From: Manfred Handschuher, k12@gmx.de
Subject: Badende Kühe (BMW-Enduropark Hechlingen) - lang!
Date: Mon, 03 Aug 1998 12:47:58 +0200
Organization: none

Hi!

Am vergangenen Wochenende habe ich meine KTM zwecks Erweiterung meiner
persönlichen Fahrkenntnisse mal in den BMW-Enduropark Hechlingen
geführt. Die Gesellschaft, die sie dabei hatte, kann man allerdings
nicht als artgerecht bezeichen - es wimmelte nur so vor Ultra-BSE's
(tm) ;-/ . Den einen oder anderen mag's vielleicht interessieren, wie's
dort zugeht, daher mein Bericht.


Vorgeschichte

Glen R. hatte sich Anfang des Jahres eine R11GS gekauft und sich zum
Zweck der Vertiefung seines Fahrkönnens für diverse Fahrtrainings
interessiert. Seine Wahl fiel neben dem BMW-Sicherheitstraining auch
auf das Endurotraining der weißblauen Firma. Nachdem er das auf einem
Stammtisch erzählt hatte, kam ich auf die Idee, mitzufahren. Ich konnte
mir zwar nicht vorstellen, bei einem Ultra-BSE-Training viel zu lernen,
aber da die Teilnahme aus bestimmten Gründen für mich kostenlos war,
dachte ich mir: das schaust Du Dir mal an :-)


Vorbereitung

Die letzte Woche verbrachte ich noch damit, meine KTM in einen Zustand
zu versetzen, der eine Fortbewegung auf öffentlichen Straßen ermöglicht,
ohne sofort von den Grünen angehalten zu werden. Während des Urlaubs in
.it hatte nämlich vor allem die Heckpartie etwas gelitten (Rücklicht
fehlte ganz und das Nummernschild war als solches auch kaum noch zu
erkennen). Dazu kamen die verschlissenen Radlager hinten. Probleme gab
es, weil der Sitz des rechten Lagers ausgeschlagen ist. Das ist eine
etwas größere Operation, die ich aber mangels Zeit nicht durchführen
konnte. Ich habe dann das Lager einfach mit Loctite (provisorisch)
reingeklebt. Einen neuen Spannungsregeler habe ich der Kati auch noch
spendiert und so konnte ich erstmals mit funktionierendem Licht auf die
Straße :-))


Anfahrt

Ich hatte mit Glen vereinbart, ihm am Freitag um 17:00 Uhr abzuholen.
Für die ca. 140 km nach Hechlingen hatte ich 2,5 h veranschlagt
(Einzylinder!). Also kurz nach 16:30 in Ottobrunn los. Auf dem Weg nach
München, als ich auf einer Geraden mal etwas den Hahn aufdrehe, dann
eine riesige blaue (weiße?) Wolke aus meinem (Katis) Auspuff :-((( . Die
Rauchzeichen ließen alsbald nach und der Motor lief auch weiter, aber
nicht mehr so ganz normal (ging im Leerlauf immer aus). Bis zu Glen habe
ichs dann doch geschafft und ca. 20 min später, als wir uns dann auf den
Weg machten, gab's keine Probleme mehr.

Zumindest bis kurz vor Aichach. Da ging der Motor plötzlich aus und
wollte auch nicht mehr anspringen. Verdammt, was ist nur los? Der Kolben
ließ sich ohne Wiederstände durchdrehen. Nach etwa 10 min läuft der
Motor wieder. Also weiter. Keine 2 km später dasselbe Spiel: Motor geht
aus, läßt sich 10 min später wieder starten und läuft auch. Hoffentlich
komme ich noch irgendwie bis Aichach! Auch diese Etappe dauert nur kurz.
Als der Motor dann wieder ausgeht, dämmert es mir allmählich. Sollte ich
nicht vielleicht doch zuwenig Benzin im Tank haben und zur Abwechslung
mal auf Reserve schalten? Gedacht, getan und schon läuft der Motor
wieder :-))) . Tja, das kommt davon, wenn man i.d.R. ein Mopped ohne
Benzinhahn (und Reserveschaltung) fährt und obendrein mit Leuten
unterwegs ist, deren Tank viel kleiner ist und man deswegen nie an den
Punkt kommt, wo man die Reserve braucht.

Die weiter Fahrt verlief dann ohne Zwischenfälle und so sind wir gegen
20:30 Uhr auf dem Campingplatz in Hechlingen angekommen. Den Abend
beschloßen wir dann noch bei einer Pizza im nächsten Ort.


Der 1. Tag

Wie nicht anders zu erwarten, springt Kati morgens auf den 3. Kick an
(und das trotz zu kleiner Starterdüse). Bei der Ankunft im Enduropark
(ehemaliger Steinbruch/Kiesgrube) steht da eine ganze Reihe von Ultra-
BSEs in Form von R1100GS und zwei F650. Allmählich finden sich die
Teilnehmer ein und nach einer kurzen Ansprache der Instruktoren werden
die Gruppen gebildet:
- Gruppe A für Leute mit wenig Fahrpraxis und ohne Gelände-Erfahrung
- Gruppe B für Leute mit Fahrpraxis und etwas Gelände-Erfahrung
- Gruppe C für Leute mit Gelände-Erfahrung

Die Instruktoren schwingen sich auf ihre Bikes, fahren unter
Präsentation ihrer Fahrkünste (Stichwort "kontrollierter Schotterdrift")
zu den Sammelpunkten und warten auf ihre Schäflein. Da ich mich weder
für Gruppe A noch für B erwärmen kann, fahre ich zu Werner, der C
betreuen soll. Da bin ich zunächst mal vollkommen alleine!
Offensichtlich schreckt die alle ab, daß ich mit einer Hard-Enduro samt
passendem Outfit teilnehme. Auch die Frauen auf der DR350 bzw. DR650 (?)
wollten lieber etwas weiter "unten" mitfahren. Schließlich werden einige
Leute zwangsrekrutiert: Einer mit einer Transalp, einer mit eigener
R11GS und noch ein paar andere, sodaß wir schließlich zu sechst sind.
Ein angenehme Größe der Gruppe! Ab 18 Teilnehmern (wir waren 19) sind 3
Instruktoren tätig und das macht sich durchaus positiv bemerkbar.

Werner, unser Instruktor, erzählt auf Nachfrage, daß er mit 16
angefangen hat, Trial zu fahren. Es war also zu erwarten, daß er seinen
Job einigermaßen beherrscht :-)) . Fahren im Trial-Stil ist seiner
Aussage nach auch die einzige Möglichkeit, die Ultra-BSE's zu bewegen.
Das heißt, daß grundsätzlich stehend gefahren wird!

Zu Anfang kommen einige Fahrübungen. Abwechselnd nur ein Bein auf der
Fußraste, beide Beine auf derselben Seite, Fahren im Damensitz, Fahren
auf der Sitzbank kniend oder nur mit einer Hand am Lenker. Dann zeigt
er uns, wie man im Gelände Kurven fährt. Und zwar mit
Gewichtsverlagerung des Körpers auf die kurvenäußere Seite. Das wird
dann im Slalom vertieft. Ganz schön happig!

Zwischendurch gibt's eine Pause und danach dann eine erste kleine
Rundfahrt, um das Gelernte anzuwenden. Auf der Fahrt zum Mittagessen
(außerhalb) habe ich dann eine Halluzination, als ich vor mir eine GS
auf dem Hinterrad fahren sehe :-)) .

Nach dem Mittagessen steht dann Bremsen im Gelände an. Als Vorübung
fährt man im gehobenen Schritt[t]empo, kuppelt *nicht* aus und zieht die
vordere Bremse bis zum Blockieren des Vorderrades. Je nach
Geschicklichkeit führt das dann früher oder später zu einem etwas
instabilen Fahrzustand, denn man jedoch durch Öffnen der Bremse leicht
wieder korrigieren kann, ohne abzusteigen. Das Spielchen treibt man dann
eine Weile, bis man ein Gefühl dafür kriegt. Werner beherrscht das sogar
auf der Straße, wie er uns am nächsten Tag mal kurz demonstriert.

Nach der Vorübung dann die "richtigen" Bremsungen: Anfahren mit ca. 50
km/h und dann erstmal hinten voll in die Eisen. Na, das kenne ich ja
schon (vor allem aus .it). Dann Bremsen nur vorne. Hier wird's schon
kniffliger, aber hingelegt hat sich keiner. Schließlich mit beiden
Bremsen - innerhalb eines vorgegebenen Bremswegs!

Als Einstimmung auf den Ausflug am späteren Nachmittag üben wir noch ein
paar Auffahrten. Die sind zwar lächerlich niedrig (1,5 m), aber man kann
daran schön die Technik üben (Gasstoß am Beginn der Auffahrt). Springen
ist zwar nicht angesagt, aber ich konnte es mir nicht verkneifen, hin
und wieder mit etwas mehr Schmackes hochzufahren und einen kleinen Satz
über die Kante zu machen :-)) .

Um 15:00 Uhr dann Abfahrt zum nahegelegenen Truppenübungsplatz, den wir
*legal* befahren dürfen. Ist zwar nicht sonderlich spannend da, aber
etwas Abwechslung ist doch geboten: Ewig lange Schottergeraden, auf
denen man gnadenlos den Hahn aufdrehen kann, eine wunderbare 3er-
Kombination von Auffahren, tiefer Kies in Walddurchfahrten und
schließlich eine Buckelpiste (kein Waschbrett), auf der man sich nach
Herzenslust austoben kann. Die eingelagerten Pfützen sorgen für das
richtige Ambiente :-) .

Beim Verlassen des Geländes führt Werner dann noch einen Stoppie mit der
GS vor, wir kehren zum Gelände zurück und von da aus zum Campingplatz.
Dort brauche ich erstmal ein gute halbe Stunde, um mich soweit zu
erholen, daß ich wieder laufen kann! Um 20:00 ist Abendessen in
Hechlingen und irgendwann gegen 23:00 sinke ich in meinen Schlafsack.


2. Tag

Der Abbau des Zelts auf dem Campingplatz führt zwar schon zu mehr
Bewegung, als ich zu diesem frühen Zeitpunkt meinem Körper gemeinhin
zumute, aber darauf nehmen unsere Instruktoren keine Rücksicht. Das
Training beginnt um 9:00 mit 15 min Morgengymnastik :-((( . Danach dann
etwas Wiederholung vom Vortag (Slalom, Auffahrten), ehe wir dann wieder
durchs Gelände tuckern. "Tuckern" ist die richtige Bezeichnung! Mit
Speed geht da wenig und so genügt es, die Kati leicht über Standgas zu
halten. So "erkunden" wir das Gelände: mehr oder weniger steile
Auffahrten, solche mit groben Schotter usw.. Nach der Pause kommen dann
die "richtigen" Auffahrten". Die Kies-Auffahrten sind (mit KTM) fast
lächerlich, aber es gibt schon das eine oder andere "Schmankerl". So
verbringen wir den Rest des Vormittags.

Nach dem Mittagessen dann eine Übung im tiefen Sand, in dem die Ultra-
BSE's reihenweise versacken. Dann zwei Highlights, die außer mir niemand
mehr fährt:

1. Ein Auffahrt auf einen Erdhügel, der mit Steinen durchsetzt ist und
als Schweinerei eine Schwelle hat. Nur mit Mühe komme ich auf dem
Hinterrad oben an.

2. Das Karussell :-))
Auf dem Gelände gibt es einen halbkreisförmigen Kessel mit ca. 15 m
Durchmesser, in dem eine Spur zu erkennen ist, die seitlich unten
beginnt, bis zum Scheitelpunkt in ca. 8 m Höhe führt und auf der anderen
Seite wieder runterkommt. Am Scheitelpunkt ist die "Wand" fast
senkrecht. Ich fragte mich die ganze Zeit, wie verrückt jemand sein muß,
der da oben rumfährt. Werner daraufhin angesprochen, wie schnell man
dafür anfahren müssen, meinte, das wäre nicht so schlimm. Nach 1. fährt
er auf den Kessel zu und in etwa halben Höhe am Hang entlang. Kann ich
auch, klar :-)) . Er fährt dann nochmal, diesmal allerdings oben! Mit
der GS! Die Geschwindigkeit ist relativ gemächlich und ich fahre gleich
hinterher, damit erst gar keine Bedenken aufkommen. Klar, was mit der GS
geht, sollte mit der Kati auch gehen. Zu meinem großen Erstaunen komme
ich heil wieder unten an :-)))) ! GEIL!

Dann noch was zum "abkühlen": die Wasserdurchfahrt. Tiefe ca. 0,5 m.
Geht mit Kati anfangs recht gut, aber kurz vor dem Ende geht mir dann
der Motor aus. Anschließend habe ich dann etwas mehr Wasser in den
Stiefeln :-/ . Dann machen wir noch ein Abschlußrundfahrt quer übers
Gelände mit allen Leckerbissen wie einer Serpentinen-Auffahrt im
Steinbruch. Bei der Rückkehr treffen wir die anderen beiden Gruppen an
der Wasserdurchfahrt. Warum stehen die alle rum und schauen zum Wasser?
Ach ja, da liegt ja eine GS mittendrin :-)) . Wäre wohl lieber Flußpferd
geworden. Der GS-Treiber versucht unter den hämischen Bemerkungen der
Zuschauer minutenlang, die GS aufzurichten und aus dem Wasser zu
schieben. Schließlich kommt ihm doch sein Instruktor zu Hilfe.

Der Tag bzw. das Training endet mit einer "Preisverleihung" in Form
einer Teilnahmebestätigung und eine T-Shirt.


Fazit

Das Training ist natürlich auf das Bewegen von Ultra-BSE's abgestimmt.
Trotzdem kann man auch als Nicht-BSE-Fahrer das eine oder andere
mitnehmen. Für Anfänger im Gelände ist so ein Wochenende in Hechlingen
nicht ungeeignet (um nicht zu sagen empfehlenswert)!


Manfred

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Manfred Handschuher,    BMW K 1200 RS (5/98)   KTM 600 LC4 '89
rrr#1200, DoD#130695 http://home.pages.de/~handi/  irc-nick: handi