From: elwood_b, elwood_b@cbr.aworld.de
Subject: alpen 1
Date: 19 Mar 1996 00:00:00 +0000
Organization:

Hallo alle Zusammen
hier also mein Bericht über die Alpentour, die ich gemacht
habe.

Im Leben eines begeisterten Motorradfahrers gibt es wohl
nichts besseres, als einmal mit dem Motorrad in die
Ostalpen zu fahren.
Da ich auch zu oben genannten Motorradfahrern gehöre,
sollte es also dieses Jahr passieren.

Die Probleme mit meinen 2 Kindern (wer paßt auf solche
Rabauken schon freiwillig 1 Woche auf) war erstaunlich
schnell gelöst. (Wofür hat man Opa und Oma :-))

Drei Kollegen aus der Firma entschlossen sich, auch mitzu-
fahren.
So waren wir also 6 Leute auf 4 Moppeds.
(Incl. 2 Ehefrauen)

Am Samstag den 10. Juni:
Es ging los. Treffpunkt war unser Büro in Ratingen um 7.00
Uhr.
War die Hinfahrt von Haan nach Ratingen noch trocken, so
haben wir uns in Ratingen dann die Regenkombis angezogen.
Noch unwissend, daß uns dieses Ritual durch den ganzen
Urlaub begleiten sollte.
Und los ging es.
Wer von euch schon mal bei strömendem Regen mit dem
Motorrad auf der Autobahn gefahren ist, dem brauche ich
nicht zu erzählen, was uns die nächsten 1 1/2 Stunden
erwartete.
Lange Autobahnetappen mit dem Motorrad alleine sind ja
schon ätzend, aber dann noch mit Regenkombi und voll
beladener Maschine, Seitenwind und einer Schweinekälte.:-(
(Zu allem Unglück war mein Visier nicht ganz dicht.
Es lief von oben vom Helm Wasser hinter das Visier in den
Helm. Nach 1 Stunde habe ich den totalen Blindflug
gemacht).
Es schien aber so zu sein, daß wenigstens einer von uns am
Vortage seinen Teller leer gegessen hat.
Denn hinter Limburg (Elzer Berg) hörte es auf zu regnen.
Je weiter wir Richtung Frankfurt kamen, desto besser wurde
das Wetter. In Frankfurt war dann der Himmel blau und die
Sonne knallte.
Am Rasthof Spessart haben wir dann die erste ausgiebige
Rast gemacht. Regenkombis zusammengefaltet und uns erst
mal gestärkt. Bei behaglichen 24°C ging es dann weiter
Richtung Würzburg.
Um die öde Autobahnfahrerei für den Fahrer und seinen
Nikotinspiegel wenigstens einigermaßen erträglich zu
machen, haben wir jede Stunde oder alle 100 km eine Pause
gemacht.
Eigentlich ist ja an diesem Tag nix weiter passiert, bis
auf: Mein Kollege (Udo) fährt eine BMW K100.
Nun haben BMW Fahrer (ich weiß nicht warum) fast alle die
dumme Angewohnheit, beim parken Ihre Maschine auf den
Hauptständer zu stellen.
So auch UDO. Bei einer Rast parkte er neben mir, wollte
den Fuß auf den Hauptständer stemmen und..
Die Maschine kippte genüßich auf die andere Seite,
genau in den Kotflügel eines parkenden Audi 100 aus
Österreich. Hauptständer abgebrochen.
Da nun aber BMW K100 Verkleidungen recht stabil sind,
prangte eine dicke rote Schramme nebst Beule auf dem Kotflügel
besagten Audis.
Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie 2 Wiener auf sowas
reagierten. :-)
Naja. Wir konnten dann nach ca. 1 Stunde ohne Polizei und
Hauptständer weiterfahren bis nach Nesselwang.
Dort runter von der Autobahn und nach Pfronten zum
Alpenhotel Krone (Man gönnt sich ja sonst nix :-))
Das Unheil begann dann wärend des Verdauungsspazierganges.
Es fing an zu regnen.
Aber nicht irgend ein Regen. Nein. Sondern einer von der
Sorte: "Ich-höre-nicht-mehr-auf-und-versaue-dir-den-Urlaub"
Regen.
Wir konnten in dem nächstgelegenen Bistro noch soviel Bier
trinken- es regnete weiter Bindfäden.
Nach der sonnigen Hinfahrt hat *natürlich* auch keiner an
einen Schirm gedacht.
Also: Naß werden. So richtig ekelhaft langsam von oben
kalt in den Nacken laufender Regen. :-(

Sonntag den 11. Juni
Tja. Nach einer regenreichen Nacht und reichlich
Kreuzschmerzen sind wir dann bei Regen aufgestanden.
Frühstück, packen und bezahlen und dann ab in die
Tiefgarage zum Regenkombi anziehen.
(Es hat überigens an diesem Tag erst wieder in Bozen
aufgehört zu regnen.)
Die Fahrt über den Fernpaß Richtung Ötztal war echt
ätzend.Österreicher und Deutsche haben bei Regen wohl nix
anderes zu tun, als mit Ihren Autos die Straßen zu
verstopfen. Nach ein paar Kippenpausen haben wir dann die
Auffahrt zum Timmelsjoch in Angriff genommen.
Wissentlich, das der Paß mit 2500 m üNN das richtige zum
Eingewöhnen ist.
Aber: An der Mautstelle kamen uns *schneebedeckte* Moppeds
entgegen. Ein besorgter Moppedfahrer, der den Paß schon
hinter sich hatte, sagte uns "Doart droam hat`s an Schnee.
Fahrts bloas langsam"
( Im nachhinein noch mal Danke für den Tip)
Also für jedes Mopped 7,50DM bezahlt, Aufkleber kassiert
und ab gings.
Das erste war dann die Einfahrt in die tiefhängenden
Wolken. Sichtweite so ca. 10m. Im Schneckentempo die
Serpentinen hoch. Und dann..: Wieso beschlägt denn mein
Visier jetzt schon wieder? Aber das war kein Beschlag von innen
sondern Schnee von außen.
Es schneite wirklich. Temperatur ca. +2 °C und Sicht 00.
Und dann mit Mopped, Fahrer und Gepäck (so ca. 500 kg) auf den
Paß rauf.
Auf dem Paßkamm war dann die Östereichisch/Italienische
Grenze. Ich meine noch, aus den Augenwinkeln den
italienischen Zöllner ganz blöde ginsen zu sehn.
Aber es war nichts mit anhalten. Geschweige denn absteigen.
Ja. Und dann die ganze Sache bei ca. 10cm Schneematsch
wieder runter. So langsam und vorsichtig bin ich in meinem
ganzen Leben noch nicht Motorrad gefahren.
Irgendwann, nach unzähligen nassen und glitschigen Kehren
ging dann der Schnee wieder in Regen über.
Jetzt war erst mal ne Pause angesagt.
(Hat schon mal jemand von euch versucht mit einem
Ganzkörperkondom zu Pinkeln ohne sich selber zu besicken?)
Gar nicht so einfach. Und sieht "Versteckte Kamera"
verdächtig aus. :-)
Es ging dann die Timmelsjochstraße herunter bis nach
St.Leonard, und von da aus weiter nach Meran.
In Meran war es zwar schön warm (so ca 22°C) aber:
Es regnete. Nach einer ausgiebigen Pause mit viel Hunger
in einem Cafe wo es nix zu essen gab sollte es dann weiter
gehn. Aber nicht ohne vorher noch mal zu tanken.
Das Problem war nur: Sonntags sind in der Regel in Italien
alle Tankstellen geschlossen.
Nachdem wir dann an einer offenen Tankstelle mit 4
Tankfüllungen für unsere Moppeds dem Besitzer gleich noch
seinen nächsten Urlaub mitfinanziert haben gings weiter
nach Bozen.
Und siehe da: Der Regen hörte auf. In Bozen wurde es dann
noch wärmer und der Himmel wurde sogar mal blau.
(Ein klein wenig)
In Bozen haben wir dann (was sind wir mutig!) die
Regenkombis wieder ausgezogen.
Nun fast am Ziel (St.Ulrich im Grödnertal. Schönen Gruß
von Luis Trenker) beschlossen wir dann in Anbetracht der
verbleibenden Zeit noch einen Umweg über den Naturpark
Schlern zu fahren. Daß es zwischendurch wieder angefangen
hat zu regnen möchte ich hier nur am Rande und der
Vollständigkeit halber erwähnen. :-)
Um 17.30 Uhr waren wir dann glücklich aber: hundemüde,
kalt und hinternwehtuend an unserem Ziel.
Eine kleine Pension in St.Ulrich mit Ü/F für 28,-DM
(incl.Dusche und WC auf dem Zimmer)
Wir haben dann noch am Abend versucht, unsere
Schneeerinnerungen im Kopf mit Bier wegzuspülen, aber es
ist uns nicht gelungen.

Montag den 12.Juni
Habe ich schon gesagt, daß es seit dem Aufstehen regnet?
Wir sind also dann, um nicht Pickel zu kriegen, erst mal
in den Ort gegangen zum einkaufen. Postkarten,
Regenschirme, Briefmarken, Kippen, Kettenspray und
Lederfett. Wir sind eben noch nicht die perfekten Tourer.
Nur das mit dem Kauf des Regenschirms war wohl ne gute
Idee.
Denn: Es hörte auf zu regnen.
Udo hat inzwischen festgestellt, daß er den Bremshebel an
seiner BMW fast bis zum Griff ziehen kann.
Hauptbremszylinder undicht.
Also: Ab auf die Moppeds (es war so ca. 12.00 Uhr)
und ab nach Bozen. Denn dort war ein BMW Händler.
Habe ich schon gesagt, das es *nicht* geregnet hat, als
wir losgefahren sind!!
Lustig war auch Jupp (BMW R80R).
Wie er jeden Morgen seinen Ölstand kontrollierte und dann
irgendwas "nicht Jugendfreies" vor sich hinmurmelnd
versuchte 1/2 Liter Öl ohne Flecken in das 5 Markstück
große Einfülloch zu schütten .Aber er hat es immer
geschafft. Übung macht eben den Meister.
Dann gings los. St.Ulrich liegt auf 1200 m üNN.
Also eine schöne Paßstraße (teiweise sogar trocken)
herunter auf die SS12 Richtung Bozen.
In Bozen angekommen (es schien die Sonne wie verrückt)
mußten wir uns erst mal in ein Eis-Cafe setzen.
Zum schießen der Beweissicherungsfotos.
Nachdem Udo dann mehrfach versucht hat, sich von
italienischen Taxifahrern den Weg zum BMW Händler erklären
zu lassen, haben wir dann erst mal eine ausgiebige
Stadtrundfahrt auf der Suche nach dem blauen BMW Schild
gemacht.
Und genau um 14.05 Uhr haben wir ihn dann gefunden.
Er machte nur leider um 14.00 Uhr Mittagspause.
Also: Laden zu. ca. 5 andere Motorradfahrer davor, die
alle irgendwelche Ersatz-oder Sturzteile wollten.
Wir haben dann beschlossen, weiterzufahren.
Auf der Generalkarte (jawohl. Die hab ich nicht zu Hause
vergessen) sah die Strecke von Bozen nach Sterzing über
das Penser Joch (2214 m üNN) ganz gut aus.
So war es dann auch. Die folgenden 2 Stunden motorrad-
fahren entschädigten uns schon für den gestrigen Sonntag.
In Sterzing angekommen haben wir dann an einem nagelneuen
Autohof Rast gemacht und die besten Spaghetti seit Jutta
(meine Frau) gegessen.
Wie nun zurück? Die doofe Landstraße SS12 oder Richtung
Brunek und das Grödner Joch. Die Entscheidung fiel
einstimmig für "Joch". Weil, deswegen waren wir ja
hergekommen. Und zum Regenkombi anziehen. Denn es fing,
wir waren noch keine 10km unterwegs, wieder an zu regnen.
Auf meine Frage hin, ob schnell nach Hause, habe ich 5
Helme gesehen, die "nein" schüttelten.
Also Los.
Und es hat geregnet, geregnet und geregnet.
Teiweise so stark, das man noch nicht mal einen LKW
überholen konnte, weil man nicht weiter als 20m gucken
konnte.
Dann kam die Auffahrt zum Grödner Joch (2121 m üNN) und
unweigerlich wieder die Gedanken an den Schnee von
gestern.
Warum auch nicht: Es schneite auf dem Grödner Joch.
Der Schnee blieb zwar nicht liegen, aber dafür war es
gefühlsmäßig noch kälter als auf dem Timmelsjoch.
Also rein in das Gipfelcafe.
Nachdem wir den frisch geputzten Flur mit unseren
klatschnassen und verdreckten Regenkombis in etwas
verwandelt haben, was stark einer Sumpflandschaft gleichkam,
gab es dann heißen Kakao mit ohne alles.
Nachdem obligatorische Beweissicherungsfotos geschossen
waren, die Pfützen wieder weggewischt, die Handschuhe
wieder warm waren und die Laune und Lust trotz Regens
wieder merklich gestiegen waren ging es dann weiter die
letzten 15km bergab bis nach St.Ulrich.

Weiter mit Alpen2
Und Tschüss

Elwood_B.
Und immer daran denken:

Es sind 106 Milen bis Chicago, wir haben genug Benzin im Tank,
ein halbes Päckchen Zigaretten es ist dunkel und wir tragen
Sonnebrillen.   T R I T T     D R A U F   !!!