From: Joachim Loehr, loehr@stadt-mh.de
Subject: Norwegen - Fjorde Fjells und Trolle - ein (Mitt)Sommernachtstraum
Date: Thu, 25 Jul 96 09:17:20 GMT
Organization: Stadt Muelheim an der Ruhr

Hi Leute!

Da bin ich wieder, nach 4078 km und 3 1/2 Wochen Norwegen ohne jegliche
Probleme. (Und 1 1/2 Wochen Cuxhafen mit Dose und Sohnemann)

Ich muss Euch sagen, Norwegen war ein Traum!
Sagenhafte Strassen, einmalige Landschaften!
Die Alpen (und deren Strassen) sind ein Scheissdreck dagegen!
Ich habe es NICHT bereut, nicht bis zum Kap gefahren zu sein.
Das alles wird bald auch im Web zu sehen sein.

Aber vorab ein kleiner Reisebericht:

13.6.96 um 7:00 geht es los. 470 km nach Kiel. 16:30 die Faehre legt ab.
        Ziel Oslo. Die Faehre ist die komfortabelste, mit der ich je
        gefahren bin (Kino, 4 Bars, 3 Restaurants, 750 Autos, 1400 Personen,
        Kabinen sauber und geraumig).
14.6.96 12:00 Ankunft Oslo. Zelt aufbauen und mit dem Bus in die Innenstadt.
        Gutes Wetter treibt uns auf die im Hafen vertaeuten Schiffe. (Bier,
        Musik, gutes Essen)
15.6.96 Museumstag: Fram und Kon Tiki danach in den Vigelandpark.
16.6.96 Oslo - Nomeland
        Alles Packen und 305 km durch die Telemark nach Nomeland (oestlich des
        Lysefjordes). Die Telemark hat etwas von Kanada, wenn die Baeume und
        Strassen doppelt so gross waeren...
        Uebernachtung in einer Huette. (Huetten gibt es auf fast jedem
        Campingplatz und sind nur unwesendlich teurer als Zelten)
17.6.96 Nomeland - Vatne
        Wir fahren nach Lysebotn um dort mit der Faehre den ganzen Lysefjord
        entlangzufahren. Einige Kilometer vor dem Fjord liegt eine Huette
        in der man gut essen kann, und von der man nahezu 700m senkrecht
        auf den Fjord und das Dorf Lysebotn schauen kann. Uns verschlaegt
        es das erste Mal den Atem. Das Ganze siehr unten alles so klein aus,
        als wuerde man auf eine Modelllandschaft schauen. In vielen Kehren
        geht es ins Dorf hinab. Die Faehre faehrt nur 2 x am Tag. Also 4 h
        warten auf die 17:00 Uhr Faehre. Es faengt leider an zu Regnen und
        die Fahrt mit dem Schiff durch den wohl engsten und steilsten Fjord
        wird etwas beeintraechtigt. In Vatne (nach 111 km) mieten wir eine
        Huette fuer 3 Naechte.
        Es ist kalt und es Regnet. Der Vorrat an Paddy wird (trotz
        Verlaengerung mit Tee) gaenzlich gepluendert.
18.6.96 Songesand
        Wir touren durch die Umgebung und fahren zum Dorf Songesand am Lyse-
        fjord. Die Strasse dorthin ist uns schon auf der Faehre aufgefallen.
        War aber in keiner Karte eingezeichnet! Von der Faehre hat man nur
        ca. 100 m der Strasse gesehen und sich gefragt, was die wohl mit
        einer Strasse hier anfangen wollen. Laenger kann sie ja wohl nicht
        sein (um die 3 Haeuser ca 700m hohe Steilfelsen und die Schlucht,
        durch die die Strasse fuehrte, hat man vom Wasser aus nicht sehen
        koennen). Heute 135 km.
19.6.96 Preikestolen
        Das Wetter ist besser geworden und wir wagen den 2 Stuendigen Aufstieg
        zum Preikestolen. Dieses ist eine 20 x 20 m grosse Felskanzel, die
        950 m senkrecht ueber dem Lysefjord haengt. - WAHNSINN -
        Der doch recht anstrengende Weg (Kletterpartien en mass) hat sich
        mehr als gelohnt. Heute nur 41 km.
20.6.96 Vatne - Hindervavak (naehe Netstrand)
        Bekannte machen in Netstrand Urlaub, und wir besuchen sie.
        In deren Ferienhaus ziehen wir fuer eine Nacht mit ein.
        86 Km mit ca. 2h auf 2 Faehren.
21.6.96 Nedstrand - Saue (Voss)
        Nach exact 300 schoenen Kilometern schlagen wir in Saue fuer 5 Tage
        unsere Zelte auf, um von hier aus die Umgebung abzufahren.
22.6.96 Voss
        Wir finden eine schoene Kneipe in der wir viel Geld lassen.
        Zusaetzlich wird in einem Vinmonopolet (Staatliche Apotheke fuer
        Alkoholika) der Whiskeyvorrat aufgefrischt (0,7 l ca. 75 DM!)
        35 km.
23.6.96 Jondal (Folgefonn - Gletscher)
        Wir fahren 237 km ueber Hochebenen (Fjells) und alten Militaer-
        strassen bis hinauf zum Gletscher. Es ist schon komisch: unten
        am Fjord 20 C und die Leute laufen mit Skistiefeln durch die Gegend.
        Kurz vor dem Gletscher sehen wir, wie ein Jeap aus dem Graben geborgen
        wird. Er ist von der Strasse gerutscht und hat sich ueberschlagen.
        Zum Glueck war niemand verletzt.
        Am Abend wollen wir die Mittsommernacht mitfeiern. Aber an den Feuern
        rings um den See ist niemand mehr zu sehen. Man hat wohl schon am
        Nachmittag angefangen und liegt bereits im Khoma.
     BTW: selbst in Oslo wurde es nicht mehr dunkel. Zeitung lesen um
        23:30 ohne Lampe? - kein Problem. Kann mir einer sagen, wofuer ich
        Taschen- und Oellampe mitgenommen habe? Selbst um 2:00 war es noch
        moeglich ohne Lampe im Zelt Backgammon zu spielen!
24.6.96 Voss
        In Voss wird eingekauft (frischer Lachs fuer den Grill, Oropax
        fuer unsere Mitfahrerin, die unser Geschnarche nicht mehr hoeren
        will) und in der Kneipe Bier gepumpt. Am Nachmittag machen wir uns
        Solo auf den Weg, um Schotterpisten zu suchen. 46 km.
25.6.96 Bergen
        Auf tunnelreicher Strecke geht es nach Bergen. Der dortige Fischmarkt
        ist riesig und Brygen (altes Stadtviertel aus Holz mit Wohn- Arbeits-
        und Lagerhaeusern) gefaellt uns sehr gut. Zudem empfaengt uns die
        regenreichste Stadt Europas (240 Regentage/a) mit strahlendem Sonnen-
        schein und 23 C. 237 Km.
26.6.96 Bergen - Bovertun
        Wir fahren ueber das Sognefjell, auf dem noch viel Schnee liegt und
        quartieren uns in einer Berghuette fuer eine Nacht ein. Wir bekommen
        nur ein Zimmer, da alle Huetten von Skilanglaeufern der daenischen
        Nationalmannschaft belegt sind. 156 km auf teilweise durch den Regen
        aufgeweichten Schotterpisten. Der T66 ist diesem Untergrund nicht
        gewachsen und die Maschinen fahren sich wie auf Schmierseife.
27.6.96 Bovertun - Geiranger
        Auf dem Weg nach Geiranger machen wir einen sehr lohnenden Abstecher
        auf mautpflichtigen Schotterstrassen zur Jurahytta. Die Sonne scheint
        und es macht riesigen Spass mit den vollbeladenen Maschinen durch den
        Schnee zu Pfluegen. Die Skianlagen sind in Betrieb. Das Bergpanorama
        ist einmalig. Weiter nach Geiranger wird das Wetter schlechter.
        Auf ca 1000m Hoehe sehe ich ein Schild: 9% Gefaelle auf 15 Km!
        ??? 15 km ? Geiranger (0 m) ist doch nur 15 km entfernt!
        Direkt am Fjord stellen wir unsere Zelte fuer 2 Naechte auf.
28.6.96 Geiranger, Djupvasshytta
        Die Sonne scheint - Also zurueck aufs Fjell und die Kehren noch
        mindestens 2 mal fahren. Auch die Adlerstrasse (gegenueber) ist nicht
        ohne... Auf unseren Lederhosen rutschen wir die Schneehaenge hinun-
        ter und die Schneeballschlacht macht auch grossen Spass.
        Leider fehlen ausgerechnet heute die fototraechtigen Oceanliner im
        Fjord. 86 km.
29.6.96 Geiranger - Alesund
        Wir fahren mit der Faehre den Geiranger entlang. Erst jetzt versteht
        mann, warum die Kreuzfahrer alle hier durch wollen.
        In Alesund werden die Zelte aufgebaut. Waehrend der naechsten zwei
        Tage kommen wir nur zum Bier holen aus unseren Zelten. Es regnet
        in einem Streifen durch und der Whiskey ist auch alle...
        Auch der Besuch der (angeblich) schoenen Stadt faellt somit ins
        Wasser. 135 km.
1.7.96  Alesund - Loen
        wegen des schlechten Wetters wird die geplante Route abgekuerzt
        und es geht nach Sueden nach Loen. Wir mieten eine Huette fuer
        zwei Naechte. 186 km.
2.7.96  Briksdalsbreen
        Bei stroemendem Regen laufen wir 1 Stunde zur Gletscherzunge.
        Es ist schon imposant, 1000 Jahre altes Eis zu sehen. Obwohl die
        Sonne nicht scheint, leuchten die Spalten im tiefsten Blau.
        86 km.
3.7.96  Loen - Vasetdansen (Leira)
        Wir verlassen die Bergregionen und fahren in die flacheren Gegenden
        um Elche zu sehen. In Vasetdansen mieten wir eine Huette fuer zwei
        Naechte. Da die Huette eigentlich ein Ferienhaus mit allem Komfort
        und Zurueck ist, es unablaessig Regnet und keine richtige Lust zum
        Wandern aufkommt, faulenzen wir 2 Tage. 304 km.
5.7.96  Leira - Halvorseth (Sandsbraten)
        Durch schoene Tannen und Birkenwaelder geht es wieder in die Telemark.
        196 km.
6.7.96  Auf der Suche nach Elchen toben wir uns auf groben Schotterpisten aus.
        Finden auch Spuren und Exkremente der Spezies. Doch selbst nach langem
        Warten und hinabrollen ohne Motor, bekommen wir keinen Elch vor die
        Linse. 86 km.
7.7.96  Halvorseth - Oslo
        Auf einer der kleinen Berge erwischt uns ein Unwetter. Es Hagelt
        ca. 10 mm grosse Koerner. Zum Glueck sind wir gerade in einer Huette
        zum Essen. Im nu ist alles weiss und wir sehen, wie ein Harleyfahrer
        mit Jethelm sich die Strasse hochkaempft. Sein Gesicht ist rot und
        er sieht etwas verkniffen aus...
        131 km. Nachmittags legt die Fahre nach Kiel ab.
        In der Bar ist bist 4:00 ein Musikus am Klavier damit beschaeftigt,
        die auf sein Instrument gestellten Biere zu trinken. Eigentlich sollte
        um 1:00 schluss sein, aber norwegisches, franzoesisches, englisches
        und deutsches Stimmengewirr ueberreden ihn, weiterzuspielen.
8.7.96  Kiel - Muelheim
        Mit Wehmut geht es nach Hause.
 

Fazit: WAHNSINN !!!! - da MUSS ich noch mal hin.

Wie gesagt, alles bald im Web zu sehen und zu lesen...

PS: Hoffe Euch nicht gelangweilt zu haben :-)


 Gruss
 Joachim Loehr
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