Eine Geschichte zum weinen oder lachen
eine BMW R 1100 RS
noch einmal überarbeitet
Ich liebe meinen Alptraum
Wieder einmal März in Deutschland. Auf der CeBit in Hannover blühten die
ersten Krokusse und die Sonne strahlte nur so. Es war schon sehr warm und
das nicht nur auf dem Freigelände der Messe. So richtig heiß wurde mir
aber erst an einem Stand in einer dieser vielen Hallen. Da stand sie, rot
und einfach schön ... die neue BMW R 1100 RS. Ich verliebte mich bis über
beide Ohren in sie. Einfach ein Traum. Die muß ich haben - nur diese rote
nagelneue R 1100 RS sollte es ab diesem Tag sein.
Ein Jahr später und völlig zufällig kam ich in eine BMW-Filliale. ... und
da stand sie wieder, knallrot und nagelneu, die R 1100 RS. Ohne überhaupt
nach dem Preis zu fragen, bestellte ich sie und 3 Wochen später starteten
wir zur ersten, damals noch äußerst zaghaften, Ausfahrt.
Schnell wurde ich mit nun meiner R 1100 RS ein Herz und eine Seele. Das
Fahrwerk ... ein besseres gibt es einfach nicht. Kurven können nicht
genug sein. Sie will einfach nicht ausbre-chen und das bei einer
Straßenlage, die ich zuvor noch niemals erlebt habe. Nach wenigen Tagen
waren die ersten 1000 KM abgefahren und die erste Macke stellte sich ein.
Die Kupp-lung rutschte. Eigentlich ein Wunder, daß ich noch in die
Werkstatt kam. Aber die Durchsicht war ohnehin fällig.
Nachmittags war sie dann wieder gesund, lief wieder rund und schnell.
Einfach super dieses Fahrvergnügen. Also auf zur ersten größeren Tour.
Leider war der Spaß nach wenigen Kilo-metern wieder vorbei. Sie fuhr
zwar, aber wie?! Der Motor verlor von KM zu KM an Rund-lauf. Ihm
zuzuhören war ein Graus. Die Kupplung fing wieder an zu rutschen, so daß
nach 7.500 KM keine Nachstellmöglichkeit ohne Spezialwerkzeug mehr
möglich war. Die 10.000 KM Durchsicht mußte ich also reichlich nach vorne
verlegen. Nach erneutem Einstellen war ein rundes Laufen des Motors immer
noch nicht festzustellen. An der nächsten Kreuzung war sie wieder aus.
Ich muß die Werkstatt wechseln! Offensichtlich waren die Mechaniker zuvor
nicht genügend auf dem neuen Modell geschult. Leider ein Denkfehler.
Nachdem ich eine geschlagene Woche lang jeden Tag meine R 1100 RS morgens
in der Werkstatt abgegeben hatte, war der Spaß an der nächsten Kreuzung
auch schon wieder vorbei. Am 6. Werktag wur-den dann die
Ansaugverbindungen zwischen Einspritzung und Zylinder gewechselt! Nun
lief meine RS wieder als wäre sie neugeboren. Aber nach weiteren 5.000
KM war alles wieder vorbei. Fazit: Auch heute nach einem dreiviertel Jahr
und KM-Stand: 58.250 hält der Motor-rundlauf nicht mehr als 5.000 KM (wie
lange soll ich mir das eigentlich noch antun?).
Gut, also Werkstattintervall nicht, wie von BMW angegeben, alle 10.000
KM, sondern eben schon nach 5.000 KM. Der Ärger mit meinem „Traum" hörte
einfach nicht auf. So richtig los ging es allerdings erst nach 15.000 KM.
Der Ärger mit der Kupplung wurde immer mehr zum Alptraum. Dank der
„Großzügigkeit" von BMW wurde die Kupplung ausgetauscht.
„Nun kann’s ja endlich mal auf ganz große Tour gehen", dachte ich und
startete in Richtung Türkei, ohne zu wissen, daß mein Servicedisplay
bereits bei der Durchsicht Probleme berei-tete. Es war mir zuvor nicht
aufgefallen. Ich startete also in die Türkei ohne Öltemperaturan-zeige.
Damit konnten wir aber gerade noch leben. 1000 KM pro Tag sind für meine
BMW und mich kein Problem. Anfangs jedenfalls nicht. Kurz vor meinem Ziel
in Bodrum brach allerdings der hintere Rahmen. Eine Schraube am
Plastikkotflügel hielt das Hinterteil meiner RS noch zusammen. Die
Schrauben bei BMW taugen also wenigstens etwas. Dank der hilfs-bereiten
türkischen Motorradfahrer haben wir den Rahmen kurzer Hand wieder
zusammenge-schweißt. Mein Hilferuf kam zwar bei BMW in München an und man
bemühte sich wohl auch, doch der versprochene Ersatzrahmen kam bis zu
meiner Heimreise (14 Tage später) nicht an. Also mit dem geschweißten
nach Hause fahren. Ging eigentlich bis auf das übliche eckige Laufen des
Motors auch ganz gut, nur die Ölablasschraube vom Differentialgetriebe
löste sich in Rumänien. Glücklicherweise bemerkte ich es bei einer kurzen
Zigarettenpause. Das Öl auf dem Hinterreifen stimmte mich doch ein wenig
nachdenklich. Zum Glück war ich gerade auf einem guten, wenn auch nicht
deutschen Verhältnissen entsprechenden, Stück Autobahn. Ich darf nicht
darüber nachdenken, was in den Bulgarischen Karpaten hätte passie-ren
können.
Zuhause angekommen also ab zu BMW. Eine doch wohl größere Reparatur stand
an. Übri-gens hatten beide Seitenkoffer je ein riesiges Loch an der
Innenseite vom Rahmenbruch da-vongetragen. Aber BMW erkennt seine Fehler
an und ersetzte diese kommentarlos gegen zwei Neue.
Im Laufe dieser Reparatur (oder vielleicht schon besser Rundumerneuerung
bei ca. 35.000 KM) wurde auch ein neuer Kabelbaum eingebaut. Soweit gut,
nur daß dabei beinahe das Motorrad abgebrannt wäre (wäre es doch bloß),
so daß ein 3. und 4. Kabelbaumeingebaut werden mußte. Der 3. war für
einen anderen Typ. Das wurde aber erst beim Verkabeln der Rücklichter
festgestellt.
Die Wiederherstellung meiner RS dauerte nun bereits 2 Wochen. Zufrieden
konnte ich nun dennoch nicht sein. Zwei Wochen Werkstatt und die
Bremsscheiben hörten sich an wie eine Porzellanschüssel voller Besteck
beim befahren von Kopfsteinpflaster. Beim Bremsen mußte ich mich nun wohl
an ein sehr unangenehmes Ruckeln (ca. 3 mm Längsspiel der Bremsschei-be),
das nach Aussage des Mechanikers im Tolleranzbereich liegt, gewöhnen. Ich
allerdings wollte mich nicht daran gewöhnen und fuhr zum TÜV. Dieser
wiederum fand das Spiel mei-ner Bremsscheiben wohl auch etwas groß,
wollte aber keinen Ärger mit BMW und befand dies als noch vertretbar. BMW
war wohl doch über meine Fahrt zum TÜV etwas erstaunt und spendierte 2
neue Bremsscheiben samt Bremsbelägen für mein Vorderrad. Hatte ich wohl
doch recht?
Leider waren das nicht die einzigen Mängel bis zu diesem KM-Stand und sie
sollten auch nicht aufhören. Doch ich liebe sie einfach, meine R 1100 RS,
und deshalb werde ich wohl damit leben müssen (oder)?
Trotz der diesjährigen Temperaturen fahre ich (außer bei Schnee) jeden
Tag. Da friert auch schon mal das Visier bei -14 Grad unter Null von
innen zu. Aber das macht nichts, Hauptsa-che wir fahren.
Nur leider fährt sie nicht. Der Motor macht mehr und mehr unangenehme
Geräusche. Irgend etwas rollt (vielleicht ein defektes Lager), und ich
gehe wieder einmal vorzeitig zur 60.000 KM Inspektion. Idioten sind wir
Fahrer nun nicht mehr bei BMW, und man erkennt auch die von mir
beanstandeten Mängel. Gut, der Motor wird eingestellt, die beiden
Abdeckplatten am Zylinder (wohl als Zugang zu den Steuerketten gedacht)
werden wieder abgedichtet (übrigens auch alle 5 TKM) und die vordere
Motorabdeckung auch (zuletzt bei 47.000 KM) und ich bekomme sie nach 2
Tagen zurück (800 DM) . Nächste Woche kommt dann wohl ein Gut-achter. Er
soll entscheiden, ob BMW ein neues Getriebe einbauen wird, wer denn
eigentlich sonst?!
Ich will noch einmal meine kleinen Probleme mit meiner RS aufzählen:
11000 KM Heizgriffe defekt
15000 KM Öldeckel für Nockenwelle defekt
20400 KM Tachoantrieb defekt
21000 KM 2 Gummistutzen zwischen Einspritzung und
Zylinder erneuert
23500 KM Tachoantrieb defekt (nein! nicht verschrie-
ben)
25000 KM Kupplung gewechselt
30200 KM Öldeckel für Nockenwelle undicht
37000 KM Rahmen gebrochen
37000 KM Seitenkoffer ersetzt, neue Sitzbank
37500 KM Bremsscheiben vorn erneuert
37500 KM Lenker gewechselt
37500 KM Kabelbaum gewechselt (insgesamt 3 Stück
neu eingebaut)
40100 KM Öldeckel für Nockenwelle undicht
43200 KM Motordeckel vor undicht
44300 KM Auspuffhalterung gebrochen, neuer Auspuff
46500 KM Kopfdichtungen (beide Seiten) erneuert
46500 KM Getriebe eingestellt !?
57500 KM Öldeckel für Nockenwelle undicht, Unruhe
im Motorlauf (wahrscheinlich Getriebelager)
57500 KM Wackelkontakt im Servicedisplay
57500 KM Motordeckel vorn undicht
alle 5000 KM Motor einstellen
59850 KM Zylinderkopfdichtung (links) defekt
60623 KM Tachopeese Nr.: 4 defekt
Das alles hat BMW bezahlt. Es hat mich also außer Ärger nichts gekostet.
Aber es war nicht gerade wenig Ärger.
Meine R 1100 RS ist am 6. Juni 94 zugelassen, hat am 30.3.96 fast 60.000
KM hinter sich, hat mir viel Freude aber ebensoviel Verdruß bereitet. Und
nun muß auch noch das Getriebe ge-wechselt werden ...
Ergänzung vom 8.Mai 1996:
Gut eine Zylinderkopfdichtung kann mal durchgehen, nur wenige Tage nach
einer BMW-Inspektion doch nicht!. Also diesmal wollte ich mit dem
erneuern der Dichtung BMW nicht beläßtigen, der eigentliche Grund war der
Reparaturpreis von ca. 400 DM, nein das kannst du billiger haben dachte
ich mir. 25 DM kostete die Dichtung, ein telefonat mit München und die
Reparaturanleitung für die Zylinderkopfdichtung kam per FAX, so das ich
nach 2 Stunden reparatur wieder fahren konnte. Ist auch nur ein ganz
normaler Motor der von der RS.
Warum hat eigentlich ein so voller Elektronik gestecktes Motorrad noch
einen mechanischen Tacometerantrieb? Ich weis warum! Damit BMW auch nach
dem Verkauf noch an meiner RS verdienen kann. Kurz die Tachopese brach 2
Tage nach der Zylinderkopfdichtung. Weshalb sollte ich auch mal eine
Woche einfach nur fahren (ohne zu schrauben) können.
Fehler oder besser Defekte stellen sich nun mal bei jedem Motorrad ein,
ist eben alles nur Technik, doch warum immer die gleichen und warum immer
nur meine RS?
Ich bin wieder gerade mal sind 5000 KM nach der 60 TKM Durchsicht
gefahren. Nein weiter-fahren kann ich nicht mehr, meine Garage (oder
besser die Werkstatt, oder noch besser das Museum) ist der beste Ort wo
sich dir RS nun noch aufhalten sollte.
Schon in der vorigen Woche beanstandete ich die wieder einmal defekte
Ölschraube des Dif-ferentialgetriebes. Nur der Meister meinte „beobachte
es mal, es könnte ja auch der Nullring sein", nein ist er aber nicht. Das
Hinterrad und die hintere Bremsscheibe sind völlig verölt, soll ich damit
noch fahren? Nein lieber nicht. Auch die Zylinderfußdichtung rechts, ist
wieder defekt.
Schwimmende Bremsscheiben sind wohl die beste Erfindung aller Zeiten
denke ich, nur nicht an meiner RS bitte. Doch ... das Längsspiel stellt
sich wieder ein. Beim Bremsen ein sehr an-genehmes ruckel im Vorderrad,
einfach toll dieses gefühl wen du dich jedesmal fragst was ruckelt dort
vorn?
Und auch der Leerlauf ! einfach toll rundlaufen ist was schönes nur meine
RS kanns nicht. Diesmal geht der Motor sogar nach längerer Fahrzeit bein
schalten einfach aus, super wen dann das Hinterrad blockiert.
Ich will nun aber nicht mehr, ich habe es einfach satt. Wie teuer soll
das Teil (meine R 1100 RS) eigentlich noch werden. Sicher 63500 KM sind
schon ne Menge Weg, doch eine BMW sollte das wohl können. Hinzu kommt nun
noch das BMW zwar ein neues Getriebe einbauen will, doch ich soll 50% der
Materialkosten tragen. Warum eigentlich, das daß Getriebe hin ist sieht
BMW doch auch und warum soll ich für diesen Pfusch dann noch bezahlen?
Ich bin gespannt wie es weiter gehen wird mit meiner RS. Ich habe dem
Herrn Vorstandsvor-sitzenden Herrn Pischetsrieder auch diesen Bericht
geschickt, mit einem dementsprechenden Schreiben und um eine Entscheidung
gebeten. 10 Tage später noch keine Antwort. Nun gut also noch einen Brief
hinterher, mit einer Fristsetzung (bis zum 10.5.96) dann geht’s an die
Presse. Mal sehen was BMW dann sagt, wartens wir also ab. Ich schreibe
auf jeden Fall wie-ter, nur fahren werde ich in nächster Zeit wohl nicht
können! Und dafür kann ich BMW dan-ken.
Lothar Hellwig
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Danke und macht weiter so