From: Jérôme Waibel, schrom@rrr.de
Subject: Schroms Amsel nicht wintertauglich!
Date: 15 Feb 1997 21:35:23 +0100
Organization: rrr#72 : Feiern statt Fahren

"Das Motorrad stellt für seinen Besitzer eine Herausforderung dar, die
Maschine zu beherrschen, eine Herausforderung zum Abenteuer. Sie spüren den
Fahrtwind und sind mit der Straße verbunden durch ein Fahrzeug, das wir
kein anderes ihren Befehlen gehorcht. Im Gegensatz zum Auto umgibt sie kein
metallener Schutzkäfig."
(Fahrerhandbuch Honda CBR 1100 XX)

Freitag mittag wollte ich eigentlich ganz friedlich mit Phil nach Sinsheim
zur Messe, doch irgendwie hab ich mich vorher ins IRC verirrt und wurde
prompt von Manu, Dea, Bigtwin und Cal überredet, doch gleich diesen mittag
nach Ulm und abends dann nach Nürnberg zum Feiern zu fahren. Gebeugt ob dieser
Übermacht an Argumentationskraft sah ich mich genötigt, Phil abzusagen (nicht
ohne die 100 Meter vom Infobau zur Mensa zu fahren, man muß ja posen :-).
Bester Laune und besten Wetters fuhr ich in KA los, und was passiert, wenn
Schrom mit dem Mopped wegfährt? Klar: Es regnet. Ab Pforzheim nur Pißwetter
schlechtester Art :-( Durch nicht mehr vorhandene Straßen und ebenso wenig
vorhandene ausgeschilderte Umleitungen verlor ich eine Stunde Zeit, was mir
viel Raum für neue Amsel-Erfahrungen gab, wie z.B. daß man auch bei Regen
recht schnell fahren kann oder daß ein blockierendes Vorderrad durchaus auch
mal beherrschbar sein kann.

Gegen 17 Uhr erreichte ich Bad Urach und den Albaufstieg. Ich dachte noch,
und mußte bei diesem Gedanken grinsen: "In Ulm ist es bestimmt wieder so kalt
daß es nicht regnet." Die Strafe für diesen Gedanken folgte sofort. Plötzlich
kamen mir immer mehr zugeschneite Autos entgegen, neben der Straße war
bereits eine geschlossene Schneedecke. Egal, die Straße war naß aber gut, also
weiter. Etwas später und höher auf der Alb begann Schneematsch die Straße zu
bedecken, also fuhr ich mit etwa 60-80 km/h vorsichtig in der von den Auto-
reifen freigemachten Spur. Noch weiter und höher, und die Schneedecke war
geschlossener Matsch. In meinem Kopf beginnen Zahlen zu kreisen, was eine
Verkleidung, ein Spiegel, ein Bremshebel usw. kosten :-) Endlich, eine
Ortschaft (die erste nach -zig Kilometern).

In der Ortschaft dann fängt die Maschine an zu rutschen und schlingern, und
beim Gasgeben dreht der Hinterreifen leicht durch. An einer Telefonzelle
beschließe ich, anzuhalten und Manne anzurufen, daß ich wohl etwas spæ
4ter
komme. Nach dem Absteigen und über die Straße laufen haut es mich fast hin
so glatt ist das (an welchen Comic erinnert mich das? :-) Also will ich in
den Gasthof 100m zurück, um mal abzuwarten und nachzudenken. Und beim
Versuch, in den Parkplatz zu fahren passiert es: Die Amsel driftet zur
Seite, die Räder rutschen weg. Ich versuche noch, mit dem Fuß abzufangen,
aber mein Schuh rutscht einfach weg im Schnee. Bums! 300km auf dem Tacho
und erster Bodenkontakt. Ich zitiere: "Bist du schon mal vor der 1000km-
Inspektion gestürzt oder umgefallen? (+3)" Hart verdiente Punkte :-) OK,
passiert ist nichts, mein Stolz ist mehr angekratzt als die Amsel. Immerhin
hält sofort ein Autofahrer, ruft "Ich helfe!", schnappt sich ein paar Hand-
schuhe aus dem Kofferraum und kommt mir zur Hilfe.

Rein in den Gasthof, dort die üblichen Blicke der Leute, das ganze Spektrum
eben von "Der Arme!" bis "Der Irre!". Also erstmal ein Kännchen Kaffee
bestellt und überlegt: "Es wird wohl nur noch kälter, bald gefriert es, es
hat keinen Sinn mehr weiterzufahren." So will ich mich also der Lächerlichkeit
Preis geben und in Ulm anrufen, man möge mich mit der Dose abholen. Am Ende
des Kaffeekännchens ruf ich Manne an, erzähl ihr alles. Sie will einen Plan
machen und mich zurückrufen. Ein weiteres halbes Kännchen Kaffe später
Anruf von Töff: Sie kommen mit seinem Bus und können sogar mein Mopped ein-
laden. Wau, besser als gedacht :-) Noch ein halbes Kännchen Kaffee später
Anruf von Manne: Die anderen sind jetzt losgefahren. Also noch ein 3. Kännchen
Kaffee bestellt und aus Langweile fing ich an, mein Fahrerhandbuch zu lesen,
sonst hab ich ja nichts dabei (Junge Junge, was da so alles drinsteht,
doch interessant :-). Gegen 20h treffen BigTwin und Waldi ein mit
Töffs Bus. Beim Rausgehen die große Überraschung für mich: Es ist wieder
wärmer geworden, der Schnee weggetaut, es regnet nur noch. ARGH, wie peinlich,
da hätt ich ja doch selbst fahren können. Na gut, eine halbe Stunde und
zwei Teller Pommes später ist die Amsel im Bus und wir stellen fest, daß
nun Warmduscher #2, #3 und #24 standesgemäß im Bus, ein nach dem patentierten
Piller-Prinzip mitgeführtes Mopped hintendrin, unterwegs sind zu Warm-
duscherin #5 :-) In Ulm dann ausladen (Waldi und Manne machten kräftig pein-
liche Fotos :-) und bei Töff den Bus wieder abgeben. Gegen 22:30 ging es dann
endlich weiter Richtung Nürnberg, ebenfalls ein Horrortrip, den aber jemand
anders erzählen darf.
-- 
Jerome Waibel (noch 17515 Tage zu leben)           CBR1100XX ABK 1.8 _o&o_
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"Mind if we call you "Bruce" to keep it clear?"