From: Lothar Hellwig, WFBERLIN@t-online.de
Subject: R 1100 RS und Ich
Date: 22 May 1996 06:05:10 GMT
Organization: Wirtschaftsförderung Berlin Gmbh

Eine Geschichte zum weinen oder lachen
eine BMW R 1100 RS
noch einmal überarbeitet


Ich liebe meinen Alptraum

Wieder einmal März in Deutschland. Auf der CeBit in Hannover blühten die 
ersten Krokusse und die Sonne strahlte nur so. Es war schon sehr warm und 
das nicht nur auf dem Freigelände der Messe. So richtig heiß wurde mir 
aber erst an einem Stand in einer dieser vielen Hallen. Da stand sie, rot 
und einfach schön ... die neue BMW R 1100 RS. Ich verliebte mich bis über 
beide Ohren in sie. Einfach ein Traum. Die muß ich haben - nur diese rote 
nagelneue R 1100 RS sollte es ab diesem Tag sein. 

Ein Jahr später und völlig zufällig kam ich in eine BMW-Filliale. ... und 
da stand sie wieder, knallrot und nagelneu, die R 1100 RS. Ohne überhaupt 
nach dem Preis zu fragen, bestellte ich sie und 3 Wochen später starteten 
wir zur ersten, damals noch äußerst zaghaften, Ausfahrt.

Schnell wurde ich mit nun meiner R 1100 RS ein Herz und eine Seele. Das 
Fahrwerk ... ein besseres gibt es einfach nicht. Kurven können nicht 
genug sein. Sie will einfach nicht ausbre-chen und das bei einer 
Straßenlage, die ich zuvor noch niemals erlebt habe. Nach wenigen Tagen 
waren die ersten 1000 KM abgefahren und die erste Macke stellte sich ein. 
Die Kupp-lung rutschte. Eigentlich ein Wunder, daß ich noch in die 
Werkstatt kam. Aber die Durchsicht war ohnehin fällig.

Nachmittags war sie dann wieder gesund, lief wieder rund und schnell. 
Einfach super dieses Fahrvergnügen. Also auf zur ersten größeren Tour. 
Leider war der Spaß nach wenigen Kilo-metern wieder vorbei. Sie fuhr 
zwar, aber wie?! Der Motor verlor von KM zu KM an Rund-lauf. Ihm 
zuzuhören war ein Graus. Die Kupplung fing wieder an zu rutschen, so daß 
nach 7.500 KM keine Nachstellmöglichkeit ohne Spezialwerkzeug mehr 
möglich war. Die 10.000 KM Durchsicht mußte ich also reichlich nach vorne 
verlegen. Nach erneutem Einstellen war ein rundes Laufen des Motors immer 
noch nicht festzustellen. An der nächsten Kreuzung war sie wieder aus. 
Ich muß die Werkstatt wechseln! Offensichtlich waren die Mechaniker zuvor 
nicht genügend auf dem neuen Modell geschult. Leider ein Denkfehler. 
Nachdem ich eine geschlagene Woche lang jeden Tag meine R 1100 RS morgens 
in der Werkstatt abgegeben hatte, war der Spaß an der nächsten Kreuzung 
auch schon wieder vorbei. Am 6. Werktag wur-den dann die 
Ansaugverbindungen zwischen Einspritzung und Zylinder gewechselt! Nun 
lief meine RS wieder als wäre sie  neugeboren. Aber nach weiteren 5.000 
KM war alles wieder vorbei. Fazit: Auch heute nach einem dreiviertel Jahr 
und KM-Stand: 58.250 hält der Motor-rundlauf nicht mehr als 5.000 KM (wie 
lange soll ich mir das eigentlich noch antun?).

Gut, also Werkstattintervall nicht, wie von BMW angegeben, alle 10.000 
KM, sondern eben schon nach 5.000 KM. Der Ärger mit meinem „Traum" hörte 
einfach nicht auf. So richtig los ging es allerdings erst nach 15.000 KM. 
Der Ärger mit der Kupplung wurde immer mehr zum Alptraum. Dank der 
„Großzügigkeit" von BMW wurde die Kupplung ausgetauscht. 

 „Nun kann’s ja endlich mal auf ganz große Tour gehen", dachte ich und 
startete in Richtung Türkei, ohne zu wissen, daß mein Servicedisplay 
bereits bei der Durchsicht Probleme berei-tete. Es war mir zuvor nicht 
aufgefallen. Ich startete also in die Türkei ohne Öltemperaturan-zeige. 
Damit konnten wir aber gerade noch leben. 1000 KM pro Tag sind für meine 
BMW und mich kein Problem. Anfangs jedenfalls nicht. Kurz vor meinem Ziel 
in Bodrum brach allerdings der hintere Rahmen. Eine Schraube am 
Plastikkotflügel hielt das Hinterteil meiner RS noch zusammen. Die 
Schrauben bei BMW taugen also wenigstens etwas. Dank der hilfs-bereiten 
türkischen Motorradfahrer haben wir den Rahmen kurzer Hand wieder 
zusammenge-schweißt. Mein Hilferuf kam zwar bei BMW in München an und man 
bemühte sich wohl auch, doch der versprochene Ersatzrahmen kam bis zu 
meiner Heimreise (14 Tage später) nicht an. Also mit dem geschweißten 
nach Hause fahren. Ging eigentlich bis auf das übliche eckige Laufen des 
Motors auch ganz gut, nur die Ölablasschraube vom Differentialgetriebe 
löste sich in Rumänien. Glücklicherweise bemerkte ich es bei einer kurzen 
Zigarettenpause. Das Öl auf dem Hinterreifen stimmte mich doch ein wenig 
nachdenklich. Zum Glück war ich gerade auf einem guten, wenn auch nicht 
deutschen Verhältnissen entsprechenden, Stück Autobahn. Ich darf nicht 
darüber nachdenken, was in den Bulgarischen Karpaten hätte passie-ren 
können. 

Zuhause angekommen also ab zu BMW. Eine doch wohl größere Reparatur stand 
an. Übri-gens hatten beide Seitenkoffer je ein riesiges Loch an der 
Innenseite vom Rahmenbruch da-vongetragen. Aber BMW erkennt seine Fehler 
an und ersetzte diese kommentarlos gegen zwei Neue.
Im Laufe dieser Reparatur (oder vielleicht schon besser Rundumerneuerung 
bei ca. 35.000 KM) wurde auch ein neuer Kabelbaum eingebaut. Soweit gut, 
nur daß dabei beinahe das Motorrad abgebrannt wäre (wäre es doch bloß), 
so daß ein 3. und 4. Kabelbaumeingebaut werden mußte. Der 3. war für 
einen anderen Typ. Das wurde aber erst beim Verkabeln der Rücklichter 
festgestellt.
Die Wiederherstellung meiner RS dauerte nun bereits 2 Wochen. Zufrieden 
konnte ich nun dennoch nicht sein. Zwei Wochen Werkstatt und die 
Bremsscheiben hörten sich an wie eine Porzellanschüssel voller Besteck 
beim befahren von Kopfsteinpflaster. Beim Bremsen mußte ich mich nun wohl 
an ein sehr unangenehmes Ruckeln (ca. 3 mm Längsspiel der Bremsschei-be), 
das nach Aussage des Mechanikers im Tolleranzbereich liegt, gewöhnen. Ich 
allerdings wollte mich nicht daran gewöhnen und fuhr zum TÜV. Dieser 
wiederum fand das Spiel mei-ner Bremsscheiben wohl auch etwas groß, 
wollte aber keinen Ärger mit BMW und befand dies als noch vertretbar. BMW 
war wohl doch über meine Fahrt zum TÜV etwas erstaunt und spendierte 2 
neue Bremsscheiben samt Bremsbelägen für mein Vorderrad. Hatte ich wohl 
doch recht?
Leider waren das nicht die einzigen Mängel bis zu diesem KM-Stand und sie 
sollten auch nicht aufhören. Doch ich liebe sie einfach, meine R 1100 RS, 
und deshalb werde ich wohl damit leben müssen (oder)?


Trotz der diesjährigen Temperaturen fahre ich (außer bei Schnee) jeden 
Tag. Da friert auch schon mal das Visier bei -14 Grad unter Null von 
innen zu. Aber das macht nichts, Hauptsa-che wir fahren. 

Nur leider fährt sie nicht. Der Motor macht mehr und mehr unangenehme 
Geräusche. Irgend etwas rollt (vielleicht ein defektes Lager), und ich 
gehe wieder einmal vorzeitig zur 60.000 KM Inspektion. Idioten sind wir 
Fahrer nun nicht mehr bei BMW, und man erkennt auch die von mir 
beanstandeten Mängel. Gut, der Motor wird eingestellt, die beiden 
Abdeckplatten am Zylinder (wohl als Zugang zu den Steuerketten gedacht) 
werden wieder abgedichtet (übrigens auch alle 5 TKM) und die vordere 
Motorabdeckung auch (zuletzt bei 47.000 KM) und ich bekomme sie nach 2 
Tagen zurück (800 DM) . Nächste Woche kommt dann wohl ein Gut-achter. Er 
soll entscheiden, ob BMW ein neues Getriebe einbauen wird, wer denn 
eigentlich sonst?! 

Ich will noch einmal meine kleinen Probleme mit meiner RS aufzählen:

11000 KM	Heizgriffe defekt
15000 KM 	Öldeckel für Nockenwelle defekt 
20400 KM	Tachoantrieb defekt
21000 KM 	2 Gummistutzen zwischen Einspritzung und
Zylinder erneuert
23500 KM 	Tachoantrieb defekt (nein! nicht verschrie-
		ben)
25000 KM	Kupplung gewechselt
30200 KM 	Öldeckel für Nockenwelle undicht
37000 KM	Rahmen gebrochen
37000 KM 	Seitenkoffer ersetzt, neue Sitzbank
37500 KM	Bremsscheiben vorn erneuert
37500 KM 	Lenker gewechselt
37500 KM 	Kabelbaum gewechselt (insgesamt 3 Stück 
neu eingebaut)
40100 KM	Öldeckel für Nockenwelle undicht
43200 KM	Motordeckel vor undicht
44300 KM 	Auspuffhalterung gebrochen, neuer Auspuff
46500 KM 	Kopfdichtungen (beide Seiten) erneuert
46500 KM 	Getriebe eingestellt !?
57500 KM	Öldeckel für Nockenwelle undicht, Unruhe 		
	im Motorlauf (wahrscheinlich Getriebelager)
57500 KM	Wackelkontakt im Servicedisplay
57500 KM	Motordeckel vorn undicht
		alle 5000 KM Motor einstellen
59850 KM	Zylinderkopfdichtung (links) defekt
60623 KM	Tachopeese Nr.: 4 defekt

Das alles hat BMW bezahlt. Es hat mich also außer Ärger nichts gekostet. 
Aber es war nicht gerade wenig Ärger.

Meine R 1100 RS ist am 6. Juni 94 zugelassen, hat am 30.3.96 fast 60.000 
KM hinter sich, hat mir viel Freude aber ebensoviel Verdruß bereitet. Und 
nun muß auch noch das Getriebe ge-wechselt werden ... 

Ergänzung vom 8.Mai 1996:

Gut eine Zylinderkopfdichtung kann mal durchgehen, nur wenige Tage nach 
einer BMW-Inspektion doch nicht!. Also diesmal wollte ich mit dem 
erneuern der Dichtung BMW nicht beläßtigen, der eigentliche Grund war der 
Reparaturpreis von ca. 400 DM, nein das kannst du billiger haben dachte 
ich mir. 25 DM kostete die Dichtung, ein telefonat mit München und die 
Reparaturanleitung für die Zylinderkopfdichtung kam per FAX, so das ich 
nach 2 Stunden reparatur wieder fahren konnte. Ist auch nur ein ganz 
normaler Motor der von der RS.

Warum hat eigentlich ein so voller Elektronik gestecktes Motorrad noch 
einen mechanischen Tacometerantrieb? Ich weis warum! Damit BMW auch nach 
dem Verkauf noch an meiner RS verdienen kann. Kurz die Tachopese brach 2 
Tage nach der Zylinderkopfdichtung. Weshalb sollte ich auch mal eine 
Woche einfach nur fahren (ohne zu schrauben) können.

Fehler oder besser Defekte stellen sich nun mal bei jedem Motorrad ein, 
ist eben alles nur Technik, doch warum immer die gleichen und warum immer 
nur meine RS? 

Ich bin wieder gerade mal sind 5000 KM nach der 60 TKM Durchsicht 
gefahren. Nein weiter-fahren kann ich nicht mehr, meine Garage (oder 
besser die Werkstatt, oder noch besser das Museum) ist der beste Ort wo 
sich dir RS nun noch aufhalten sollte.
Schon in der vorigen Woche beanstandete ich die wieder einmal defekte 
Ölschraube des Dif-ferentialgetriebes. Nur der Meister meinte „beobachte 
es mal, es könnte ja auch der Nullring sein", nein ist er aber nicht. Das 
Hinterrad und die hintere Bremsscheibe sind völlig verölt, soll ich damit 
noch fahren? Nein lieber nicht. Auch die Zylinderfußdichtung rechts, ist 
wieder defekt. 

Schwimmende Bremsscheiben sind wohl die beste Erfindung aller Zeiten 
denke ich, nur nicht an meiner RS bitte. Doch ... das Längsspiel stellt 
sich wieder ein. Beim Bremsen ein sehr an-genehmes ruckel im Vorderrad, 
einfach toll dieses gefühl wen du dich jedesmal fragst was ruckelt dort 
vorn?

Und auch der Leerlauf ! einfach toll rundlaufen ist was schönes nur meine 
RS kanns nicht. Diesmal geht der Motor sogar nach längerer Fahrzeit bein 
schalten einfach aus, super wen dann das Hinterrad blockiert.

Ich will nun aber nicht mehr, ich habe es einfach satt. Wie teuer soll 
das Teil (meine R 1100 RS) eigentlich noch werden. Sicher 63500 KM sind 
schon ne Menge Weg, doch eine BMW sollte das wohl können. Hinzu kommt nun 
noch das BMW zwar ein neues Getriebe einbauen will, doch ich soll 50% der 
Materialkosten tragen. Warum eigentlich, das daß Getriebe hin ist sieht 
BMW doch auch und warum soll ich für diesen Pfusch dann noch bezahlen?

Ich bin gespannt wie es weiter gehen wird mit meiner RS. Ich habe dem 
Herrn Vorstandsvor-sitzenden Herrn Pischetsrieder auch diesen Bericht 
geschickt, mit einem dementsprechenden Schreiben und um eine Entscheidung 
gebeten. 10 Tage später noch keine Antwort. Nun gut also noch einen Brief 
hinterher, mit einer Fristsetzung (bis zum 10.5.96) dann geht’s an die 
Presse. Mal sehen was BMW dann sagt, wartens wir also ab. Ich schreibe 
auf jeden Fall wie-ter, nur fahren werde ich in nächster Zeit wohl nicht 
können! Und dafür kann ich BMW dan-ken.


Lothar Hellwig
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 Danke und macht weiter so