Am Donnerstag sind meine Freundin Antje und ich nach Haslach gefahren zur
Probefahrt eines Motorrades. Und wer jetzt den Bericht ueber eine Heizorgie
erwartet, wird bitterlich enttaeuscht und sollte am besten gleich mal
den naechsten thread anfangen. Das Motorrad oder die Motorraeder um die
es hier geht sind Diesel-motorraeder.
Zuerst mal die technischen Daten:
Herr Engmann in Haslach vertreibt Baumaschinen. Und Dieselmotorraeder.
Letztere werden in England zusammengebaut und dann (weltweit ?!)
vertrieben.
Im Prinzip gibt es zwei Arten. Das Fahrwerk ist entweder von MZ
(ETZ 150 oder 250 oder Kanuni-MZ 301) oder von Enfield (Bullet).
In die MZ's wird ein Automatik-Getriebe eingebaut, bei den Enfields
bleibt das Original-Getriebe erhalten. Also Rechtsschaltung, erster Gang
oben und die anderen 3 nach unten. Aufgrund der Tatsachen dass zum
Probefahren nur Enfield Robin Diesels da waren und zum anderen Antje
meinte : 'Automatik-Moppeds fahr' ich nicht' haben wir die MZ-Teile nicht
gesehen oder gefahren.
Die Motoren sind von Fuji, heissen Robin und sind fuer Baumaschinen in
Entwicklungslaendern entwickelt worden. Es gibt sie in zwei Ausfuehrungen
mit 265 ccm und 5,5 PS und mit 412ccm und 9,5 PS. Enstsprechend der Idee
der Entwickler sollen die Teile absolut wartungsarm und -freundlich sein.
Laut Auskunft von Herrn Engmann sind sie schon 120000 und 150000 km in Enfields
gelaufen. Ventile einstellen koennte man ja ab und an machen, so Intervalle
von 20000km waeren schon o.k. Sind halt so Schrauben da um das Spiel
einzustellen. Die Einspritzduese haette er auch schon mal gereinigt.
Oelwechsel so alle 3000km normales Dieselmotorenoel, da werden zwei Schrauben
und die Einlassschraube aufgemacht, der Filter wird ausgewaschen.
Das Motorrad ist also halb mit Zollmassen aufgebaut, der Motor ist in
metrischen Massen gefertigt. Es gibt einen Satz Werkzeug dabei, mit
dem koennte man so ziemlich alles machen. Mit dabei ist auch ein
nach meinem ersten Eindruck gutes Werkstatthandbuch als 'Spezial-
werkzeug' sind da drei Teile abgebildet, eines davon ist ein tool
um die Kolbenringen festzuhalten. Der Verbrauch soll bei dem kleinen Motor
bei ca. 1-1.5 l Diesel auf 100 km liegen, bei dem 'grossen' bei ca. 2 Liter.
Umruestung auf Biodiesel kostet 250,- DM extra und das liegt am anderen
Dieselfilter, weil da das Plastik-Teil weggeaetzt wird.
Jetzt aber mal zu den subjektiven Fahreindruecken.
Da will ich aber erst noch einen Einschub machen. Unser 'Fuhrpark'
besteht aus einem Mockick Yamaha RD50M, 2,9PS (?), Bj '78 sowie einer
Cagiva Elefant 350, 37PS, BJ '90 und einem Mazda 323 Diesel, 55PS.
Soll heissen, alle drei Fahrzeuge taugen nicht zum schnell fahren und werden
hauptsaechlich dazu eingesetzt um von der Wohnung zur Arbeit zu fahren.
Wenn ich Fahrleistungen vergleiche, dann also grundsaetlich mit diesen drei
Mobilen.
Also wir sind beide die Diesels gefahren. Antje die 'kleine' mit 5,5 PS
weil sie sonst nur Mockick faehrt (die Cagiva ist ihr zu hoch) und ich
die 'grosse' Enfield Robin 400D mit 9,5 PS. Was ich erwartet hatte war so
ein Schuettel-Teil das man waehrend der Fahrt mit Haenden und Fuessen krampfhaft
zusammenhalten muss und das Nierensteinen erst gar keine Chance laesst.
Aber so war dem nicht. Wir sind erstmal vom Hof geeiert. Weil jedesmal vor dem
Bremsen und schalten ueberlegen zu muessen welcher Hebel war das nochmal ?
Welche Richtung jetzt ? Ziehen oder Druecken ? kostet schon so seine
Zeit. Dann 'raus aus dem Dorf und ab ins naechste ein paar Kilometer (oder
sollte ich schreiben 'Meilen') auf gut ausgebauter Landstrasse und nach dem
naechsten Dorf eine kleine Waldstrasse gut bergauf.
Zuerst Antje vorne und ich hinten. So zum eingewoehnen. Die Landstrasse geht
ganz leicht bergauf, ich will nicht ueberholen und fahre also mit ca. 60km/h
hinter ihr her. Im naechsten Dorf haelt sie kurz an um mir mitzuteilen, dass
ich vorfahren soll. Also fahre ich vor und sie nicht hinterher. Irgendwie
hat sie den Motor unplanmaessig abgestellt. Im dritten Gang anfahren geht
halt mit 5 1/2PS und gut 200kg nicht so gut. Trotz Diesel. Also ich
wieder zurueck und 'mein' Motorrad abgestellt. Und auf 'ihrem' 'rumgesprungen.
Diesel per Kickstarter und das ohne Uebung im Kickstarten bei warmen Wetter
bringt einen schon ganz schoen in's Schwitzen. Irgendwann hat es aber denn
doch geklappt. Dann also wieder zurueck auf das andere Teil. Hat ja einen
E-Starter. Also Knopf gedrueckt und es roechelt kurz. Nochmal Knopf
gedrueckt und noch kuerzer geroechelt. Beim dritten Versuch ging nix mehr.
Vielleicht haette ich doch nicht das Licht anlassen sollen ?
Also gut, automatische Dekompression und versucht anzutreten. Geht mir
die Puste aus. Versucht anzuschieben, tut das Teil einen Hupser, dass ich
sofort die Kupplung ziehe. Motor wieder aus. Nochmal angetreten, laeuft das
Teil. Als wir zurueck sind, war uebrigens die Sicherung (die einzige) kaputt.
Macht aber nix. Auf dem Hof hat der Engmann das Teil zuerst angetreten und dann
den Schluessel geholt. Diesel halt :-) Also dann ich zuerst den Hang 'rauf.
Zuerst sehe ich Antje im Rueckspiegel, dann nicht mehr. Scheint das staerkere
Mopped mit seinen 25Nm bei 1700 Umdrehungen doch besser zu ziehen. Wie die
Teile eh' eigentlich nach Nachbars Traktor klingen. So im Vorbeifahren.
Geschaltet habe ich immer dann, wenn ich die Zuendungen nicht mehr
mitzaehlen konnte. Drehzahlmesser gibt es nicht. Dafuer einen Ampere-Meter.
Aber um beim Feeling zu bleiben, bergab und bergauf bin ich beidemale
ca. 60km/h gefahren. Auf der Strecke haette ich mich mit meiner Cagiva auch
nicht viel schneller getraut. Und die Enfield laeuft recht gerne
geradeaus. Kurven sind da eher eine Kraftanstrengung. Obwohl das mit der
Lenkimpulstechnik bei 'hoeheren' Geschwindigkeiten auch ganz gut geht.
Auf der Rueckfahrt auf dem Stueckchen Landstrasse ist das Motorrad dann
anstandslos 100km/h gefahren. Das Fahrwerk der Enfield fuehlte sich da
schon gefordert an. Aber was ich befuerchtet hatte, ist nicht eingetreten.
Die Vibrationen waren subjektiv nicht staerker als z.B. auf einer
MuZ Scorpion Tour bei ca. 4000 U/min. Eine Hand vom Lenker zu nehmen war
fuer mich kein Problem. Antje auf der kleinen kam da nicht hinterher. Ich hatte
ihr gesagt, das Teil mal moeglichst schnell zu machen. Aber viel mehr als
auf dem oben erwaehnten Mockick geht da halt nicht. Bergauf nicht und
sonst ein bischen schneller bis so ca. 70-80. Als Naeherungswert des Tachos.
Das schwaechere Teil ist damit fuer uns gestorben. Mit dem staerkeren
laesst sich so vom Stil her aehnlich wie mit dem oben erwaehnten Auto fahren.
Ueberholen ist nicht, hoechstens Traktoren einigermassen sicher. Man freut
sich halt, wenn es auf der Landstrasse zuegig mit 95-100 km/h voran geht.
Das Auto ist halt in der Endgeschwindigkeit und im Durchzug ueber 80 km/h
wesentlich besser.
Als Fazit kann ich dazu sagen, so fuer die taegliche Strecke von 20km
vielleicht gar nicht so schlecht. Die Show an der Tankstelle kann ich mir
gut vorstellen. Kommt aber nur ca. alle 600 km vor. Das groesste Hinderniss
ist eigentlich der Preis von 14000DM. Soviel fuer ein Gimmick ?
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(_) Johannes Müller )
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