From: Tom Bihr, bihr@informatik.hu-berlin.de
Subject: Fruehling in WALES :-))
Date: Mon, 01 Apr 1996 17:30:33 GMT
Organization: Humboldt University Berlin

Hallo miteinander,

die Saison ist ja bereits seit Wochen eroeffnet und da wird es hoechste Zeit,
den ersten Tourbericht loszulassen. 

Meine Fruehjahrstour ging diesmal etwas seltsame, insgesamt 4300 km lange Wege
nicht nur durch Deutschland. Ich hatte das grosse d.r.m.-Partywochenende zu
intergrieren (Aachen, Koeln, Forst/Ubstadt), was auch ganz gut gelungen ist.
Nochmal alles gute, Kris+Hardy! Koeln habe ich aus Praktikabilitaetsgruenden
ausgelassen, dafuer gab es am Sonntag in Forst noch eine recht ordentliche
Odenwaldtour. Bastian, was macht Dein Mopped?

Nach Berlin-Forst-Aachen-Forst ging die ganze Sache aber erst richtig los. In
den vergangenen Jahren bin ich ja immer quer Deutschland unterwegs gewesen.
Diesmal sollte unbedingt ein Freund in Bangor/Wales besucht werden. Also von
Forst nach Rotterdam/NL. North Sea Ferries nach Kingston upon Hull/UK kann ich
nur empfehlen. Sehr ordentliche Schiffe und fuer 5 Pfund kann man am
Fruehstuecksbuffet graben bis die Wampe platzt. Aber Vorsicht: Es sind
Heerscharen von Abraeumkellnern  unterwegs, die einem immer, wenn man Nachschub
holt, das Geschirr klauen. :-)) Also in Gruppe fahren! :-)

Rueber nach Wales faehrt man natuerlich NICHT die Autobahn M62/A55. Schoen ueber
Land fahren. Zuerst die Humber Bridge in Hull. Eine riesige Haengebruecke. Sehr
beeindruckend. Aber davon haben die Englaender einige. Dann ein wenig suedlich
halten, den Sherwood Forrest noederlich von Nottingham streifen, dann durch die
Huegel des Peak District National Park rueber nach Llangollen, dem Eingang nach
Wales. Dann noch mal huepf ueber die Cambrian Mountains (alles kleine
Huegelchen) und durch Snowdonia (Forrest and National Park). Mount Snowdon (mit
1082 m hoechster Gipfel dort) kaum passiert und schon ist man an der Westkueste.
Gerade vierhundert km, locker an einem Tag zu schaffen. 
Soweit der Katalog. Ahem. Naja. Ich  hatte etwa fuenf Grad Lufttemperatur,
zahlreiche starke Regenschauer und dazu noch netten boehigen Wind. 

Da ich moppedmaessig Snodonia und die Cambrian Mountains schon erforscht hatte,
war ich diesmal auf der Insel Anglesey and Holy Island unterwegs. Kann man so
haben. Sehr huegelig, viele kleine Straesschen und das eine oder andere zum
Betrachten. Zum Beispiel in Beaumaris eine schoene alte Festung, die genau so
aussieht, wie man sich englische Burgen so vorstellt. Allerdings nicht sehr
hoch. Es gibt zahlreiche sehr schoene Steilkuesten, z. B. ganz versteckt Port
Elias in der Naehe von Moelfre oder Southern Stack auf Holy Island am Holy
Mountain. Holyhead (Stadt auf Holy Island) hat noch was recht spezielles zu
bieten: Die Schnellfaehre nach Irland. Haber ich leider nicht ausprobieren
koennen, weil nicht genug Zeit vorhanden war. Sieht aber sehr beeindruckend aus.
Es ist ein Katamaran in Groesse unserer Englandfaehren. Ein riesen Teil. Sehr
windschnittig gebaut. Vielleicht lege ich mal ein Bild in's WWW. Mal sehen.
Wetter war uebrigens gnaedig. Ich hatte Sonne, wenig Wind und Temperaturen so um
5 Grad. 
Einen Tag habe ich mich zusammen mit meinem Bekannten noch auf Sightseeingtour
durch Wales gemacht. Die Waliser und die Englaender sind frueher mal auf die
Idee gekommen, dass man Waren ganz gut auf dem Wasser transportieren kann. Also
ist das ganze Land von kleinen Kanaelen durchzogen. Die sind so um die zwei bis
drei Meter breit und etwa eineinhalb Meter tief. Befahren werden sie mit
schmalen und recht langen Booten. Naja. Das ist an sich sicherlich nicht
sonderlich bemerkenswert. Wird es aber, wenn man sich ueberlegt, wie hueglig
dort die Landschaft ist. Staendig stellt sich ein Berg oder ein Tal in den Weg.
Kein Problem. Man baute eifrig Bruecken und Tunnel. Die Bruecken nennt man zu
Deutsch Aquaedukt und zu Englisch aqueduct. Und einige davon kann man sich in
Wales betrachten. Einer geht quer ueber ein Tal (in der Naehe von Llangollen)
und unten plaetschert der River Dee. An anderer Stelle (Glyn Ceiriog bei Chirk)
findet man gleich neben der Talueberquerung einen 412 m langen Tunnel. Die
Kanaele sind uebrigens saemtlichst von Fusswegen gesaeumt. So auch die Bruecken
und Tunnel. Auf der Haelfte ist der Tunnel bei Chirk ziemlich dunkel. :-))

Naja, Rueckfahrt ist schnell erlaeutert. Wieder zurueck wie gekommen bis Hull.
Dort diesmal nach Zeebruegge/BE, da Rotterdam schon ausgebucht war. Die Faehren
fahren im Abstand von einer Viertelstunde von Hull ab. Ist also nur ein
km-Problem in Europa. Der Hafen von Hull ist uebrigens insofern interessant, als
dass er in Form von Docks funktioniert. Mittels Schleuse wird im Hafen immer der
gleiche Wasserstand gehalten - unabhaengig vom Gezeitenhub in der Nordsee. Die
Schleusen sind sehr knapp ausgelegt. In der Laenge vielleicht fuenf Meter und in
der Breite hoechstens ein halber Meter Spielraum. Es ist sehr faszinierend, das
Schiff da reinmanoevrieren zu sehen. Und es ist nicht angestossen.
 
Rueckfahrwetter war - naja - maessig. In den Bergen des Peak District mal ein
Schneeschauer. Dabei habe ich mir noch nichts gedacht. In Zeebruegge dann wieder
Schnee, ebenso in den Niederlanden und im Muensterland. Das Zeug blieb nie
liegen und die Schauer dauerten auch hoechstens fuenf Minuten. Bis Hannover war
das alles auch o.k. Die letzte Etappe (Hannover-Berlin) ist dann aber doch etwas
extrem geworden. Die Nachrichten sprachen von zahlreichen Glaetteunfaellen und
einigen Todesopfern. Da wollte ich nicht unbedingt mittun. Die Schneeschauer
wurden heftiger und heftiger, wurden zu dichtem Schneetreiben und in Rathenow
(etwa 80 km vor Berlin) blieb dieses unangenehme Zeug dann ploetzlich auch auf
der Strasse liegen. Das war eine Eierei! Aber ich bin heil durchgekommen. Habe
jetzt wohl den garantiert-kein-Weichei-inside-Stempel auf der Stirn. :-)) Aber
ich gebe gern zu, dass ich Hannover-Berlin schon durchaus angenehmer gehuepft
bin. 

So, das war's Leute! Was soll ich noch schreiben? Mir nach! Macht Eure Touren
und schreibt drueber. Damit die anderen auch 'was davon haben.

Gruss, Tom

P.S.: Fragen zu UK-Reisen beantworte ich gern - so ich kann. 
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