve klappte am
Ende des Trainings um einiges besser als zu Beginn.
- Ich werde auf der Landstrasse in Zukunft vermutlich langsamer und
gelangweilter fahren, weil die Strasse eng, unberechenbar und voller
Idioten ist. Ausserdem sind die Grenzen vieel weiter, als man sie dort
ausloten sollte.
- Auf der Rennstrecke kann man mit einer 600er vermutlich um einiges
unbekuemmerter fahren, weil man an mehr Stellen wirklich bedenkenlos
aufreissen kann, wo man mit einer R1 nur Qualm produzieren wuerde.
- Mit der richtigen Linie kann man 50 PS weniger Leistung und 10kg mehr
Gewicht auch in HHeim auf der GP-Strecke wettmachen (bei _nicht_
gleichwertigem Fahrer), allerdings kann man vierstellige Drehzahlen
dabei getrost vergessen.
- Ich liebe Kiesbetten
- Locker faehrt sich's am schnellsten
- Ringfahren ist besser oder zumindest aehnlich gut wie Sex (wenn auch
irgendwie anders)
- Das Yamaha-Training war fuer mich vermutlich die bessere Wahl als das
NSchleifentraining
- Instruktoren sind zwar hilfreich um die richtige Linie zu finden, aber
wenn man die einigermassen kennt, macht alleine fahren mehr Spass.
- Die Reservelampe faengt nach einigen schnellen Runden bereits bei
139km an zu leuchten (macht 10,4 l /100km - auf der Landstrasse zwischen
5,5 und 6,5 l)
- Die Promoto-Gabelfedern mit dem passenden Oel sind hervorragend,
ebenso Rainers Tip, fuer HHeim Dragons aufzuziehen. Von den
tiefergelegten Stummeln nicht zu reden.
- Ich bin leider viel zu arm, sonst wuerde ich sowas regelmaessig
machen.
- 180 km/h muesste man eigentlich fast zu Fuss gehen koennen
- Ich bin sehr, sehr langsam. Aber es gibt immer noch ein paar, die
langsamer sind ;-).
Steffen, erschoepft und sehr gluecklich
--
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TSB#98
FZR 600R --- The need for SPEED! =8-)
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DR 350SE --- seek and destroy