From: Bernd Forner, forner@wetmk2.elektro.uni-wuppertal.de
Subject: Talk: Die Packsack-Story (lang)
Date: 23 May 1996 08:12:49 +0200
Organization: Bergische-Uni-Wuppertal

Hallo Ihr,

aus dem Buch "Geschichten, die das Leben schreibt" hier eine wahre 
Begebenheit. Ich bin wirklich so daemlich :-)) So, nun gehts los:


Ich fuhr am Freitag gen AC um Claudia abzuholen, damit wir gemeinsam das
Volleyballturnier in Appeltern bereisen koennten. Zu diesem Behufe war es
erforderlich, einige Gegenstaende mitzufuehren. Diese verstaute ich in zwei
Behaelter, von denen ich eines -die Formgestaltung draengte dies auf-
oberhalb des Benzinreservoirs entsprechend der vom Hersteller vorgesehehen
Art und Weise installierte. Das andere fand dort Platz, wo der Hersteller
eigentlich die Installation eines Mitfahrers vorgesehen hatte. Nachdem noch
keine Mitfahrer vorhanden waren, erschien mir diese bis dato ungenutzte
Flaeche dafuer geeignet.

Da ich das sich nach auflegen des Packsack einstellende Gleichgewicht als
recht unsicher einstufte und befuerchtete, dass er (der Sack) bei
auftretenden Stoerungen, welche ja bei Betrieb eines Kfz in manigfaltiger
Form auftreten koennen, etwa durch Regentropfen, die ungleichmaessig vom
Himmel fallen oder durch Brem- sowie Verzoegerungskraefte, ebenso ist Wind
oder als Funktion des Weges schwankende Erdanziehungskraft denkbar, ihn (den
Platz) verlassen koennte, beschloss ich den Sack mit einem reissfesten
Stoffgeflecht mit Schnalle (auch als Spannriemen bekannt) zu sichern.

Dies hielt auch sehr gut, 70 km weit. Leider verhaelt es sich nun aber so,
das AC von W etwa 110 km entfernt liegt, so dass am Ende der Haltedauer des
Sacks noch 40 km des Weges uebrig war :-(

Ich fuehlte hinter mir, ob er (der Sack) denn gut hielte, und bekam die
falsche Tatsache vorgespiegelt, dass dem so sei. Wenige Sekunden spaeter
spuerte ich naemlich nichts mehr im Ruecken, ebendort wo sich kurz zuvor
noch der Sack befand. Eine manuelle Ueberpruefung des Beladungszustandes
ergab reichlich freie Ladekapazitaet bei gleichzeitig reichlich wenig
Packsaecken auf dem Beifahrersitzplatz :-(

Ich brachte also mein Fahrzeug auf dem dafuer vorgesehenen Teil der
Autobahn, im allgemeinen als Standstreifen bezeichent, zu stehen. Nun stand
ich da, auf dem Standstreifen und schaute -sicherlich recht dumm- meinen
Beifahrersitzplatz an. Der schaute ebenso zurueck, konnte mir aber auch
nicht so recht sagen, wo denn der von mir eigentlich zum Transport dort
angebrachte Packsack verblieben war. Ein Mercedes W124 passierte mich auf
das heftigste mit der Lichthupe blinkend, hielt jedoch trotz meiner
eigentlich eindeutigen Handbewegungen nicht an, so dass ich ihn (den Fahrer,
nicht den Wagen) nicht nach dem Verbleib des Packsackes befragen konnte. Auf
seiner Motorhaube war er jedenfalls zum Glueck nicht :-) Das blinken mit der
Lichhupte fand ich ueberigends /sehr/ geistreich, was dachte der wohl, warum
ich dort wo ich stand stand und warum ich nach hinten blickte, was ich
naemlich tat. Um zu schauen, ob es dort regnet?

Nun schwankten meine Gedanken zwischen zuruecklaufen und auf der
Gegenfahrbahn zurueckfahren, in Anbetracht der ungewissen, aber in einem
Bereich weniger Sekunden liegenden Zeit, die ich nach Abwurf des Sacks
weitergefahren bin und der zu diesem Zeitpunkt zumindest fuer mein Fahrzeug
nicht unerheblichen Geschwindigkeit, entschied ich mich fuer's fahren.

So fuhr ich also los, mir merkend das ich dies bei AB  km 39 tat, eilte zur
naechsten Abfahrt, welche sich leider noch in einer Distanz von 4 tausend
Meter befand, um dann auf der Gegenfahrbahn zurueckzuballern, als haette ich
sie nicht alle :-)

Da ich aus meiner Position nichts entdecken konnte, fuhr ich also zwei
Abfahrten zurueck bis zu dem ersten mir bekannten Autobahkreutz, in dem man
nicht wenden kann :-( und musste da auch noch Abfahrt runter - Abfahrt rauf
fahren, das ganze natuerlich ein wenig hektisch.

Ab km 43 verlangsamte ich also meine Fahrt auf 19.44 m/sec und benutzte aus
diesem Grunde die Standspur nicht um darauf zu stehen, sonder um sie zu
befahren. So fuhr ich dann also bis km 40, den Blick links und rechts immer
ins Gebuesch und unter die Leitplanke gerichtet, um nach meinem Packsack
Auschau zu halten. Bereits bei der Rueckfahrt auf der Gegenfahrbahn
bemerkte ich mit Erleichterung, dass es gluecklicherweis wohl keinen anderen
Verkehrsteilnehmer gab der ob der ploetzlich auf ihn herabfallenden
Gegenstaende verunfallte.

Es waere aber objektiv nicht noetig gewesen, nach den Sachen zu suchen:

Sie lagen auf einer Laenge von etwa 20 Metern auf der kompletten
Ueberholspur verstreut :-(((

So stand ich da ich armer Thor und war nicht klueger als zuvor. Absichern
der Stelle mit dem Motorrad links war nicht moeglich, anhalten rechts ging
wg. Beschleunigungsspur dort auch nicht, also noch 100 m weiterfahren, dort
parken (mit gleichmaessig blinkendem gelben Parklicht an allen Ecken) und bloed
schauen. Wird mir auch nachgesagt, das ich letzteres eh' schon gut beherrsche, 
so war ich in dieser Situation wohl eindeutig zu einer Steigerung faehig.

Alsbald entschlossen sich dann einige Kraftfahrzeugfueher das Tempo ihrer
Kraftfahrzeuge aus erheblichste zu drosseln, wodurch es moeglich schien, ein
wenig auf der Fahrbahn zu flanieren und mit moeglichs unbeteiligtem Gesicht
sich hin- und wieder zu buecken. Nun ja, ich fand also:

Meine Turnschuhe (wessen auch sonst), Jogginganzug, einige T-Shirts,
Packsack, Dauneneweste, Jeans, Kulturbeutel ganz in weiss (die Verpackung
von Rasierschaum scheint fuer Belastungseinheiten kleiner ein Pkw
dimensioniert zu sein) und alles war recht unbeschaedigt. Bis auf den guten
Benzinkocher, den ereilte offensichtlich das geliche Schicksal wie den
Rasierschaum, und den Packsack. Als ich dann so mit meinem Strandgut wieder
Richtung meines Strangutverlierfahrzeugs marschierte, bekam ich Besuch von
der dort arbeitenden Bevoelkerung, welche extra den Ford Scorpio angespannt
hatte um mir ein wenig Gesellschaft zu leisten.

Sie hielten den also Ihr Fahrzeug hinter meinem Fahrzeug und hinter meinen
Sachen und hinter mir (also ganz hinten), und der Beifahrer kurbelte die
Scheibe hinunter, wobei er schaute, als ob er gleich reden wollte. Da ich
nicht annahm, das er zu dem Leitpfosten hinter mir sprechen wollte, begab
ich mich also zu seinem Seitenfenster, was mitlerweile vollstaendig
geoeffnet war.  (Es sei an dieser Stelle angemerkt, das mit bei der Rueckfahrt
auffiel, das ein Fahrzeug an einer jener gelben Saeulen am Strassenrand 
stand und ein Mensch offensichtlich zu dieser Saeule sprach. Ich vermute,
dass die Saeule ihre Informationen an die Scorpio-Reisenden weitergab)

Er: 	Haben Sie schon alles eingesammelt? 
Ich: 	Ja. 
Er: 	Waren das Ihre Sachen? 
Ich: 	Oeh, ja, oeh, ich habe wohl den Packsack verloren. 
Er: 	Das ist aber gefaehrlich, auf der Fahrbahn herumzulaufen. 
Ich: 	Ja, ich weiss, ich habe aber gewartet, bis sich ein Stau gebildet hatte. 
Er: 	Ah ja. 

Daraufhin gab der Kutscher den Pferden die Sporen und die Kutsche fuhr davon und ward
nicht mehr gesehen.

Ich:   [Erleichtert dreinblickend]

Ich war schon so weit, das mir so ziemlich alles egal war, da ja zum Glueck
kein Unfall passiert war, wovor ich am meisten Angst hatte.

Naja, ich bin dann doch nochmal auf den Mittelstreifen gejoggt, um meine
Ortlieb-Wassersaeck einzusammeln, es lohnt sich ja schliesslich, fuer DM 50
sein Leben zu riskieren, gelle? Auch dieses war ein problemloses Unterfangen,
bei der Gelegenheit fand ich meinen Kochtopf, den ich aufgrund seiner nun
vorliegenden Zweidimensionalitaet aber dort liegenlies, wo er lag.

Tja, der Rest ist schnell erzaehlt: Ich verstaute vieles im Tankrucksack und
schnuerte aus dem Rest ein Buendel, um meine Fahrt dann fortzusetzen.

Schaden: Etwa 200 DM. Gelernt: Einiges :-) Angst: Wieder ueberwunden.

Aber ich weiss nicht, ob ich in Zukunft noch so schnell fahren werden. Wenn
im Dunkeln eines anderen Packsack meinen Weg kreuzen sollte, so koennte das
sehr unangenehm sein ...

Gruss, Kaept'n BlauBaernd.