From: Volker Bartheld, bartheld@afmp04.mppmu.mpg.de
Subject: Re: Metall/Alu/Auspuff/Plastik lackieren, Hochtemperaturfestigkeit
Date: Sun, 06 Oct 1996 09:57:10 +0200
Organization: Max Planck Institut fuer Physik

Hallo, Lackierer !

Nachdem in diesem Thread schon einiges ueber Sinn(losigkeit)
von Alu- und/oder hochtemperaturfesten Lackierungen berichtet
worden ist, moechte ich nun auch meine (teils leidvollen)
Erfahrungen zum besten geben:

1) Um Aluminium blank/poliert zu kriegen ist es NICHT
   SANDZUSTRAHLEN ! Die so aufgerauhte Oberflaeche ist
   zwar oxidfrei aber so rauh, dass man sie nur feucht/fettig
   anschauen muss, um keine/n Grundierung/Lack mehr haften
   zu lassen (s. Alu lackieren). Ausserdem poliert man sich DUMM
   und DUSSELIG. Ich weiss, wovon ich spreche...

2) Zum Entfernen von Oxidschichten/altem Lack/Pulver sollte man
   das Objekt der Begierde zum GLASSTRAHLEN (evtl. falls machbar
   Fluessigkeitsstrahlen - hier habe ich keine Erfahrungen -
   GEBEN, falls man nicht das erforderliche know-how oder die
   Anlage hat. Es gibt Werkstaetten/Firmen, die kuemmern sich
   um 1 Felge fuer ca. DM 20,--. Da lohnt es sich nicht, 2 Stunden
   zu buckeln, um guthaftende Reste einer Pulverbeschichtung/
   Eloxierung abzustrahlen...

3) Die so vorbehandelte Oberflaeche ist in mehreren Gaengen auf der
   Poliermaschine zu polieren (evtl. mit flexibler Welle), mit je-
   weils feiner werdender Koernung. Das kann mit Polierhauben,
   Schwabbelscheiben, Nylonbuersten UND Wachsen/Liquids o.Ae. ge-
   schehen, NIEMALS jedoch trocken ! (Gibt Riefen)

4) Auf einer blanken/spiegelnden Aluoberflaeche HAELT KEIN LACK !!
   Glaubt mir's ! Die einzige Moeglichkeit ist eine elektrostatische
   Pulverbeschichtung mit transparentem Pulver. Das gibt's wahlweise
   auch hochtemperaturfest, ist in jedem Falle aber ziemlich teuer
   und eigentlich auch nicht noetig. [Eine regelmaessige Pflege mit
   Chrom-/Alupflegemittel (enthaelt Hartwachse) reichen als Schutz
   der (nicht zu stark beanspruchten) Stellen...]
   Alufelgen mit poliertem Rand bei A*tos z.B. sind Pulverbeschichtet.
   Schon mal versucht, mit einem Glasstrahlgeraet diese Schicht ab-
   zubekommen ?!? Lasst es bleiben. Das dauert Stunden [siehe 2)] !
   Nebenbei: Aluminium 'gast' manchmal aus, besonders wenn es sich
   um Pulverpressguss oder Sintermaterial handelt. Eine Alufelge
   meines Golf hatte hernach im Klarlack unzaehlige kleine Nadel-
   stiche, durch die der Korrosionsgilb dann wieder begann. Also:
   An unauffaelliger Stelle ausprobieren !

5) Thermisch belastete Stellen aus blankem Alu sind unbeschichtet zu
   lassen oder pulverzubeschichten. Durch Spannungen und wegen der
   glatten Oberflaeche haftet KEIN (mir bekannter) Klarlack. Auch
   kein noch so guter 2-K-Acryllack und schon gar kein Spruehdosen-
   lack !

6) Sonstige Stellen aus Alu/Stahl/Guss, die einen farbigen Anstrich
   bekommen sollen, sind sandzustrahlen (sandstrahlen zu lassen) bis
   auf's blanke Metall. Anschliessen ist eine materialspezifische
   Grundierung aufzutragen. Fuer Alu/Stahl/Guss hat sich der ocker-
   gelbe 2-komponentige (1:1) PKW-Grund (z.B. von Maurer-Lackierung)
   bewaehrt. Mit der Spritzpistole SOFORT nach dem Strahlen in einer
   ggf. mehreren _duennen_ Schichten auftragen. Damit werden Narben
   (z.B. Rost, vom Sandstrahlen) geschlossen. Die Oberflaeche MUSS
   selbstverstaendlich FETTFREI und sauber sein (keine Fingerabdruecke).
   Waschbenzin REICHT hierfuer NICHT ! Besser ist Nitro/Acrylverduennung
   und wer's perfekt liebt nimmt noch Silikonentferner.
   Die Grundierung GUT TROCKNEN lassen (12h bei Raumtemperatur, kuerzer
   in der Trockenkammer). Anschliessend, falls erforderlich, LEICHT an-
   schleifen (Koernung 400/600/800/1200) um etwaige Unebenheiten zu be-
   seitigen. Alternativ funktioniert ein im Spritzverfahren aufge-
   tragenen Polyesterfiller (auf Untergrundvertraeglichkeit achten !).

   Die nun glatte Oberflaeche kann mit 2-K Acryllacken (Spruehdosen-
   lacke werden nicht so hart, haften schlechter und sind nicht gut
   bestaendig gegen Benzin o.Ae.) gespritzt Lack:Haerter:Verduenner
   3:2:1 (oder wie angegeben) werden. Als Haerter empfiehlt sich die
   Ausfuehrung 'kurz' (nicht 'normal' oder gar 'lang': Ist fuer Ein-
   brennkammern, 'sehr kurz' wird schon fast in der Luft hart...),
   die Lackierung erfolgt im Kreuzgang, zuerst nicht deckend in den
   schlecht erreichbaren Stellen, spaeter die letzte Schicht satt und
   deckend spritzen. Gut trocknen lassen (evtl. Trockenkammer), min-
   destens 24 Stunden.

   Klarlackieren: Den unbehandelten Decklack nach der Trocknung sofort
   mit 1-2 duennen Schichten Klarlack (vorsicht: sehr duennfluessig,
   gibt gerne Laeufer) ueberlackieren. Trocknen lassen.

   Polieren etwaiger Spruehnebel/Wachsen/Waschen erst NACH ca. 2 WOCHEN.
   Sonst gibt's RIEFEN !

7) Rostschutz: Bei rostanfaelligen Stellen:
   a) Zinkphospatierung auf's blanke Metall (machen viele Sandstrahlbe-
      triebe im Paket mit dem Strahlen)
oder
   b) Flammspritzverzinkung auf's blanke Metall (s.ob., Vorsicht bei
      thermisch empfindlichen Materialien. Es heisst nicht umsonst
      FLAMMspritzverzinkung !!)
oder
   c) Eine (duenne) Schicht Rampozinc (Zinkstaubfarbe) mit Nitro-
      verduennung (oder passende) auf's blanke Metall pinseln oder
      spritzen
oder

   WICHTIG: Nur Stahl/Guss/Eisen bedarf einer solchen Behandlung.
   Fuer ALU/V2A-,V4A-Edelstahl/Chrom ist das VERGEBLICHE LIEBESMUEH' !

   d) Eine (duenne) Schicht Aluminiumspruehfarbe (evtl. spritzfaehig
      verduennen) auftragen. Immer auf's blanke Metall, sonst ist der
      elektrochemische Rostschutz nicht gegeben. Hier auf richtige
      Grundierung achten !
dann
8)
   a) Pulverbeschichten. Das ist der Koenigsweg, da Pulverschichten
      immer haerter, belastbarer, kratzfester und dicker sind als je-
      der Lack. Glaenzt aber evtl. nicht sehr gut, ist teurer und man
      muss das Teil mit akribisch verschlossenen Hohlraeumen (Stopsel)
      und fachmaennisch vorbehandelt zur Firma tragen...
oder
   b) Grundieren/Fillern mit PKW-Grund/Polyesterfiller. Noch ein Wort
      zum PKW-Grund: Wird 1:1 Basissubstanz:Beschleuniger gemischt,
      trocknet relativ schnell und wirkt als idealer Haftvermittler
      zwischen metallischen Stellen und Polyesterspachtel, Lack, etc.
      Ich arbeite inzwischen nie mehr ohne. Verbessert auch die Optik
      und Deckfaehigkeit des Lackes ganz enorm.
und
   c) mit 2-K-Acryl lackieren. Geht mit weniger Aufwand, ist billiger
      und gibt's in allen (sogar Original-Mopped-) Farben. Ich habe bei
      meiner Dose den Stabi (ist unter der Vorderachse) zuerst ge-
      strahlt, dann mit Rampo [c)] geschuetzt, grundiert [PKW-Grund] und
      anschliessend mit LA3A-Acryl (marsrot, gibt Poseroptik. Haben 
      schon mehrere TUeV-Pruefer stirngerunzelt:
      'Iss der orichinool ?'). Haelt ewig. Rostet nicht.
      Tip: Nicht den Originalfarbton vom Moppedhaendler kaufen (Apo-
      thekerpreise) sondern mit einem ein Moppedfarbe lackiertem,
      sauberen Teil zum Farbengeschaeft und sich aus der Vegleichs-
      tabelle einen passenden Farbton mischen lassen. Auswaehlen bei
      TAGESLICHT. Kostet ca. DM 50,-- der 1/2 l Acryllack.
oder
   d) Aus der Spruehdose lackieren oder Pinseln. Hat (bereits oben er-
      waehnte) Nachteile.

Thermisch belastete (nicht spiegelnd blanke) Stellen aus Nichtaluminium-
materialien:

9) Schwieriges Thema. Alle mir bekannten Alu-/Zink-Spritzfarben haften
zwar auf solchen Stellen, brennen aber ab ca. 300 Grad mit der Zeit ab,
blaettern und gilben. Bis ca. 200-300 Grad funktionierte bei mir noch
der PKW-Grund incl. 2-K-Acryllack. Zum Bremstrommeln/-Saettel lackieren
reicht's also. Falls es an den Auspuff oder schlimmer: Kruemmer geht,
muss auf hitzefeste Lacke umgestiegen werden.

  a) Rostschutz: Nur Zinkphosphatieren/flammspritzverzinken haelt wirk-
     lich dauerhaft. Alle anderen Methoden (speziell wenn ohne Deck-
     lack) werden irgendwann gilben/broeseln/platzen oder abblaettern.
     Leider.

  b) Decklack: Es soll spritzfaehige 2-K-Lacke geben, die auch Tempe-
     raturen bis 800 Grad (koennte beim Kruemmer aber immer noch heikel
     sein) aushalten. Hier braucht's aber Spezialgrundierung/Spezial-
     haerter. Ansonsten gibt's noch hochtemperaturfeste Lacke aus der
     Dose oder Ofenlacke. Die haben z.T. Metall-/Eloxalanteil und haften
     auf gut vorbereiteten Stellen vergleichsweise gut (aber nicht
     ewig). Ein Spezl von mir schwoert auf Ofenlacke. Die sollen irgend-
     wie oelhaltig sein und brennen sich zu einer harten Kruste ein.
     Pferdefuss: Gibt's nur in schwarz.

     Vorsicht: Die meisten HT-Lacke brauchen zum AUSHAERTEN auch eine
     relativ hohe Temperatur (etwa 300 Grad) um RICHTIG FEST zu werden.
     Daher sind Motorbloecke und Auspuffe von der 'Hausfrau unbemerkt'
     im Backofen einzulagern... ;))

  c) Hochtemperaturfeste Pulver: Wer Geld hat, moege sich fuer diesen
     Weg entscheiden. Da ist naemlich Vorbehandlung/Rostschutz/Be-
     schichtung incl. und man hat REKLAMATIONSMOEGLICHKEIT !

10) Ein Wort zum Thema 'Steinschlagschutz':

  a) Auf Plastikteilen haben sich spezielle transparente Folien (im
     Zweifel selbstklebende Plastikfolie) z.B. aus dem A*tobereich
     bewaehrt.

  b) Spoiler, Buegel, Radlaeufe, unbehandelte Stahlschwingen kann man
     so duenn mit Steinschlagschutzspray (zwischen Grundierung und
     Lack) einspuehen, dass es keine Orangenhaut gibt. Evtl. bis etwa
     1mm Dicke wiederholen. Trocknen lassen. Leicht anschleifen
     (400er) dann mit 2-K-Acryl lackieren. Wer's ganz professionell
     machen will, gibt einen Schuss sog. 'Weichmacher' dem Lack hin-
     zu. Der verhindert, dass der Lack abplatzt, weil er trotz Benzin-
     bestaendigkeit und voller Aushaertung immer noch ein bischen nach-
     gibt. Statt Loechern gibt's also nur kleine Puenktchen oder Dellen.

  c) Steinschlagschutzwachs. Gibt's zum Spruehen, muss gelegentlich er-
     neuert werden. Eher fuer Dosen zu empfehlen.

11) Plastik lackieren:
    Feststellen, um welche Plastiksorte es soch handelt. Auf Weich-PVC,
    PET habt ihr KEINE Chance ! (Trifft leider auch fuer so einige
    Plastiktanks zu... Da helfen nur Aufkleber ;))    )
    Thermoplaste, PVC-Hart, GFK, Makrolon, PS etc. klappt eigentlich
    ganz gut.

 a) Mit Plastikreiniger reinigen, leicht aufrauhen (400er). Nicht ueber-
    treiben, sonst gibt's Riefen. KEIN EXZENTERSCHLEIFER, KEIN HOHER
    DRUCK. Es sei denn, ihr habt ein wirklich feinfuehliges Haendchen...
    Nochmal reinigen.

 b) Kunststoff-Haftvermittler auftragen. Gibt transparenten Film.

 c) Auf die noch feuchte Schicht entweder
    i)  Kunststoffgrundierung
    oder
    ii) 2-K-Acryllack auftragen.
        Hier evtl. (an biegebelasteten Stellen) Weichmacher hinzufuegen.

 d) Trocknen lassen. Evtl. leicht anschleifen (600/800er) und noch Lack-
    schichten
oder
 e) Klarlack (ohne Weichmacher) hinzufuegen.

So, das war's. Falls es noch Fragen (oder Antworten) gibt, koennt ihr
euch ja bei mir ruehren. Viel Erfolg beim Basteln. Hoffentlich habe ich
jetzt einige Hobbyisten nicht verschreckt mit den vielen Waesserchen und
Mittelchen... Leider gibt's ein wirklich (Semi)Professionelles Resultat
auch nur, wenn man professionelle Methoden anwendet. Das wollte ich zu-
erst auch nicht glauben und bin so nach und nach durch Trial-and-error
dahintergekommen. Also: IMHO sind die Spraydosen/etc. die bei HG, Aldi
und Konsorten kaeuflich erwerbbar sind nur Flickwerk. Wer sich damit
abfindet - Gut. Ich jedenfalls wuerde kein Mopped auseinanderreissen
nur damit die sich Farbe 1/2 Jahr spaeter wieder verabschiedet...
Wichtig ist auch: Zeit lassen ! Was dabei rauskommt, wenn man die ein-
zelnen Schichten nicht trocknen laesst, konnte ich am Schweller meines
Golf bewundern, den ich (ausnahmsweise) eines Winters bei

 VAG Auto Rapp Karlsfeld GmbH

reparieren/lackieren und 2x nachlackieren liess, da der Steinschlag-
schutz nicht hart wurde und Blaeschen durch den Lack trieb... PECH.

Bis dann,
Volker

P.S.: Woher ich das alles weiss ? Als Student befleissigt man sich
kleinerer Nebenjobs um sich finanziell ueber Wasser zu halten...
Ausserdem standen letztes Jahr einige Generalsanierungen und
Wohnwagenumbauten an bei denen meine Kumpels und ich unser erworbenes
Wissen beweisen mussten.