From: Radbert Grimmig, grimmig@mail.fb15.uni-dortmund.de
Subject: On the road with the Bartz Brothers (lang)
Date: 12 Dec 1997 12:31:56 GMT
Organization: University of Dortmund, Germany

Tja. Nachdem ich jetzt wieder ein wenig aufgetaut bin, werd ich mich 
doch mal an einer Schilderung der Erlebnisse vom letzten Samstag
versuchen:

Christopher hatte mich nach Koeln auf die Fete der Werkstatt eingeladen, 
wo er wohl mal gearbeitet hat. "Das wird guuuuuuut!" Wenner das sacht ...

Leider die Wing-Bremse bis dahin nicht wieder hinbekommen, egal,
die 140 km reiss ich auch noch mit der Kleinen ab ... in dem grade 
beginnenden Schneegestoeber faehrt (und faellt ...) es sich damit
womoeglich sogar angenehmer ... ca. 15:20 los. Der Schnee bleibt
noch nicht liegen, und ab Olpe Dosenbahnanfang wirds ja wohl
langsam aufhoeren - ueblicherweise schneit es doch nur hier im 
Sauerland, denk ich mir so.

Doch weit gefehlt. Immer wieder erstaunlich, was so ein paar extra
Hoehenmeter ausmachen; schon auf dem Weg nach Plettenberg
bleibt der Schnee auf einer Kuppe liegen, und auf einem Buckel
zwischen P'berg und Attendorn folgt die erste Rutschpartie. Es ist
mir nicht mal direkt kalt, aber die Wegweiser zum "Bahnhof" sahen
noch nie so einladend und bunt aus ... 

Auf dem Zubringer zur Bahn in Olpe zieh ich eine km-lange Schlange 
hinter mir her. Das Schneegestoeber haelt an, der Schnee formt
eine geschlossene Decke. Dennoch beschliesse ich, auf die Bahn 
zu fahren ("Kann ja nich ewig so weitergehen, die paar km ...")

Auf der Bahn bekomme ich dann nach einigen km direkt Todesangst,
und die Anschaffung eines billigen stollenbereiften Gespanns fuer 
den Winter rueckt auf der Prioritaetenliste stetig weiter nach oben. 
Etwa 5 km vor der ersten Ausfahrt fahr ich auf den mittlerweile voellig 
verschneiten Standstreifen und leg mich beim Anhalten endlich auf die 
Schnauze. Bis zur Ausfahrt brauch ich mit Schrittgeschwindigkeit nicht 
ganz eine Stunde, am Abzweig von der Bundesstrasse leg ich mich fast
das zweite Mal hin. In der Kneipe sitzen ausgesprochen zwielichtige
Typen; spaeter erfahre ich, dass es hier in aeh Eckenhagen (oder so)
eine Umschulungsanstalt fuer Ex-Knackis gibt ... Die Insassen meinen,
die Schneegrenze laege etwa bei Gummersbach bis Engelskirchen, 
laut Karte ueber 20 km - bei Schrittgeschwindigkeit drei Stunden.
Schweren Herzens beschliesse ich, das Moppedle hier stehen zu 
lassen und es per Anhalter zu probieren - schliesslich hab ich noch
einen Termin heut nacht ...

Und hier werden mir die ganzen Pannenhilfen und Starthilfe-
Spendungen offensichtlich endlich mal angerechnet, es laeuft wie 
im Comic, kaum ist der Daumen draussen, schon haelt der Pfarrer an, 
allerdings faehrter einen Fiesta und kein /5-Gespann. (Sein Bruder besitzt
allerdings ein GoldWing-Gespann ... er habe zwar auch den Schein, aber 
das bruederliche Geraet waer zum Ueben und Wiedereinsteigen wohl nich 
so ganz das richtige ...)

Tatsaechlich hoert kurz hinter Engelskirchen das Schneetreiben auf, in
Koeln regnet es noch nicht mal und er setzt mich direkt bei Christopher 
vor der Haustuer ab - ich bin tatsaechlich fast ne Stunde zu frueh. Diese
Demuetigung.

Am Tisch sitzt bereits ein blonder Softie, es handelt sich um Bruder 
Ruediger. Wenn man genau hinkuckt und sich Christophers Stoppelbart 
wegdenkt, sehen sie sich sogar gar nicht so unaehnlich. Der Kleinste, 
Oliver, fehlt: er ist wichtiger Mitorganisator im Studentenstreik und als 
solcher auf irgendeiner DesignerInnen-Party grad unabkoemmlich, eigentlich 
waern die Jungs wohl auch ganz gern da hin ...

So ziehn wir gegen zehn zu besagter Moppedwerkstatt, die sich als
einer von Koelns groessten Motorradhaendlern entpuppt. Auf der
Buehne tobt sich ein mittvierziger blondgelockter Cowboy aus und 
legt das unverschaemteste Halbplayback hin, das ich in meinem Leben 
gehoert habe; auch die folgende Band reisst es irgendwie nicht raus, 
das Bier ist zwar gut und kalt, doch abgesehen von Christophers 
Vergangenheit in Form einer grossen Blonden, die sich nicht so recht 
bewaeltigen lassen will (worueber die aktuelle Freundin, Sibylle, 
grosszuegig hinwegsieht) tobt hier nich grad der Baer, "letztes Jahr 
wars viel besser", muss an mir liegen, diesen Effekt hab ich auf Parties.

Danach ziehen wir in einen Laden namens "Feez" in Nippes, in dem
staendiger Frauenueberschuss zu herrschen scheint und das Bier 
fuer ansehnliche Herren infolgedessen recht preiswert ist - sonst
legen die Bartz Brothers hier wohl auch gelegentlich Platten auf.
In Erwartung einer Schrauberfete in irgendeinem dreckeligen Hinter-
hof habe ich allerdings keine entsprechende Abendgarderobe dabei
- fuehlte ich mich in meinen klitschnassen verschwitzten Mopped-
klamotten schon auf der letzten Party etwas fehl am Platze, so
bin ich hierfuer nun voellig underdressed, na ja macht nix. Gegen
halb vier werden wir endgueltig ruede auf die Strasse geworfen,
Christopher blickt seinem apathischen Bruder in die Augen, drueckt
ihm einen Schluesselbund in die Hand und verschwindet mit einer
anderen Grossen Blonden in einem Taxi.

Davon ausgehend, dies sei der Autoschluessel gewesen, wundere
ich mich ueber die eingeschlagene Richtung ein wenig, doch 
Ruediger scheint davon auszugehen, dass ich nur unwesentlich 
fahrtuechtiger sei als er (und hat wohl auch keinen Nerv, einem
fast Unbekannten seinen flammneuen Audi anzuvertrauen.) Auf
einer groesseren Durchgangsstrasse gelingt es uns, einTaxi 
anzuhalten. Als ich die Tueren oeffne, quillt mir eine illegal
riechende Qualmwolke entgegen; auf der Fahrt erzaehlt und 
der Fahrer freimuetig von seinen Kumpels in der Schweiz, die 
diesen extrageilen Kolumbianischen Hanf dort kultivierten. Fuer
den Dope laesst er sich auch nicht bezahlen; die Fahrt kommt
auf neun Mark "dafuer laesst Dir hier sonst keiner auch nur
den Motor an!" sagt Christopher hinterher dazu ... allerdings 
waren wir irgendwie nich mehr so ganz in der Lage gewesen,
das Wechselgeld zu zaehlen ...

Sibylle ist noch wach und nimmt irgendwelche Platten auf, 
Christopher noch nich da ... als er einige Stunden spaeter
auftaucht, bietet sich ihm ein Bild wie in einem schlechten
Film: Sein eigener Bruder im Bett neben seiner Freundin,
ich auf SEINER Iso-Matte und er muss auf dem Boden 
schlafen ... die diversen Tritte gegens Knie werte ich als
gut dressierter Mitschlaefer als Zeichen zum Rueberrutschen;
wie er mir beim Fruehstueck erklaert, wollte er aber bloss,
dass ich mit Schnarchen aufhoere.

Zum Fruestueck trinken die Jungs uebrigens Kamillentee,
der ist bekoemmlich und gut fuer den Magen. Das Mopped
war noch da.

Gruss, Radbert
--
"Wir sehn uns in Mexico!"