Wahrlich, wahrlich ich sage euch:
Am Wochenende war ja Super-Wetter angesagt, deshalb verabredete ich
(der Bekloppte, der in Worms staendig in der Regenkombi rumlief) mich
spontan mit einem Bekannten (Markus aus Ulm mit XT600K) zu einer
kleinen, preiswerten Alpen-Spritztour ins Dreilaendereck.
Die Anfahrt war echt locker, da am So morgen dank "Mobil ohne Auto"
und Fussball-EM die Autobahn frei war.
Schon kurz nach der Grenze im Tannheimer Tal der erste Hoehe- bzw.
Tiefpunkt: Es standen einige Wetzhobel auf der Strasse rum, und aus
der Wiese wurde gerade eine demolierte alte GSX-R herausgeschoben, zum
schon bereitstehenden Begleit-Lieferwagen.
Wir hielten an, und trafen gleich den Richtigen: Der Sturzpilot in
70er-Jahre-Kombi goennte sich gerade die Zigarette "danach", und
erklaerte uns den Tathergang.
Er wollte in einer Rechtskurve aussenrum ein Auto ueberholen, und
versuchte dabei, der Fahrerin in den Ausschnitt zu linsen (Squidpunkte
gibt es aber nur, wenn man dabei "almost" einen Crash baut...). Er
meinte aber, es haette sich bei der Dame nicht gelohnt...
Das Bike flog dabei die 2 Meter tiefe Boeschung hinunter in eine
Wiese.
In Deutschland waere an solch einem gaehnenden Abgrund wahrscheinlich
eine Leidplanke gestanden. Wie an der B257 bei Bonn, auf der mein
Cousin Joachim starb. Dabei ist dort die Boeschung dahinter noch
harmloser als die hier. Wahrscheinlich gibt es in der Eifel ein paar
seltene Pflanzen, die durch Leidplanken vor stuerzenden Bikern
geschuetzt werden muessen. :-((
Am Hahntennjoch hatte ich zwar einen kleinen Slide auf
Baustellen-Dreck, dafuer bin ich aber diesmal rechtzeitig vor der
ueblen scharfen Linkskurve in die Eisen gestiegen, und musste nicht
"zaubern". Am Strassen-Cafe habe ich dann posermaessig demonstrativ
vor den versammelten Bikern auf den geruhsam fahrenden Markus
gewartet...
Bei der Abfahrt von der Piller Hoehe, in einer Rechts-Serpentine,
schlitterte ich dann ploetzlich auf dem Bauch durch die Kurve.
Die MotoCross-Knieschuetzer unter der Lederjeans haben dabei ganze
Arbeit geleistet: die Dinger hatte ich nach einem Abflug auf einer
Dieselspur am Iseran anno '89 gekauft, denn danach hatte mir das Knie,
auf dem die XT.Rex schlitterte, dann doch ziemlich wehgetan, vor allem
beim Ankicken. Leider hatte ich die Held-Handschuhe, die damals eine
Niete einbuessten und in der Zwischenzeit noch bei einem Bitumen-Sturz
in Berlin sowie zwei Enduro-Ausrutschern strapaziert wurden, nicht
ersetzt: eine Naht riss, und das Handgelenk wurde ein bisschen
angekratzt.
Nachdem ich mich aufgerappelt hatte, habe ich dann wie am Chaberton
erst mal in aller Ruhe den Foto aus dem Tankrucksack gekramt und die
darniederliegende XT.Rex geknipst, was bei Markus und einem ZZR-Fahrer
doch etwas auf Unverstaendnis stoss, denn die wollten schon die
Maschine wieder aufrichten. Die (nicht polierten, sondern nur mit
Chromfolie beklebten...) Lenkerschutzbuegel, die ich zum Schutz der
Hebel angebracht haben, haben ihren Zweck teilweise erfuellt: Hebel
sind heil, aber die Befestigungsschraube im Lenkerende wurde bei
Aufprall guillotiniert, und der Plastikprotektor darunter wurde
beschaedigt. Erstaunlich auch, dass die ca. 6m lange Schleifspur
talabwaerts gekruemmt ist, und die XT.Rex dabei noch eine
180-Grad-Pirouette drehte.
Warum ich per Lowsider auf die Fresse flog, kann ich nicht so recht
verstehen: ich war weder besonders schnell, noch fuhr ich so "eckig"
wie sonst manchmal, und die Stiefelspitze hatte den Asphalt auch noch
nicht ertastet. Der Belag war okay, abgesehen von den ueblichen
kleinen Oelfleckchen.
Hmmm, vielleicht lese ich nur die falsche Newsgroup? >:->
Evtl. ist der Vorderreifen, ein 4 Jahre und 32.000km alter Metzeler
Enduro , inzwischen doch nicht mehr ganz so griffig wie in seinen
besten Zeiten...er sollte ja auch schon im letzten Juli ersetzt
werden, aber die Reifen wurden erst im November geliefert und dann im
Winter jemand anders aufgezogen.
Die Auffahrt zum Kaunertal wurde nicht nur durch den Sturz und den 75
OeSchis Maut, sondern auch von schwarzen Wolken ueberschattet: Oben in
2750m Hoehe angekommen, begann es heftig zu schneien. Dort standen
uebrigens drei nagelneue Supertourer (R1100RT, 1500er Goldwing,
Pacific Coast) mit Leipziger Nummer. Markus dazu: "So trifft man
seinen Solidaritaetszuschlag wieder".
Unter im Inntal wurde es dann noch finsterer, so dass meine legendaere
Regenkombi Verwendung fand. Leider hatte ich die Regenstiefel
vergessen, und so habe ich die Stiefel Squid-maessig mit Klebeband
umwickelt.
Das hat dann auch bis zur Tankstelle in Samnaun dichtgehalten, aber
nach der Abfahrt ins Tal waren die Stiefel geflutet. Die Schweizer
Strasse wurde inzwischen leider kraeftig verschlimmbessert:
Bitumenflicken und moderne Tunnels anstatt der Rattenloecher, die nur
noch an kurzen Stellen vorhanden sind. :-(
Im Vinschgau schien dann wieder die Sonne, aber die nervigen
Bewaesserungsanlagen sorgten wieder fuer eine kraeftige Dusche. Wer da
ohne Regenklamotten langfaehrt, wird sich freuen...
Das Stilfser Joch war ein Gedicht: Fast null Verkehr (3 Autos, ein
paar britische Bikes und ein Murmeltier, das sich vor mir retten
konnte). Die Strasse ist an einer Steilstelle teilweise abgerutscht,
wenn das so weitergeht, koennen da bald gar keine Autos mehr fahren.
:-))
Oben auf der Passhoehe wurde dann sofort die Auffahrt zum Ortlerhaus
in Angriff genommen. Trotz des total abgefahrenen Hinterreifens packte
die XT.Rex die sehr steile Rampe (Denzel schaetzt 35%) problemlos, und
auch die restliche Schotterpiste ging diesmal locker, da relativ
trocken. Schliesslich bin ich da auch schon mal im Dreck
steckengeblieben.
Am Ende der Piste, einem Felsen in 3030m Hoehe neben dem Gletscher,
wurden dann erstmal ein paar Fotos geschossen, bis das Schneetreiben
uns wieder hinunter nach Bormio trieb, wo der Tag mit zuenftig beendet
wurde: Eine gute halbe Stunde kreuz und quer durch die Fussgaengerzone
ballern und huebsche Signorinas nach dem Weg fragen, bis dann doch
naheliegenderweise ein Hotel an der Hauptstrasse heimgesucht wurde.
Der Montag begruesste uns mit schoenen Wetter, und Berufsverkehr.
Ueber Livigno ging es zum Berninapass, und von dort erst mal runter
ins Tal, um die ganze gutausgebaute und fluessig zu fahrende Suedrampe
geniessen zu koennen.
Wieder oben auf der Passhoehe angekommen, war Markus doch etwas
erstaunt, dass ich ihm mit meiner uralten 27PS-Maschine seiner fast
20PS staerkeren und fast 20 Jahre juengeren XT600K mehrere hundert
Meter abnehmen kann.
Eine kurze Probefahrt brachte Einsicht: Die K hat zwar wesentlich
bessere Bremsen als meine XT (was bergauf natuerlich nicht so
dramatisch ist), aber in Sachen Drehmoment kann die 600er meiner 500er
subjektiv nicht das Wasser reichen, und auch bei hohen Drehzahlen
(also ueber 4000 bei meiner Skala) ist nicht viel los mit dem
Vierventiler. Ich nehme an, das liegt an der Hoehenluft; manche
aktuelle (luftgekuehlte) Singles sollen ja wegen Abgas, Geraeusch und
Kuehlung ziemlich besch*ssen abgestimmt sein und viel zu fett laufen.
In Verbindung mit dem Fahrwerk, das relativ unwillig einlenkt und dann
kippelig und unpraezise durch die Kurve eiert, schmilzt der
technologische Vorsprung auf Null zusammen.
Meine XT.Rex kann das wegen den seit Jahren fertigen
Original-Federbeinen (142.000km!) und den total abgefahrern Reifen
fast genauso gut bzw. schlecht.
Die Abfahrt nach St.Moritz kreuzt die Bahnlinie, und diese
Sprungschanze haben wir zur Uebung gleich mehrmals befahren, leider
etwas zaghaft.
Die Schanze sollte unbedingt in die Route der Alpentour aufgenommen
werden, als Sonderpruefung. >:->
In St.Moritz wurde das Palace-Hotel kurz von uns belagert, bis wir uns
dann Wichtigerem als Millionaersgattinnen-Terror widmeten: Ich suchte
eine "Reitwagen"-Quelle, musste mich aber vorerst mit dem "Toeff"
begnuegen. Markus war unterwegs im Auftrag seiner Altvorderen: in
Schweizer Drogerien sollte es ein spezielles
Maulwurfsgrillenbekaempfungsmittel geben...
Die Weiterfahrt nach Celerina fuehrte dann zu einer netten
Ueberraschung: In einer Spitzkehre steht hinter einer Leidplanke eine
Mauer, und dazwischen fuehrt eine Art Feldweg parallel zur Strasse
entlang. Ein Plakat mit den Stichworten Cresta-Run, Skeleton und
Bob-WM '97 laesst den Groschen fallen: Das hier ist die beruehmte
Natureis-Bobbahn, auf der bei Dreharbeiten zu einem James-Bond-Film
(AFAIK der mit George Lazenby "Im Geheimdienst Ihrer Majestaet") zwei
Stuntmen toedlich verunglueckt sein sollen.
Eine Luecke in der Planke laesst mir keine Wahl: Ich muss natuerlich
die Bobbahn befahren! Fahrtechnisch auch fuer Strassenmaschinen kein
Problem, da harmlos. Endurofreaks koennten in Versuchung geraten, die
Erdwaelle in den Kurven als Anlieger zu benutzen. Da Markus meinem
infantilen Treiben fassunglos zuschaut, verzichte ich darauf, die Bahn
komplett zu befahren, 100m rauf und runter reichen ja auch. Und eine
Stoppuhr habe ich ja leider eh nicht dabei....
Der Albula-Pass nervt dann mit vielen Rollsplit-Flicken, und die Via
Mala ist zwar nett, aber kurz. In Thusis war dann endlich eine offene
Drogerie zu finden, aber Markus hatte Pech: Thusis ist eine
Maulwurfsgrillenfreie Zone...
Kurz vor Bregenz konnte ich dann doch noch einen "Reitwagen"
ergattern, und musste auch zwangsweise wieder zum unverzichtbaren
Klebeband greifen: Den lose herumhaengenden Handschutzbuegel hatte ich
ja schon oben am Spiegel-Ausleger befestigt, aber jetzt wurde auch
noch der angebrochene Plastikprotektor vom Fahrtwind gegen den
Bremshebel gedrueckt, so dass er mit Tape am Bremsen gehindert werden
musste. Das skurrile Kunstwerk wird wohl irgendwann auf meiner
Homepage zu bewundern sein...
_____
/_______\ .\\ a t t h e a d
I XT /~~~~ 1977' Yamaha XT.Rex 500 Enduro
I 500\_____ ER#3 squid percentage: 19.58
\____/\__I_I !NEU http://home.pages.de/~matthead/ NEU!