From: Wayne Schlegel, wayne@elwus.nightmare.org
Subject: Re: Vermischte Berichterstattung in der WELT
Date: Wed, 08 Apr 1998 15:54:07 GMT
Organization: de.alt.fan.dsv

On Tue, 07 Apr 1998 17:56:23 GMT, elwu@rrr.de (elwu)
wrote:

>BTW, wenn diese Studie recht hat ist die Grenze von 98PS in der Haft-
>pflicht nicht mehr zu rechtfertigen. Aber auch hier bin ich sicher daß
>Herr Kaiser und Versicherungskollegen eher die Prämien für Bikes bis
>98PS anheben als die drüber absenken.

Das eine hat mit dem anderen nicht viel zu tun.

1. Die Angaben der Studie beziehen sich auf *alle* Unfälle bei denen
Motorräder über 98 PS beteiligt waren, unabhängig vom Schuldigen. Die
Versicherer interessieren für die Beitragskalkulation aber nur die
Unfälle, bei denen der Motorradfahrer schuldig ist, weil nur dafür
müssen sie zahlen. Bei dem anscheinend hohen Anteil von
'abgeschossenen' Motorradfahrern haben die Zahlen des Amtes also kene
Bedeutung für die Versicherung.

2. Die Aussagen der beziehen sich nur auf die Anzahl der Unfälle,
nicht die Höhe des entstandenen Schadens. Genau der aber ist für die
Beitragskalkulation der Versicherer relevant.

Zur Klarstellung ein paar Daten aus der Statistik 1996 des
Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV):

                 Versicherte              Schadenaufwand
                 Jahreseinheiten[1]       1996 in DM
                 Motorräder 

ü.78 bis 98 PS         246.867                  65.807.813
ü.98 PS                 96.004                  33.537.999


Daraus wird der sogenannte Schadenbedarf abgeleitet, d.h. der Betrag,
den jeder versicherte Motorradfahrer je PS-Klasse statistisch gesehen
an Schaden verursacht. Dieser Schadenbedarf bildet später die Basis
Basis für die Kalkulation der Beiträge.

Für die beiden PS-Klassen oben sind das damit :

ü.78 bis 98 PS:  Schadenbedarf 267 DM  (= 65.807.813 / 246.867)
ü.98 PS       :  Schadenbedarf 349 DM  (= 33.537.999 /  96.004)

Der typische Fahrer mit mehr als 98 PS, also der rasende,
verantwortungslose, mit seiner offenen Feuerblöd völlig überforderte
Möchtegernheizer kostet die Versicherungen also pro Jahr immer noch
rund 30 % mehr als der typische, also routiniert, vorsichtig,
zurückhaltend, defensiv und verantwortungsbewusst fahrende 90 PS
BMW-Treiber.

Weitere Gründe, die sich auf den am Ende kalkulierten Beitrag
auswirken liegen zum Beispiel in der unterschiedlichen Zusammensetzung
der beiden PS-Klassen nach Schadefreiheitsrabatt. Aber das ist ein
anderes Thema.

Mit Herrn Kaiser Grüssen
   Wayne Schlegel


[1] Jahreseinheit ist die statistische Größe für ein Fahrzeug, das ein
    ganzes Jahr lang versichert war. Eine Jahreseinheit ist also ein
    Fahrzeug, das 12 Monate angemeldet ist oder 2 Motorräder a' 6
    Monate oder 365 Fahrzeuge, die je 1 Tag versichert waren oder....
    Im Gegensatz zur Stichtagsgröße 'Zugelassene Fahrzeuge am 1.1.98'
    eignet sich diese Einheit für Zeitraumbetrachtungen und damit z.B.
    für die Berechnung eines Jahresbeitrages für die Versicherung.


-- 
Uwe Jarczynski                                       http://www.ruhr.de/home/uwe/

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