Leider hatte ich gestern abend den @/&($-Elektrofips in der Hupe nicht
mehr finden koennen - muss aber wohl doch in einem der Kabel am Relais
oder im Schalter oben sein ... grrrmbl ... jedenfalls funktionierte die
Hupe nach dem erneuten in-die-Verkleidung-Knubbeln der Kabel etwas oefter
als vorher ... sodann hatte ich mit Schlauchschellen einen Besenstiel als
Fahnenmast am Gepaecktraeger aufgeriggt. Mutter hatte nicht nur eine alte
Buegeldecke geopfert, sondern war sogar bereit, sich von einer Tischdecke
zu trennen - prima, dann reichts auch noch fuer ein Transparent vorn
ueber die Verkleidung ... fantasielos, wie ich bin, schrieb ich einfach
"SCHLUSS JETZT!" drauf. Einer spontanen Eingebung folgend, fuegte ich
meine rrr# hinzu ...
Heute morgen um sieben Uhr aus dem Bett gequaelt - kein Brot da, Papa
geht erst noch zum Baecker - auch nett, dann poll ich erst noch. So weit
hatte die Strecke auf der Karte auch gar nicht ausgesehen, in Olpe auf
die Bahn, in Bielstein wieder runter, noch 25 km Landstrasse und die
letzten paar Meter Stadtautobahn und durch Bonn bis zur Josefshoehe, kann
nicht viel mehr als 160 km sein. "Ueber Much willst Du fahren? Da ist es
doch so bergig ..." sagt Papa. Kann mir eigentlich nur recht sein,
andererseits: wenns fruehmorgens kalt und feucht ist, machen die Kurven
eh keinen Spass. "Fahr doch lieber ueber Overath." Hm, ginge auch. Ich
beschliesse, die endgueltige Wahl von meinem Spritvorrat abhaengig zu
machen.
Bis Olpe *ist* es kalt und feucht, die Kurven *machen* keinen Spass, der
Sprit reicht auch, doch an der Tanke in Overrath bin ich dann doch etwas
ungluecklich, denn jetzt ist die Sonne draussen und die Strassen so weit
abgetrocknet - und die gehen hier weitgehend geradeaus. Na ja, ist ja
alles nicht fuer Spass. In Bonn frag ich an einer Tanke nach dem Weg, der
Mann hat keine Ahnung und verweist mich an einen Taxifahrer. Dieser ist
eher noch juenger als ich und dennoch ausgesprochen muffelkoepfig: "Ja,
weiss ich, wo das ist, obwohl, da drin" (deutet auf die Tanke) "gibts
auch nen Stadtplan, komm mir immer vor wie ein Auskunftsbuero, dauernd
kommt wer ran ... also , da hinter der Aral rechts rein, an der
Einmuendung links, dann noch zweihundert Meter, dann rechts." Wixer.
Egal. Scheint ganz in der Naehe zu sein.
Auf dem Parkplatz vor der Strassenbahnhaltestelle Josefshoehe fallen die
200 ebbes Studis, die bereits da sind, zwischen den Gluehwein- und
Wuerstchenbuden gar nicht weiter auf - es ist auch erst halb elf und es
waren grad mal 144 km. Ich stell mich zwischen eine Gulaschkanone und
einen Gluehweinstand und befestige das vordere Transparent. Nach und nach
fuellt sich der Platz, die ankommenden Bahnen aus Richtung Hauptbahnhof
werden immer voller - ob der Dortmunder AStA da nicht etwas knapp
kalkuliert hat mit der "Ankunft Josefshoehe 11:54"? Inzwischen bereue ich
es, mich nicht woanders hingestellt zu haben ... besipielsweise an einen
Ort, von dem aus ich an den ANFANG des Zuges fahren kann, wenns losgeht
... andererseits kenn ich mich weder in Bonn aus, noch weiss ich auch
nur, in welche Richtung wir den Parkplatz verlassen werden, also was
solls. Wenn ich hinterher zockel, wird aus dem Spruch auf dem Transparent
sogar noch ein Bonmot ... Inzwischen gehen die Reden los ... eine
Paedagogik-Ersti aus Giessen schildert die unglaublichen
Studienbedingungen, und mir bricht das Herz. Ein Typ namens Olaf *Bartz*
von der Uni *Koeln* stellt den Forderungskatalog vor. Sehen kann ich ihn
nicht; er redet aber ganz anders als Christopher - das wird doch wohl
nicht der Bruder sein, der bald die "aus-zwei-mach-eins"-Domi kriegen
wird?
Die verschiedensten Leute sind da, aber irgendwie doch alles ganz normale
Studis. Und sehr sehr wenige Demo-Profis. Kaum Kapuzentraeger, viele
Transparente sind aus Pappe oder gar Papier, einige enthalten noch nicht
mal Loecher, bei ner Anti-Atomkraft-Demo oder sonst einer ernsthaften
Konfrontation mit der Staatsgewalt haetten diese gepierceten Leutchen
hier keine Schnitte. Aber es sind auch eindeutig weder Autonome noch gar
die Kinder der Unterprivilegierten, um mich herum wimmelt es von teurem
Nappaleder und Markenklamotten, und die anwesenden Protest-Parasiten
werden mit ihrem Gluehwein und ihren Wuerstchen einen guten Schnitt
machen. Dabei sind die Preise noch zivil, Kaffee eine Mark, Erbsensuppe
drei ...
Die Linke ist mal wieder bestens organisiert; obwohl vermutlich nur ein
sehr geringer Prozentsatz der Teilnehmer sich ihr zuordnen wuerde oder
auch nur sympathisiert, wimmelt es von knallroten Transparenten, Jusos,
PDS, DKP, sogar eine kleine PKK-Fraktion. So wird man benutzt, garantiert
werden spaeter auf irgendwelchen Pamphleten dieser und anderer
Organisationen Fotos von uns auftauchen, und sie werden alles so
hinstellen, als sei das alles ihre Aktion gewesen ... genau wie bei
unseren letzten Dortmunder Demos halt ... nicht zu vergessen den
Bekehrertypen mit seinem "Jesus Lebt!"-Schild ... was solls. Die
Schnittlaeuche verhalten sich ruhig, bis auf einen Motorradbullen, der
hektisch seine K75 auf und ab treibt.
Irgendwann soll es dann doch losgehen, aber es geht sehr langsam los, es
dauert schon laenger als 45 Minuten, bis auch nur alle von diesem Platz
runter sind - die muessen fast bis auf die Autobahn gestanden haben. Ich
reih mich hinter dem Traktor von der Agrar-Fakultaet der Uni Bonn ein,
die Jungs und Maedels auf dem Anhaenger lassen es sich gut gehen. Ich
lass mir eine Dose Krombacher anreichen und schaffe es so grade, sie
leerzuziehen, bevor es bergauf geht und ich die freie Hand fuer die
Kupplung brauch.
Und jetzt beginnt der anstrengende Teil. Den Motor dauernd ausmachen will
ich nicht, weil ich mangels Startleistung nicht sicher sein kann, ob ich
ihn ohne weiteres wieder ankriegen wuerde. Dank der kalten Aussenluft und
dem funktionierenden Luefter faengt aber nix an zu kochen und alles
bleibt dicht. Die Kupplung geht hoellisch schwer und es wird immer
schlimmer. Ohne Handschuhe geht es etwas besser, aber ich weiss im
Nachhinein nicht so ganz, wie ichs ueberstanden hab. Zeitweise bleibt
links ein schmaler Rand frei von Demonstranten, und ich lass mich
eingekuppelt mit Standgas rollen, um die Hand etwas lockern zu koennen.
Dann muss ich wieder anhalten; eine Kommilitonin fuehlt sich irritiert:
"Sag mal, was soll das eigentlich werden?" Breit grinsend schau ich sie
an: "Was *glaubst* Du wohl, was das hier werden soll, Baby?" Ihre
Nebenmaennin beruhigt sie: "Lass, er hat ein Transparent vorne dran ..."
Sonst sind die Reaktionen ueberwiegend positiv, groesstenteils von
Sauerlaendern, die sich freuen, dass ich hier unserer Fahne hochhalte ...
nur die beiden "achterlichen Feger" von Ordnerinnen sind etwas
griesgraemig. Die Haesslichere von beiden ist sogar geradezu muerrisch
und verhindert mit einer erzuernten Gardinenpredigt, dass ich mir -
direkt unter den Augen der Ordnungshueter - einen staerkenden Schluck
Appelkorn schenken lassen darf - ob die Jungs mich wohl rausgezogen und
an Ort und Stelle pusten gelassen haetten? - Irgendwann stehen sogar ein
paar Dortmunder AnglistInnen am Strassenrand, entdecken mich, winken und
fotografieren. Das gibt ein Bild - um sowohl der Helmpflicht als auch dem
Vermummungsverbot genuege zu tun und ueberhaupt zu De-Eskalation hab ich
mir naemlich Papas Jethelm Marke "Eierschale" ausgeliehen, ich seh
bestimt aus wie Calimero ... na ja.
Irgendwann ist es vorbei, zur Kundgebung hab ich keinen Nerv mehr und
warte nur noch, bis sich der Verkehr etwas beruhigt hat, dann heisst es
Rueckfahrt nach dem Motto "Wenn wir zur Tagesschau zu Hause sein
wollen ..."
Obs was genuetzt hat? War auf jeden Fall spassig.
Bess dann, Radbert
--
http://zebra.fh-weingarten.de/~rrr/drm.faq/ - hier gibts die drm.FAQ
http://www.dejanews.com/ - alle alten Postings zu Heizgriffen,
Gegensprechanlagen etc.