From: Uwe Jarczynski, rrr111@rrr.net
Subject: Versicherungsschutz oder nicht
Date: Fri, 25 Oct 1996 20:11:21 GMT
Organization: denied

Hallo drm,

Letztens sind hier wieder heftige Diskussionen darueber aufgetaucht,
welche Massnahmen am Motorrad zum Verlust des Versicherungsschutzes
fuehren koennen. Eigentlich wollte ich nochmal einen ausfuehrlichen
Artikel dazu schreiben, aber da ich ja kein GRR bin kam mir das Thema
doch ziemlich bekannt vor. Bei dejanews bin ich dann auch fuendig
geworden und poste meinen damaligen Artikel einfach nochmal (aus
nostalgischen Gruenden mit Original-Sig :-)

Uwe

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Subject:      Re^99  Ohne Drossel / Versicherungen / usw.
From:         UJ@uwe.ruhr.de (Uwe Jarczynski)
Date:         1995/12/13
Message-Id:   <5zlT-vncK8B@uwe.ruhr.de>
Organization: ... we aren't to organize
Content-Type: text/plain; charset=ISO-8859-1
Mime-Version: 1.0
Newsgroups:   de.rec.motorrad

Hallo Ihr Hobbytuner !

Wie angedroht, ein längerer Erguss zum Thema Versicherungs- und
sonstige
Konsequenzen beim illegalen Entdrosseln von Motorrädern.

Disclaimer :
Dies kann, will, soll und darf keine Rechtberatung sein !!
Dieser Artikel stellt keine, wie immer geartete, moralische Wertung
des Versicherungsbetrugs oder der Nichtbeachtung von Gesetzen dar !
(Ich hoffe das reicht als Flame-Wall ;-))

Da ich juristisch völliger Laie bin, kann ich hier nur unkommentiert
wiedergeben, was Fachleute mir erzählt haben. Bei irgendwelchen Rück-
fragen seit Ihr bei mir daher auch ganz sicher an der falschen Adresse
!

Dominic : Trotz heftiger Recherchen in den letzten Tagen konnte ich
          das Thema nicht mit letzter Sicherheit klären. Daher halte
          ich auch die Aufstellung der Bedingungen einzelner
Versicherer
          in der FAQ für nicht sinnvoll. Sie offensichtlich am Problem
          vorbei.

                           I n h a l t
                           -----------
        1. Die Profis
        2. Die Datenbanken
        3. Und sonst ?
        4. Facit : Nix genaues weiß man nicht !

        (wem das reicht, der kann hier schon aufhören zu lesen)

1. Die Profis
   Ich frage zwei Profis, einer ist Abteilungsleiter der Kraftfahrt-
   Schaden-Abteilung eines Dortmunder Versicherungsunternehmens und
Jurist,
   nennen wir ihn einfach mal *A*.Der andere (*B*) ist seit über 10
Jahren
   für die Gestaltung der Versicherungsbedingungen dieses Versicherers
   zuständig.
   Und bekomme natürlich zwei gegensätzliche Antworten.

   *B* meint, der Par. 7 I.(2) der Allgemeinen Bedingungen für die
   Kraftfahrtversicherung (AKB) (in der für sein Unternehmen gültigen
   Version) ist für diesen Fall maßgeblich :
     "Die Leistungsfreiheit des Versicherers ist auf einen Be-
      trag von maximal DM 5.000 beschränkt. Bei vorsätzlich
      begangener Verletzung der Aufklärungs- oder Schaden-
      minderungspflicht (z.B. bei unerlaubtem Entfernen vom
      Unfallort, unterlassener Hilfeleistung, Abgabe wahrheits-
      widriger Angaben gegenüber dem Versicherer), wenn diese
      besonders schwerwiegend sind, erweitert sich die Leistungs-
      freiheit auf einen Betrag von DM 10.000,."

   Dagegen ist *A* der Meinung, aus dem Versicherungsvertrags-
   gesetz (VVG) ein unbegrenzte Leistungsfreiheit des Versicherers
   ableiten zu können. Hier kämen insbesondere die Par. 16 bis 21
   (die Drossel war schon bei Abschluss des Versicherungsvertrages
raus),
   sowie die Par. 22 bis 25 (Drossel später ausgebaut) zum tragen.
   (ich hatte keine Lust, die hier auch noch abzutippen, Ihr solltet
   die aber haben, da die meisten Versicherer Auszüge aus dem VVG
   im Kleingedruckten mitschicken. Und das würde doch niemand weg-
   schmeissen, oder ?  ;-))

   Die beiden Profis verteidigten ihre jeweiligen Standpunkte recht
heftig,
   konnten sich aber nur in relativ nebensächlichen Punkten einigen :
   a. Es ist von der Versicherung der Beweis zu erbringen, das der
Zustand
      des Fahrzeugs ursächlich für den Unfall war.
   b. Diesen Beweis für ein Motorrad mit 125 (oder so) statt 98 PS
      zu erbringen, dürfte der Versicherung nur in absoluten
Ausnahmefällen
      gelingen.
   c. In diesen Ausnahmefällen müssen sich wahrscheinlich nur noch die
      Erben des Motorradfahres mit dem Problem herumschlagen.
   d. Es wird ein langer Rechtstreit werden (und lang heißt bei Ver-
      sicherungen wirklich lang).
   e. Bis jetzt ist bei diesem Versicherer so ein Fall noch nicht
durch-
      gezogen worden.

2. Die Datenbanken
   Mit Hilfe eines Kollegen suchen wir in Assdata und Juris sowie
diverser
   Sekundärliteratur rechtskräftige Urteile, die in irgendeinem
Zusammen-
   hang mit dem Thema stehen.
   Direkte Treffer können wir leider nicht landen, hatten aber viel
Freude,
   als wir auf Urteile im Zusammenhang mit abgefahrenen Reifen trafen.

   Es ist allgemein bekannt,wahr und sogar rechtskräftig, daß auf
trockener
   Straße abgefahrene Reifen gegenüber neuen Reifen im Vorteil sind,
und
   damit bei einem Unfall keine negativen Auswirkungen auf den
Versicher-
   ungsschutz haben müssen.
   (BGH VerR 1968,785; VersR 1969,748; OLG Karlsruhe VersR 1986,882)

   Es gibt sogar ein Urteil zu dem Fall, bei dem ein Pkw mit
abgefahrenen
   Reifen im Regen einem anderen draufgefahren ist, der
Sachverständige
   aber zu dem Schluss kommt, daß der Bremsweg auch mit genügend
Profil
   nicht ausgereicht hätte. Ebenfalls also keine
Versicherungsrechtlichen
   Auswirkungen.
   (BGH VersR 1969,987; OLG Nürnberg VersR 1971,853)

   In einem weiteren Fall war ein Pkw mit abgefahrenen Reifen im Regen
   ungebremst in seinen Vordermann geraschelt. Auch hier entschied das
   Gericht, daß der Zustand der Reifen für den Unfallhergang
unerheblich
   sei.
   (OLG Nürnberg VersR 1965,175)

   Selbst nicht funktionierende Bremsen führen bei einem Unfall nicht
   zwangsläufig zu Schwierigkeiten mit dem Versicherer, wenn man gar
   nicht versucht hat, zu bremsen !
   (ich frage mich, wie der Fahrer *das* bewiesen hat !)

   Auch wenn die Fälle nicht unmittelbar mit der ursprünglichen Frage
   vergleichbar sind, kann man ziemlich gut erkennen, wie schwierig es
   für eine Versicherung ist, den Zustand des Fahrzeuges als
ursächlich
   für den Unfall zu beweisen.

3. Und sonst ?
   Neben den Versicherungsrechtlichen Problemen kommen auf den Täter
bzw.
   Fahrer auf jeden Fall noch strafrechtliche Folgen zu.
   Welche Betriebserlaubnis wann und warum erlischt und welche Folgen
   das dann hat, dürfte in der FAQ bereits ausgiebig beschrieben sein.
   Kollege *A* zählte unter anderem hohe Geldstrafen, Fahrverbot (in
   der Regel 12 Monate), möglicherweise Idiotentest und erneute
Führer-
   scheinprüfung auf, wobei die Liste keinen Anspruch auf
Vollständigkeit
   erhebt.

4. Facit : Nix genaues weiß man nicht !
   Da mir das aber auch völlig egal ist (weil Juristenkram mich
nervt),
   schlage ich vor:

   Wenn irgend jemand es genauer wissen möchte, ist das Problem
   vielleicht in einer der Juristen-Newsgroups besser aufgehoben.
   Sollen die sich doch fetzen, möglicherweise kommt sogar eine
   Antwort. (ROTFL BTC.)

Uwe
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    Essen          /          /            /         sind auch 3 R :-)
                  reisen     rasen        reparieren
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Uwe Jarczynski                                           http://www.ruhr.de/home/uwe/

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