Hallo, Lackierer !
Nachdem in diesem Thread schon einiges ueber Sinn(losigkeit)
von Alu- und/oder hochtemperaturfesten Lackierungen berichtet
worden ist, moechte ich nun auch meine (teils leidvollen)
Erfahrungen zum besten geben:
1) Um Aluminium blank/poliert zu kriegen ist es NICHT
SANDZUSTRAHLEN ! Die so aufgerauhte Oberflaeche ist
zwar oxidfrei aber so rauh, dass man sie nur feucht/fettig
anschauen muss, um keine/n Grundierung/Lack mehr haften
zu lassen (s. Alu lackieren). Ausserdem poliert man sich DUMM
und DUSSELIG. Ich weiss, wovon ich spreche...
2) Zum Entfernen von Oxidschichten/altem Lack/Pulver sollte man
das Objekt der Begierde zum GLASSTRAHLEN (evtl. falls machbar
Fluessigkeitsstrahlen - hier habe ich keine Erfahrungen -
GEBEN, falls man nicht das erforderliche know-how oder die
Anlage hat. Es gibt Werkstaetten/Firmen, die kuemmern sich
um 1 Felge fuer ca. DM 20,--. Da lohnt es sich nicht, 2 Stunden
zu buckeln, um guthaftende Reste einer Pulverbeschichtung/
Eloxierung abzustrahlen...
3) Die so vorbehandelte Oberflaeche ist in mehreren Gaengen auf der
Poliermaschine zu polieren (evtl. mit flexibler Welle), mit je-
weils feiner werdender Koernung. Das kann mit Polierhauben,
Schwabbelscheiben, Nylonbuersten UND Wachsen/Liquids o.Ae. ge-
schehen, NIEMALS jedoch trocken ! (Gibt Riefen)
4) Auf einer blanken/spiegelnden Aluoberflaeche HAELT KEIN LACK !!
Glaubt mir's ! Die einzige Moeglichkeit ist eine elektrostatische
Pulverbeschichtung mit transparentem Pulver. Das gibt's wahlweise
auch hochtemperaturfest, ist in jedem Falle aber ziemlich teuer
und eigentlich auch nicht noetig. [Eine regelmaessige Pflege mit
Chrom-/Alupflegemittel (enthaelt Hartwachse) reichen als Schutz
der (nicht zu stark beanspruchten) Stellen...]
Alufelgen mit poliertem Rand bei A*tos z.B. sind Pulverbeschichtet.
Schon mal versucht, mit einem Glasstrahlgeraet diese Schicht ab-
zubekommen ?!? Lasst es bleiben. Das dauert Stunden [siehe 2)] !
Nebenbei: Aluminium 'gast' manchmal aus, besonders wenn es sich
um Pulverpressguss oder Sintermaterial handelt. Eine Alufelge
meines Golf hatte hernach im Klarlack unzaehlige kleine Nadel-
stiche, durch die der Korrosionsgilb dann wieder begann. Also:
An unauffaelliger Stelle ausprobieren !
5) Thermisch belastete Stellen aus blankem Alu sind unbeschichtet zu
lassen oder pulverzubeschichten. Durch Spannungen und wegen der
glatten Oberflaeche haftet KEIN (mir bekannter) Klarlack. Auch
kein noch so guter 2-K-Acryllack und schon gar kein Spruehdosen-
lack !
6) Sonstige Stellen aus Alu/Stahl/Guss, die einen farbigen Anstrich
bekommen sollen, sind sandzustrahlen (sandstrahlen zu lassen) bis
auf's blanke Metall. Anschliessen ist eine materialspezifische
Grundierung aufzutragen. Fuer Alu/Stahl/Guss hat sich der ocker-
gelbe 2-komponentige (1:1) PKW-Grund (z.B. von Maurer-Lackierung)
bewaehrt. Mit der Spritzpistole SOFORT nach dem Strahlen in einer
ggf. mehreren _duennen_ Schichten auftragen. Damit werden Narben
(z.B. Rost, vom Sandstrahlen) geschlossen. Die Oberflaeche MUSS
selbstverstaendlich FETTFREI und sauber sein (keine Fingerabdruecke).
Waschbenzin REICHT hierfuer NICHT ! Besser ist Nitro/Acrylverduennung
und wer's perfekt liebt nimmt noch Silikonentferner.
Die Grundierung GUT TROCKNEN lassen (12h bei Raumtemperatur, kuerzer
in der Trockenkammer). Anschliessend, falls erforderlich, LEICHT an-
schleifen (Koernung 400/600/800/1200) um etwaige Unebenheiten zu be-
seitigen. Alternativ funktioniert ein im Spritzverfahren aufge-
tragenen Polyesterfiller (auf Untergrundvertraeglichkeit achten !).
Die nun glatte Oberflaeche kann mit 2-K Acryllacken (Spruehdosen-
lacke werden nicht so hart, haften schlechter und sind nicht gut
bestaendig gegen Benzin o.Ae.) gespritzt Lack:Haerter:Verduenner
3:2:1 (oder wie angegeben) werden. Als Haerter empfiehlt sich die
Ausfuehrung 'kurz' (nicht 'normal' oder gar 'lang': Ist fuer Ein-
brennkammern, 'sehr kurz' wird schon fast in der Luft hart...),
die Lackierung erfolgt im Kreuzgang, zuerst nicht deckend in den
schlecht erreichbaren Stellen, spaeter die letzte Schicht satt und
deckend spritzen. Gut trocknen lassen (evtl. Trockenkammer), min-
destens 24 Stunden.
Klarlackieren: Den unbehandelten Decklack nach der Trocknung sofort
mit 1-2 duennen Schichten Klarlack (vorsicht: sehr duennfluessig,
gibt gerne Laeufer) ueberlackieren. Trocknen lassen.
Polieren etwaiger Spruehnebel/Wachsen/Waschen erst NACH ca. 2 WOCHEN.
Sonst gibt's RIEFEN !
7) Rostschutz: Bei rostanfaelligen Stellen:
a) Zinkphospatierung auf's blanke Metall (machen viele Sandstrahlbe-
triebe im Paket mit dem Strahlen)
oder
b) Flammspritzverzinkung auf's blanke Metall (s.ob., Vorsicht bei
thermisch empfindlichen Materialien. Es heisst nicht umsonst
FLAMMspritzverzinkung !!)
oder
c) Eine (duenne) Schicht Rampozinc (Zinkstaubfarbe) mit Nitro-
verduennung (oder passende) auf's blanke Metall pinseln oder
spritzen
oder
WICHTIG: Nur Stahl/Guss/Eisen bedarf einer solchen Behandlung.
Fuer ALU/V2A-,V4A-Edelstahl/Chrom ist das VERGEBLICHE LIEBESMUEH' !
d) Eine (duenne) Schicht Aluminiumspruehfarbe (evtl. spritzfaehig
verduennen) auftragen. Immer auf's blanke Metall, sonst ist der
elektrochemische Rostschutz nicht gegeben. Hier auf richtige
Grundierung achten !
dann
8)
a) Pulverbeschichten. Das ist der Koenigsweg, da Pulverschichten
immer haerter, belastbarer, kratzfester und dicker sind als je-
der Lack. Glaenzt aber evtl. nicht sehr gut, ist teurer und man
muss das Teil mit akribisch verschlossenen Hohlraeumen (Stopsel)
und fachmaennisch vorbehandelt zur Firma tragen...
oder
b) Grundieren/Fillern mit PKW-Grund/Polyesterfiller. Noch ein Wort
zum PKW-Grund: Wird 1:1 Basissubstanz:Beschleuniger gemischt,
trocknet relativ schnell und wirkt als idealer Haftvermittler
zwischen metallischen Stellen und Polyesterspachtel, Lack, etc.
Ich arbeite inzwischen nie mehr ohne. Verbessert auch die Optik
und Deckfaehigkeit des Lackes ganz enorm.
und
c) mit 2-K-Acryl lackieren. Geht mit weniger Aufwand, ist billiger
und gibt's in allen (sogar Original-Mopped-) Farben. Ich habe bei
meiner Dose den Stabi (ist unter der Vorderachse) zuerst ge-
strahlt, dann mit Rampo [c)] geschuetzt, grundiert [PKW-Grund] und
anschliessend mit LA3A-Acryl (marsrot, gibt Poseroptik. Haben
schon mehrere TUeV-Pruefer stirngerunzelt:
'Iss der orichinool ?'). Haelt ewig. Rostet nicht.
Tip: Nicht den Originalfarbton vom Moppedhaendler kaufen (Apo-
thekerpreise) sondern mit einem ein Moppedfarbe lackiertem,
sauberen Teil zum Farbengeschaeft und sich aus der Vegleichs-
tabelle einen passenden Farbton mischen lassen. Auswaehlen bei
TAGESLICHT. Kostet ca. DM 50,-- der 1/2 l Acryllack.
oder
d) Aus der Spruehdose lackieren oder Pinseln. Hat (bereits oben er-
waehnte) Nachteile.
Thermisch belastete (nicht spiegelnd blanke) Stellen aus Nichtaluminium-
materialien:
9) Schwieriges Thema. Alle mir bekannten Alu-/Zink-Spritzfarben haften
zwar auf solchen Stellen, brennen aber ab ca. 300 Grad mit der Zeit ab,
blaettern und gilben. Bis ca. 200-300 Grad funktionierte bei mir noch
der PKW-Grund incl. 2-K-Acryllack. Zum Bremstrommeln/-Saettel lackieren
reicht's also. Falls es an den Auspuff oder schlimmer: Kruemmer geht,
muss auf hitzefeste Lacke umgestiegen werden.
a) Rostschutz: Nur Zinkphosphatieren/flammspritzverzinken haelt wirk-
lich dauerhaft. Alle anderen Methoden (speziell wenn ohne Deck-
lack) werden irgendwann gilben/broeseln/platzen oder abblaettern.
Leider.
b) Decklack: Es soll spritzfaehige 2-K-Lacke geben, die auch Tempe-
raturen bis 800 Grad (koennte beim Kruemmer aber immer noch heikel
sein) aushalten. Hier braucht's aber Spezialgrundierung/Spezial-
haerter. Ansonsten gibt's noch hochtemperaturfeste Lacke aus der
Dose oder Ofenlacke. Die haben z.T. Metall-/Eloxalanteil und haften
auf gut vorbereiteten Stellen vergleichsweise gut (aber nicht
ewig). Ein Spezl von mir schwoert auf Ofenlacke. Die sollen irgend-
wie oelhaltig sein und brennen sich zu einer harten Kruste ein.
Pferdefuss: Gibt's nur in schwarz.
Vorsicht: Die meisten HT-Lacke brauchen zum AUSHAERTEN auch eine
relativ hohe Temperatur (etwa 300 Grad) um RICHTIG FEST zu werden.
Daher sind Motorbloecke und Auspuffe von der 'Hausfrau unbemerkt'
im Backofen einzulagern... ;))
c) Hochtemperaturfeste Pulver: Wer Geld hat, moege sich fuer diesen
Weg entscheiden. Da ist naemlich Vorbehandlung/Rostschutz/Be-
schichtung incl. und man hat REKLAMATIONSMOEGLICHKEIT !
10) Ein Wort zum Thema 'Steinschlagschutz':
a) Auf Plastikteilen haben sich spezielle transparente Folien (im
Zweifel selbstklebende Plastikfolie) z.B. aus dem A*tobereich
bewaehrt.
b) Spoiler, Buegel, Radlaeufe, unbehandelte Stahlschwingen kann man
so duenn mit Steinschlagschutzspray (zwischen Grundierung und
Lack) einspuehen, dass es keine Orangenhaut gibt. Evtl. bis etwa
1mm Dicke wiederholen. Trocknen lassen. Leicht anschleifen
(400er) dann mit 2-K-Acryl lackieren. Wer's ganz professionell
machen will, gibt einen Schuss sog. 'Weichmacher' dem Lack hin-
zu. Der verhindert, dass der Lack abplatzt, weil er trotz Benzin-
bestaendigkeit und voller Aushaertung immer noch ein bischen nach-
gibt. Statt Loechern gibt's also nur kleine Puenktchen oder Dellen.
c) Steinschlagschutzwachs. Gibt's zum Spruehen, muss gelegentlich er-
neuert werden. Eher fuer Dosen zu empfehlen.
11) Plastik lackieren:
Feststellen, um welche Plastiksorte es soch handelt. Auf Weich-PVC,
PET habt ihr KEINE Chance ! (Trifft leider auch fuer so einige
Plastiktanks zu... Da helfen nur Aufkleber ;)) )
Thermoplaste, PVC-Hart, GFK, Makrolon, PS etc. klappt eigentlich
ganz gut.
a) Mit Plastikreiniger reinigen, leicht aufrauhen (400er). Nicht ueber-
treiben, sonst gibt's Riefen. KEIN EXZENTERSCHLEIFER, KEIN HOHER
DRUCK. Es sei denn, ihr habt ein wirklich feinfuehliges Haendchen...
Nochmal reinigen.
b) Kunststoff-Haftvermittler auftragen. Gibt transparenten Film.
c) Auf die noch feuchte Schicht entweder
i) Kunststoffgrundierung
oder
ii) 2-K-Acryllack auftragen.
Hier evtl. (an biegebelasteten Stellen) Weichmacher hinzufuegen.
d) Trocknen lassen. Evtl. leicht anschleifen (600/800er) und noch Lack-
schichten
oder
e) Klarlack (ohne Weichmacher) hinzufuegen.
So, das war's. Falls es noch Fragen (oder Antworten) gibt, koennt ihr
euch ja bei mir ruehren. Viel Erfolg beim Basteln. Hoffentlich habe ich
jetzt einige Hobbyisten nicht verschreckt mit den vielen Waesserchen und
Mittelchen... Leider gibt's ein wirklich (Semi)Professionelles Resultat
auch nur, wenn man professionelle Methoden anwendet. Das wollte ich zu-
erst auch nicht glauben und bin so nach und nach durch Trial-and-error
dahintergekommen. Also: IMHO sind die Spraydosen/etc. die bei HG, Aldi
und Konsorten kaeuflich erwerbbar sind nur Flickwerk. Wer sich damit
abfindet - Gut. Ich jedenfalls wuerde kein Mopped auseinanderreissen
nur damit die sich Farbe 1/2 Jahr spaeter wieder verabschiedet...
Wichtig ist auch: Zeit lassen ! Was dabei rauskommt, wenn man die ein-
zelnen Schichten nicht trocknen laesst, konnte ich am Schweller meines
Golf bewundern, den ich (ausnahmsweise) eines Winters bei
VAG Auto Rapp Karlsfeld GmbH
reparieren/lackieren und 2x nachlackieren liess, da der Steinschlag-
schutz nicht hart wurde und Blaeschen durch den Lack trieb... PECH.
Bis dann,
Volker
P.S.: Woher ich das alles weiss ? Als Student befleissigt man sich
kleinerer Nebenjobs um sich finanziell ueber Wasser zu halten...
Ausserdem standen letztes Jahr einige Generalsanierungen und
Wohnwagenumbauten an bei denen meine Kumpels und ich unser erworbenes
Wissen beweisen mussten.