From: JAstner, jastner@aol.com
Subject: Bericht Raid du Carpatie - lang
Date: 3 Sep 1996 11:34:52 -0400
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Hi,
ich war die letzten 11 Tage bei Endurotour rund um Rumaenien dabei,
veranstaltet von einem Franzosen mit Vollpension und Roadbook.
Es war fuer mich als Enduroanfaenger einfach genial, aber auch ziemlich
schwer. Die KTM LC4 meines Bruders ist zwar grundsaetzlich geeignet, hatt
aber ihre Macken. Anfangs braucht ich einen E-Starter - Ersatzstarter, der
mir die Kiste antrat, wenn ich wieder mal wie ein nasser Lappen
danebenhing. Irgendwann verstellten wir den Vergaser und bauten eine neue
Zuendkerze ein, dann wars ok, aber davon spaeter.

Anreise: langweilig, Auto mit Haenger, von Stuttgart bis Baia Mare sinds
1400 km, 19 Stunden Fahrzeit in 2 Tagen und in Baia Mare wussten die im
Hotel NICHTS von der Tour, wir standen da wie die Deppen und fuehlten uns
verschaukelt. 
Am naechsten Morgen klaerte sich das Ganze, das Hotel hatte den Preis 2
Tage vorher verdreifacht, der Organisatuer, Jean Christian Tirat hatte
umdisponiert und die Nachtschicht wusste das nicht.
Dann Prolog, ich fur die ersten 50 m Offroad und in der ersten Pfuetze
holte ich mir schon nasse Fuesse. Dann Schotterstrassen, Feldwege, durch
einen Bach, der mir zu schwer war, Kiste abgewuergt, Fuesse in Bach, nett,
dann Berg rauf und ueber eine Almwiese zur Spitze, ein Skipiste runter und
abends nach 30 km komplett fertig.
Ich dachte, das kann ja heiter werden, aber meine Fahrkuenste verbesserten
sich schnell.
Manchmal musste mir einer die KTM einen Schlammweg oder Huegel ein STueck
hochfahren, aber das passierte nicht nur mir, auch bessere Fahrer mussten
hin und wieder passen. 
Am schlimmsten war der dritte Tag, der Tag des Waldes. Wir fuhren  morgens
los und es begann zu regnen, nach 10 Minuten war ich klatschnass, die
Endurohose wirkt da wie ein Docht und fuellt die Stiefel mit Wasser. Man
bleibt stehen, leert die Stiefel aus, wringt die Socken aus. Nicht dass es
nachher trocken waere, nein, weniger Wasser im Stiefel ist einfach
waermer. Dann ging es durch den Wald bergauf, nasses Laub, nasse Wurzeln,
nasses Gras und der Fahrweg bestand aus 2 tiefen Rinnen, die als Bach
fungierten und einem schlammigen Mittelstreifen. Ich weiss nicht, wie oft
ich an dem Tag die Kiste umgeworfen, angetreten und wieder umgeworfen
habe. Irgendwann fur mir einer die Kiste das Schluesselstueck rauf und
oben stand ich vielleicht ein Viertelstunde im Regen, ich war so fertig,
dass ich einfach im Regen stand wie ein Steinpilz oder besser wie ein
Eierschwammerl. Die anderen mussten da auch teilweise passen. Ich fuhr
irgendwann weiter, verlor den Trupp, fand eine Wiese, ein Alm und dachte,
eine Alm hat einen Weg rauf und ein Weg rauf ist auch ein Weg runter. Also
war ich der erste am CP, Kontroll Point.
Die naechsten Tage lief es besser, das Wetter wurde auch zusehends besser,
einen Tag hatten wir noch schlammige Feldwege, wie auf Schmierseife
eierten wir rum.
Nach 5 Tagen Ruhetag, also Motorrad putzen, reparieren und einstellen.
Dabei stellt sich rau, dass fast keiner mehr Bremsbelag hatte, der wurde
im Schlamm runtergeschmirgelt wie mit der Flex. Also geht man in den
naechsten Laden, kauft sich neue Belaege, nein, in Rumaenien gibt es
keinen Motorradladen. Unser rumaenischer Mechaniker, Dan, fand
schliesslich eine Loesung. Er besorgte Reibscheiben von Autokupplungen,
nietete die auf den alten Bremsbelag drauf und saegt in seitlich ab.
Funktionierte prima.
Dann Sonntag in Sibiu, wir kamen zur Speedwaybahn, das stattfindende
Autocross wurde kurzerhand von 3 Endurorennen unterbrochen, die Tribuenen
war voll und die Leute kreischten bei Wheelies auf der Zielgerade. Ich
versaegte schon 2 Leute, meine Fahrkuenste wurden also besser.
Dann abends auf eine Berghuette, die KTM wollte nicht und sprotzte, der
Vergaser lief ueber, der Leerlauf versteckte sich und die Kupplung wirkte
gequaelt. Wir kamen in die Dunkelheit und irgendwann erbarmte sich einer,
nahm die KTM und quaelte sich damit ab. Ich trat eine Honda XR 600 an, die
lief natuerlich auf den ersten Tritt und die Kupplung war leichtgaengig,
nur das Licht war Scheisse. 
Am Morgen um 7 Uhr aufgestanden, vor der Berghuette die Kupplung
aufgemacht, nachgestellt, Zuendkerze getauscht und Vergaser aufgemacht.
Irgendwie bin ich dann draufgekommen, dass die Katl nur bergauf schwierig
zum antreten ist, wenn man die Kiste gerade hinstellt, laeuft sie auf den
ersten Tritt.
Dann ueber Wanderwege den Bergkamm entlang, die Landschaften in Rumaenien
sind toll, teilweise wie Oesterreich, huegelig bergig, in den Doerfern
stehen alte Holzhaeuser, es fahren noch Pferdefuhrwerke rum und die Bauern
maehen noch mit der Sense. Am Sonntag tragen die Maenner Huete und die
Frauen Tracht. Sieht oft aus wie alte Fotografien von Tirol aus den 30er
Jahren. Die Leute sind unheimlich freundlich, einmal wurden wir in einem
Dorf auf die Haeuser verteilt, die Gastgeber rissen sich die Beine aus, 
um einen Tee, ein Kompott zu bringen, eine Dusche zu organisieren. Das
Wohnzimmer wurde fuer uns freigemacht, die Kinder putzten das Motorrad,
einfach genial.

Fazit: Meine gestandenen Endurokollegen fanden es teilweise zu einfach,
viel  Schotterpistenglueherei, fuer mich wars bis zum Schluss interessant,
2000 km offroad, da lernt man eine ganze Menge. Ich kann Reifen tauschen,
Schlamm baggern, Baeche befahren, Endurobrillen suchen, ueber Wurzeln
fallen. Ich habe Unterarme wie ein Rohrbieger und vielleicht kauf ich mir
selber so eine Enduro :-)

Josef