Mahlzeit.
Jemand wollte doch wissen, was man am Anfang so an Werkzeug braucht.
Abgesehen von den nuetzlichen Hinweisen aus der FAQ poste ich hier mal
eine revidierte Version von dem, was ich die Tage an den Kollegen mit dem
kaputten vierten Gang an der Harley geschrieben habe.
_______________________ab jetzt_________________________________
Falls Du Dich ernsthaft drangeben willst, wirst Du in etwa folgendes mehr
oder weniger dringend benoetigen:
1. einen Platz, wo Du's tun kannst (er sei im folgenden mit "Werkstatt"
umschrieben ;-); dieser sollte trocken, sauber, gut zugaenglich und sicher
sein. Bau ausreichend viele Lichtquellen rein (zwei bis vier 35W
Neonroehren, zusaetzlich Handlampe besorgen). Diverse Steckdosen,
moeglichst an mehreren unabhaengig abgesicherten Stromkreisen (16 A).
Werkbank, schwerer Schraubstock mit zusaetzlichen Alu- oder
Kunststoffbacken zum Einspannen empfindlicher Teile, ein elektrischer
Schleifbock (ab 50,- im Baumarkt), paar Regale waeren auch schoen. Ein
Eimer mit Sand, besser ein 6 kg Feuerloescher. Besser kein Benzin in der
Werkstatt aufbewahren, auch nicht im Tank. Drei *Abfalleimer* (Hausmuell /
Metallschrott / Oelhaltiges; letzteres kann man am billigsten nachts an
einer geschlossenen Tanke in den Eimer druecken ;-)
Das ist natuerlich der Idealfall, dem man sich oft nur langsam annaehert;
aber nichts ist schlimmer als auf dem Buergersteig vor dem Haus basteln zu
muessen ...
2. Werkzeug.
Die gaengigsten Schluesselweiten fuer Japaner, Italiener und BMW waeren
wohl 8, 10, 12, 13 (nur BMW), 14, 15, 17, 19, 20, 22, 24, 27 und 32.
Als Grundausstattung empfiehlt sich eine Garnitur *gekroepfter*
*Ringschluessel* und eine Garnitur *Ring-Maul-Schluessel* (eine Seite
Ring, eine Seite Maul) in diesen gaengigen Groessen, dazu ein paar
*Rohrsteckschluessel* fuer die allerwichtigsten (Japs: 8, 10, 12, 14).
Ein *Steckschluesselsatz* (im Volksmund "Nusskasten") erleichtert die
Arbeit oft ganz erheblich, schon ein kleiner mit 1/4 Zoll-Aufnahme ist
zunaechst was Feines. Fuer Arbeiten am Motorrad empfiehlt sich aber
irgendwann (bzw. zusaetzlich) einer in 3/8 Zoll, 1/2 Zoll ist fast schon
zu gross. Ein schoenes Antriebswerkzeug, das ich in modernen Sortimenten
oft vermisse, ist eine Handkurbel mit Vierkantaufnahme; die benutze ich
z.B. sehr gerne fuer die Sitzbank- und Tankschrauben. Geht schnell. Auch
ein Schraubenzieherknauf mit 1/8 " Aufnahme ist was sehr Feines. Dieser
sollte stabil sein. Des weiteren gibt es Bithalter fuer 1/8" zum Verwenden
von Schlitz-, Kreuzschlitz-, Inbus- etc. -Bits in Knarren, auch schoen.
Fuer Arbeiten am Motor braucht man einen kleinen *automatischen
Drehmomentschluessel* , man mache sich ueber die benoetigten Drehmomente
kundig und besorge einen, mit dem man eher die kleinen Werte in den
empfindlichen Alugewinden einstellen kann - ob man eine Achsmutter, die
mit 65-85 Nm angegeben ist, (nach Gefuehl) zehn, fuenfzehn Nm abweichend
anzieht, ist relativ egal, aber ein Alugewinde im Zylinderkopf, in dem der
Bolzen mit 11 Nm angezogen gehoert, kann mit wenig mehr Aufwand bereits
ueberdreht sein, und das wird unangenehm. Ausserdem: der Drehmo ist ein
*Messinstrument* und sollte nicht als Ersatz fuer eine Knarre missbraucht
werden.
Hier keinen Troedel kaufen, dass macht einen hinterher wahnsinnig.
Supergeiles teures Edelzeugs kommt von Hazet (D) oder - fuer Harley
vielleicht stilvoller - SnapOn (USA). Lebenslange Garantie auf Material-
und Verarbeitungsfehler. Etwas preiswerter, in ebenfalls professioneller
Qualitaet, z.B.- Facom (F), Elora, Gedore (D). Proxxon ist *nicht*
professionell, aber besser als vieles andere auf dem Heimwerkermarkt.
Ausserdem *Innensechskantschluessel* ("Inbus") in 4, 5, 6, 8 mm
(groesser=Spezial). Der gegenstand, den ich am meisten vermisse, seit sie
mir meinen Tankrucksack geklaut haben, ist mein Inbus-Sortiment; Paps
hatte eines angeschafft mit den wichtigsten Groessen zum Ausklappen an
einem Griff. Gibts auch fuer Torx (Triumph!).
*Wasserpumpen* - und *Flachspitzzange* und *Seitenschneider* (keine
Kombizange, alles, was man damit machen kann, geht mit einer der vorigen
drei besser. Die besten von Knipex.) Ausserdem ein paar billige
*Gripzangen* , die halten, was man grad nicht selber halten kann. Spaeter
vielleicht eine *Blechschere*
*Schraubenzieher* sind Verschleissteile, daher braucht man nicht die
allerteuersten. Nur keine zu weichen aus Butter-Kaese-Legierung. Fuer
einen mittleren braucht man nicht mehr als 6-8 Mark anlegen, und wenn er
fertig ist, kauft man einen neuen. Die mit den Holzgriffen von Meister
sind eine gute Wahl. Drei Schlitz, drei Kreuz oder so. Nett ist es
manchmal, wenn sie oben am Schaft einen Sechskant haben, wo man einen
Schraubenschluessel zum Nachhelfen ansetzen kann. Die Billigloesung mit
einem Griff fuer viele Bits ist nicht zu empfehlen, hoechstens fur
unterwegs vielleicht. *Bits* sind besser mit einem *Akkuschrauber* zu
verwenden; dieser ist eine wirklich schoene Arbeitserleichterung, faellt
aber imho unter "Luxus", denn es geht auch ohne.
*Hammer* (Normaler Schlosserhammer, 250 g; Gummi-, Plastik- oder
Hauthammer fuers Empfindliche, u.U. dicker 500 g Faeustel). Koerner,
Durchschlag, Meissel. *Schlagschrauber* (supernuetzlich, kann ruhig
billig, 20 Mack). Je nachdem braucht man schon mal *Sprengringzangen*
(zwei, fuer Aussen- und Innenringe, koennen auch billig.)
Einen Satz kleine *Schluesselfeilen* und eine kleine *Eisensaege* sind
auch nuetzlich (z.B. Schrauben ablaengen und entgraten) und kosten nicht
viel. Desgleichen ein, zwei *Montiereisen* , damit laesst sich so einiges
anstellen, nicht nur (Schlauch-)Reifen wechseln.
Zum Reinigen: *Terpentinersatz* (auch gut zum Dichtungsreste aufweichen),
*Bremsenreiniger* (Spray). Zum Schmieren: MoS-haltiges *Waelzlagerfett* ,
z.B. Molykote. Dichtungsschaber aus Hartholz oder gehaertetem Stahl, aber
vorsicht, letztere koennen tiefe Macken erzeugen -> Teil wegwerfen.
*Fluessigdichtung* (Hylomar, Dirko, Curil). *Heissklebepistole* (sehr
nuetzlich), *Silikonkartusche* (ebenfalls!!!). *Multifunktionsspray* ,
z.B. WD 40, Caramba etc. (Rost loesen, schmieren, Kontaktspray, Kriechoel
in einem.) Ausserdem eine Kiste *Kuechenrollen* aus dem Sonderangebot (zum
eben mal Teile/Haende abwischen, Teile auf sauberem Untergrund ablegen
...) und natuerlich Sandseife.
Messwerkzeug: *Messschieber* (hiess frueher Schieblehre) und Zollstock
tuns fuer den Anfang. Zum Ventilspiel einstellen einen Satz
*Fuehlerlehren* ; ins Handbuch schaun und sicherstellen, dass die
richtigen Blaetter dabei sind. Spaeter vielleicht eine *Messuhr* oder
*Buegelmessschraube* ; man kann z.B. im Mom ab und zu ziemlich billig
irgendwelches Russenzeugs bekommen, das ist oft besser als man denken
sollte.
Fuer Elektrikdefekte: billiges *Multimeter* , *Durchgangspruefer* ,
*Quetschzange* samt entsprechenden Kabelschuhen, *Loetkolben*
Spezialwerkzeug: s. 3); aber ueberleg' Dir, ob sich die Anschaffung lohnt.
Wenn Du ein defektes Teil erst mal ausgebaut hast und nur noch das
Spezialwerkzeug zum Zerlegen oder so brauchst, kannst Du's auch in die
Fachwerkstatt bringen und die die widerliche Kniffelarbeit machen lassen,
das kommt dann schon ein gutes Stueck billiger und man sieht das Ergebnis,
bevor man die Baugruppe wieder montiert. Interessant ist aber auf jeden
Fall der entsprechende *Abzieher* oder -druecker fuer das *Polrad* der
Lichtmaschine. Mit etwas Glueck gibts das im Zubehoer, z.B. Louis.
Weitergehendes Werkzeug / spaeter mal:
*Elektrische Bohrmaschine* . Extrem nuetzlich und flexibel, wenn man
regelmaessig heimwerkt, sollte man hier nicht sparen. Satt Leistung (500
bis 1000 W), kugelgelagertes Bohrfutter, Anlaufstrombegrenzer,
elektronische Drehzahlregulierung (damit auch bei niedrigen Drehzahlen die
volle Power da ist). Zubehoer: Zum Metallbohren HSS-Bohrer in den
gaengigen Groessen. Falls man Gewinde schneiden oder abgebrochene
Schrauben linksausdrehen muss: dafuer braucht man oft "komische" Groessen
zum Vorbohren (3.2, 6.7 oder so); diese sind bei den Schneidsaetzen bzw.
Linksausdrehern angegeben. *Biegsame Welle* . *Staender* , mindestens aber
eine Vorrichtung, um die Maschine horizontal auf die Werkbank zu
schrauben. Eine *Schwabbel- oder Filzscheibe* ist auch dann nuetzlich,
wenn man nicht irgendwas auf Hochglanz bringen will; Steckachsen aus Stahl
sehen z.B. oft ganz schoen schlimm aus, wenn man sie ausbaut, und lassen
sich mit ein bisschen *Autosol* und einer Filzscheibe sehr schoen wieder
auf Vordermann bringen.
*Winkelschleifer* (Trennschleifer, Flex). Gibt auch entsprechende
Trennscheiben fuer Bohrmaschinen, das ist aber gefaehrlich und funzt i.A.
nicht so gut. Flex schneidet *alles* , man glaubt nicht, wie nuetzlich so
was sein kann. Dazu gehoert ein ordentlicher *Gehoerschutz* (und zwar
richtige Mickymauese, sind ab 30,- zu haben), denn die Dinger sind wg.
Winkeltrieb meist infernalisch laut, sowie eine *Schutzbrille* . Diese
Gegenstaende darf man auch gerne in Verbindung mit Schleifbock /
Bohrmaschine benutzen, das macht das Arbeiten deutlich angenehmer.
*Gewindeschneidsatz* : Werkzeughalter fuer Innengewinde sowie die
eigentlichen Schneider, der Satz zu 3 Stueck, mit Vor- und
Fertigschneider. Es gibt auch "3in1", halte ich aber nicht fuer so gut.
Nicht billig, auch nicht unbedingt noetig, aber eine feine Sache,
desgleichen ein Halter fuer Aussengewinde-Schneideisen. Damit kann mann
z.B. verdreckte rostige Gewinde und Bolzen auch *reinigen* ... die
allerwichtigste Groesse fuer Moppeds, M6, sollte man sich aber schon
irgendwann mal hinlegen. Den Werkzeughalter auf jeden Fall, damit kann man
z.B. an unzugaenglichen Stellen auch von Hand bohren.
*Helicoil Gewindeneu* oder aehnliche Reparatursaetze: die Rettung, wenn
"es" passiert ist. Kaputtes (Innen-)Gewinde wird mit Spezialbohrer
("krummer" Durchmesser) ausgebohrt, ein grobes Spiralgewinde
eingeschnitten und eine Gewindespirale eingedreht; angeblich besser als
neu. Es gab mal einen sehr interessanten Artikel in der Zeitung und einige
sehr interressante Diskussionen hier in der Group. Fuer eine Groesse ca.
DM 60,-
*Blechschneider* mit Hebeluebersetzung
Ich hab mir aus einigen Kanthoelzern und einem Stueck Sperrholz eine
kleine *Buehne* gebaut, die in Verbindung mit Gasbetonsteinen etwa einen
halben Meter ueber dem Boden steht; sehr angenehm. Fuer schwere
Motorraeder muss das ganze allerdings entsprechend stabil ausfallen und
man braucht auch eine stabile Rampe, um es da rauf zu kriegen. Diese hab
ich mir aus Vierkantstahlprofilen schweissen lassen; meine Kumpels finden
das voellig uebertrieben, ausserdem ist es nicht ganz leicht. Meine Buehne
ist mit 3 x 1,2 m auch sehr gross. Im Handel gibts so was fuer teuer Geld
auch zum hochkurbeln oder hydraulisch. (> 800,-) Eine nuetzliche
preiswerte Kleinigkeit hingegen ist ein *Wagenheber* (hydraulisch oder
Scherenheber). Nicht vergessen, den Hauptstaender mit *Spanngurten* gegen
versehentliches Einklappen zu sichern. Diese sind ebenfalls eine sehr
empfehlenswerte Anschaffung.
3) *Dokumentation* . Du *musst* genau wissen, was Du tust (oder laesst
;-), und das musst Du nachlesen koennen. Es gibt aus dem *Bucheli-Verlag*
diese orange-weissen Heftchen ("Wie mache ich es mir selbst?") Diese
Dinger sind ein Anhalt, aber manchmal komisch, dafuer billig - ca. 30,-
manchmal braucht man zwei.
Ansonsten die *Werkstatthandbuecher* . Da steht *alles* drin (auch, wann
man Spezialwerkzeug braucht und wie die Bestellnummer davon ist ;-). Das
heisst allerdings nicht, das man damit auch alles machen kann. Aber man
kann danach entscheiden, was man sich selber zutraut und was man die
Werkstatt machen laesst. Kosten je nachdem zw. 100,- und 200,-. Manche
Haendler stellen sich etwas an, einem die zu besorgen, aber prinzipiell
muesste es die beim Haendler geben wie jedes andere Ersatzteil auch.
Manche Haendler stellen sich auch nicht an, wenn man sie bittet, es einem
zum kopieren auszuleihen, z.B. ein gewisser Honda- und Yamaha-Haendler in
Dortmund ...
Ersatzteilkataloge auf *Mikrofiche* : kosten fuer Hondas je nach Haendler
Stueck DM 10,-. Manche Moppeds haben bis zu 3 Stueck. Dann kann man sich
die Teilenummern selbst raussuchen und evtl. per Fax bestellen. Es gibt
Haendler, die brauchen drei oder mehr Versuche, bis sie einem das korrekte
Teil besorgt haben; das kan man so ausschliessen. Wenn man die Teilenummer
hat, kann man auch schnell mal eben einen Preis rausgesucht bekommen. In
jeder Buecherei sollten entspprechende Lesegeraete herumstehen. U.U. kann
man die Dinger einscannen und dann per Computer durchforsten.
4. Teile. Es ist eine gute Idee, sich ein paar *Sortierkaesten* zu
besorgen und diese mit Maschinenschrauben, U-und anderen Scheiben und
Muttern zu fuellen. In den Grossen M5, M6, M8, M10, M12 sowie einen Kasten
fuer groessere und einen fuer kleinere. Mit einem Sortiersystem lassen
sich auch andere anfallende Kleingegenstaende wie Federn, Splinte, O-
Ringe, Kabelbinder etc. aufbewahren und sind zur Hand, wenn man sie
braucht. Der Schlosser verbringt etwa die Haelfte oder mehr seiner
Arbeitsszeit mit der Schaffung der noetigen Infrastruktur, damit er sich
im Ernstfall auf die Reparatur konzentrieren kann und nicht aufs Suchen!
*Billigstloesung* : alte Marmeladenglaeser; deren Deckel wird solide an
ein Kantholz geschraubt, das man an die Wand duebelt. So haengen die
schrauben oder was auch immer in durchsichtigen Behaeltern, die mit einem
Dreh zur Hand sind. Belfrutta hat sich besonders bewaehrt ;-)
*Ersatzteile* : neuerdings gibt es mehr im Zubehoer als man manchmal
vermiten moechte. Insbesondere Detlev Louis entwickelt sich mehr und mehr
in Richtung Heimwerkerunterstuetzung, dort gibts so interressante Sachen
wie Steuerketten (ca. 60,- statt 100,- fuer die CB bei Honda), Standrohre,
Dichtsaetz fuer Benzinhaehne (ansonsten wg. 1 Dchtung kaputt 1 Benzinhahn
neu gekauft = 120,-) und Vergaser, vertaerkte Steuerkettenspanner fuer
alte Kawas ...
5. Glueck, gute Nerven, geschickte Haende, treue Freunde, heissen Kaffee,
kaltes Bier, Fertigpizza aus der Tiefkuehltruhe ...
Der vierte Gang ist uebrigens tatsaechlich hoeher belastet als die
anderen, weil man mit diesen dicken Grummlern (auch Einzylinder) oefter
untertourig durch die Gegend rollt, dabei treten an den Zahnflanken hohe
Kraefte auf, ist also nix ungewoehnliches. Ausserdem werden heutzutage die
Materialpaarungen fuer die unterschiedlichen Gaenge tatsaechlich
unterschiedlich - je nach erwarteter Nutzungszeit - gewaehlt, so betraegt
die zu erwartende Lebensdauer fuer den Rueckwaertsgang im Auto ca. eine
Stunde, das reicht ueblicherweise fuer ein ganzes Autoleben.
Uebrigens, falls die Reparatur doch laenger dauern sollte als erwartet:
der Trend geht eindeutig zum Zweitmotorrad ...
Tuesskes, Radbert
## CrossPoint v3.11 R ##