Hallo Leuts.
Ich hab kuerzlich eine kleine Anfrage bezueglich Fahrwerk erhalten und
als erstes feststellen muessen, dass es zu diesem, doch immer wieder an-
gefragten und diskutierten Thema noch kein Kapitel in der FAQ gibt, auf
das man als genervter Gefragter den vorwitzigen Frager freundlich aber
bestimmt verweisen kann ... ;-)
Da ich eine etwas ausfuehrlichere Antwort gemailt habe, koennte man diese
hier vielleicht diskutieren, falls erforderlich korrigieren und/oder er-
weitern und anschliessend unveraendert ;-) in die FAQ uebernehmen.
Daher also ein RfD. ;-)
Und hier der betreffende Text:
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> Wenn ich die Federvorspannung veraendere. Was mache ich damit genau?
> Das Handbuch erklaert das eigentlich genau gar nicht.
Federvorspannung ist auch ein schlechter Begriff. Man sollte besser von
Federbasis reden. Das trifft's auch eher.
> Ich selbst stelle es mir so vor, dasz ich, wenn ich alleine fahre, eine
> Einstellung fuer mich und mein Gewicht habe, die ich veraendere, wenn
> ich jemanden
... oder Gepaeck ...
> mitnehme. Derzeit habe ich die Einstellung ziemlich genau auf "Std".
Ist bei Deinem (von mir geschaetzten) Gewicht vermutlich auch ok.
> Wenn ich nun jemanden mitnehmen will, drehe ich dann die Vorspannung
> Richtung "high" oder "low"?
High.
> Was veraendert sich dann genau?
Hmmm, das ist etwas komplizierter, wenn man es denn wirklich verstehen
will. Ich muss wohl ein klein wenig ausholen ...
Die Stoesselstange im Federbein (das silberne Ding, das 'rein und 'raus
geht) hat einen bestimmten, begrenzten Weg, den sie sich auf und ab bewe-
gen kann. Wenn das Moped aufgebockt, das Rad also unbelastet ist,
drueckt die Feder diese an ihren obere Anschlag - das Rad kann nicht
weiter nach "unten". Bei voller Belastung, also mit 2 Passagieren, Ge-
baeck und am besten noch beim Bewaeltigen eines Hubbels auf der Strasse,
also voll eingefedertem Heck, stoesst die Stange u. U. an den unteren An-
schlag. Der Weg dazwischen ist der Federweg. Soweit sollte das klar
sein. Nun braucht das Rad nicht nur einen bestimmten Weg, den es einfe-
dern kann (Positivfederweg), um z. B. diese Hubbel "auszubuegeln", son-
dern es muss auch ausfedern koennen (Negativfederweg), um in Loecher
"reinfahren" zu koennen. Je schneller dieser Ausgleich passiert, das Rad
also wieder Bodenkontakt hat, um so besser. Denn nur mit Bodenkontakt
bleibt das Ding lenk- und ueberhaupt fahrbar. Besonders in Schraeglage
sollte die Bedeutung dieser Funktion klar werden ... ;-)
Jedenfalls muss dieser Ausgleich erstens verhaeltnismaessig schnell und
zweitens so passieren, dass das Rad auch tatsaechlich die ganze Bewegung
ausgleichen kann (ohne durch die Grenzen der Federung limitiert zu wer-
den). Und je weniger Masse da dranhaengt, um so besser/schneller. Von
wegen Massentraegheit und so ... deswegen versucht man, die Bewegung des
Rades weitgehend von der des Mopeds abzukoppeln, da letzteres halt deut-
lich laenger braucht, um derartige Unebenheiten, also Veraenderungen der
Bewegungsrichtung, nachzuvollziehen.
Brauchen tut man die Federung also in erster Linie nicht wegen des Kom-
forts (das ist im Laufe der Zeit zu einem angenehmen Nebeneffekt gewor-
den), sondern wegen der Sicherheit - staendiger Fahrbahnkontakt ist das
Ziel. Wichtig hierbei ist uebrigens auch noch die Daempfung dieser An-
passung. Denn irgendwann muss das Moped ja "nachkommen", sich also die
"Normalstellung" des Daempfers wieder herstellen, sonst ist, nach
mehreren Stoessen in der selben Richtung, der Federweg aufgebraucht ...
Und nachkommen wuerde es nicht oder nur sehr langsam, wenn von der
Federung kein Impuls kaeme, der das Moped dann doch noch irgendwie in
Richtung der letzten Veraenderung draengt. Der Stoss darf also nicht
voellig weggefiltert sondern lediglich verzoegert bzw. "geglaettet" wer-
den. Und ewig nachwippen soll das Ding auch nicht, also muss es nach der
Einfederung bei der fuer eine Feder typischen und natuerlich auch hier
folgenden Ausfederbewegung ebenfalls gedaempft werden.
Fuer z. B. einen Hubbel muss also die Geschwindigkeit, mit der das Feder-
bein zusammenfaehrt, gebremst werden. Gleichselbiges gilt auch fuer die
andere Richtung: Man will auch verhindern, dass das Federbein unkontrol-
liert schnell ausfedert. Das funktioniert ueber den Daempfer, der im
Prinzip eine in zwei Teile geteilte Kammer hat: einen oberen und einen
unteren. Dazwischen sitzt (wie bei einer Luftpumpe) eine Platte, die an
der Stoesselstange befestigt ist. In dieser Platte sind mehrere Ventile,
durch die sich das Oel, das sowohl in der oberen als auch in der unteren
Kammer ist, jeweils den Weg in die andere Kammer sucht - je nachdem in
welche Richtung sich die Stoesselstange und mit ihr ihre Grundplatte be-
wegt (hier liegt uebrigens der Federweg versteckt: Der Weg der Platte
zwischen oberem und unterem Ende dieser Kammer im Daempfer). Macht man
die Ventile enger, kann man so die Daempfung erhoehen, also im Grunde die
Geschwindigkeit verringern, mit der die Stoesselstange auf und ab kann.
Ein- und Ausfedergeschwindigkeit muessen nun auch noch zueinander passen.
Denn wenn die Feder schneller ein- als ausfedert, dann wuerde sie irgend-
wann an die Grenze des Einfederweges "genagelt" werden. Umgekehrt na-
tuerlich ebenso. Also waere es nett, wenn man die Geschwindigkeiten un-
abhaengig regeln koennte, um sie aufeinander abstimmen zu koennen ...
Daher bei den aufwendigeren Mopeds verschiedene Ventile fuer beide Rich-
tungen in der Stoesselstangenplatte und nicht einfach nur fixe Loecher:
Das Ventil fuer die Veraenderung der Ausfedergeschwindigkeit ist die Zug-
stufeneinstellung, das fuer die Einfederung die Druckstufeneinstellung
(welche am Hinterrad eigentlich noch ein wenig komplizierter ist, aber
das wuerde hier und jetzt zu weit fuehren - vom Prinzip her stimmt's je-
denfalls ;-) ).
So. Soweit zur Daempfung. Klar duerfte sein, dass es zwei schlechte
Punkte gibt, an denen sich eine Federung (d. h. die Platte der Stoessel-
stange) befinden kann: Der unteren Anschlag (volle Kompression) und der
obere (volle Ausfederung). Weil dann eben kein Weg fuer den nexten
Schlag (oder das nexte Loch) uebrig ist ... Und der richtige Punkt ist,
wie so oft, irgendwo dazwischen. Und zwar ziemlich genau dort, wo der
obere Teil der Kammer ein Drittel und der untere zwei Drittel einnimmt.
Dies kann aber nur bei genau einem und nur bei diesem Gewicht bzw. einer
Belastungs"menge" der Fall sein. Je geringer die Belastung ist (weniger
"Nutzlast", umso dichter kommt die Platte an den obere Anschlag, je hoe-
her sie ist, umso dichter kommt sie an den unteren. Also braucht man
eine Kraft, die der Belastung entgegenwirkt. Und das ist typischerweise
die Feder.
Diese Feder sollte so ausgelegt sein, dass sie das anliegende Gewicht
zwar abfedert (also nicht zu hart sein), sich aber nie komplett zusam-
mendruecken laesst - auch bei maximaler Belastung nicht. Nun denke man
sich noch, dass diese Feder den Daempfer auseinander-, also die Stoes-
selstange aus dem Daempfer herausdrueckt. Also entgegen der Belastung
durch Fahrer und sonstiges, die die Stoesselplatte an das untere Ende der
Kammer (im Daempfer) druecken, dieser Platte eine Kraft zum oberen Ende
entgegensetzt. Befestigt ist das untere Ende der Feder am Daempferge-
haeuse und das obere an der Stoesselstange.
Belastet man das Moped nun, wird diese Feder zusammengedrueckt. Und zwar
so weit, bis sich das Gewicht und die Federkraft ausgeglichen hat. In
dieser Stellung sollte sich die Stoesselplatte wie gesagt optimalerweise
am oberen Drittel der Kammer befinden, die Stoesselstange als zu zwei
Drittel ausgefedert sein. Ist sie das nicht, ist das Gewicht also hoeher
als urspruenglich vermutet und die Stoesselstange schon zu weit im Daemp-
fer drin, "schieben" wir die Feder einfach ein Stueck nach oben. Das er-
folgt, indem man z. B. den Punkt, an dem die Feder unten am Daempferge-
haeuse aufliegt, (relativ zum Gehaeuse selber) weiter nach oben verlegt.
Zu diesem Zweck ist das Gehaeuse aussen meist mit einem Gewinde versehen,
auf dem eine grosse Mutter sitzt, welche wiederum als Auflage (Basis!)
fuer die Feder dient.
Da Federkraft und Gewicht schon im Gleichgewicht waren, die Feder also
nicht weiter zusammengedrueckt wird, passiert nun genau das Erwuenschte:
Die Stoesselstange (oberer Befestigungspunkt der Feder) wird weiter aus
dem Daempfer herausgedrueckt, die Platte wandert nach oben, in Richtung
des optimalen Punktes. Und das durch Veraendern des Auflagepunktes (der
Basis) der Feder: der Federbasis.
Ergo: Mehr Gewicht erfordert eine hoehere Federbasis, weniger Gewicht
eine niedrigere.
Woher kommt nun das Wort Federvorspannung? Das laesst sich am einfach-
sten erklaeren, wenn man sich den entlasteten Zustand der Feder vor Augen
fuehrt: Die Stoesselstange ist ganz ausgefahren, die Platte am oberen
Anschlag, die Feder vermutlich nur noch leicht gespannt. Erhoeht man nun
die Federbasis, schraubt also die Auflagemutter weiter in Richtung ande-
res Federende, wird die Feder weiter (vor)gespannt, da die Stoesselstan-
gen ja nicht weiter ausfahren kann ... und das ganze _vor_ der eigentli-
chen Belastung. Klaro? ;-)
Fraglich nur noch, wie man diesen optimalen Punkt (ein Drittel eingefe-
dert) finden kann. Das macht man am besten wie folgt:
- Markierung am Heck suchen (ggf. eine kleine anbringen), am besten
senkrecht ueber der Hinterachse
- Moped ganz ausfedern lassen, am besten auf dem Hauptstaender oder
ueber den Seitenstaender gekippt
- Abstand zwischen Zentrum Achse und der Markierung messen
- im Handbuch Federweg nachlesen
- draufsetzen bzw. wie geplant belasten
- messen
- der gemessene Abstand sollte nun um etwa ein Drittel des Federweges
geringer sein
- ggf. ueber Veraenderung der Federbasis anpassen
Da das ziemlich umstaendlich ist, kann man sich die Sache nach dem ersten
Messen und Einstellen vereinfachen: Man misst bei richtiger Einstellung
der Federbasis und der entsprechenden Belastung die Hoehe der Markierung
ueber dem Boden. Und diesen Abstand sollte man, egal mit welcher Bela-
dung, ueber Veraenderung der Federbasis immer zu erreichen versuchen.
Noch einfacher geht's natuerlich, wenn man sich auf gleicher Hoehe der
Markierung am Heck eine weitere an z. B. der Garagenwand oder Laterne an-
bringt ...
Vermutlich unnoetig zu sagen, dass das alles sowohl fuer Vorder- als auch
fuer Hinterrad (bzw. -federung) gilt. Es sieht halt nur ein bisschen an-
ders aus. ;-)
> Welchen Einflusz hat das auf das Fahrverhalten?
Das sollte inzwischen klar sein: Zu hohe Federbasis haelt die Stoessel-
platte zu dicht am oberen Ende der Daempferkammer, es steht zu wenig Ne-
gativfederweg zur Verfuegung - Loecher koennen nicht ausgeglichen werden.
Zu niedrige Federbasis: zu wenig Positivfederweg, Hubbel koennen nicht
ausgeglichen werden oder in Schraeglage (in der die Kompression deutlich
groesser ist, da das Federbein nun zusaetzlich Fliehkraefte abfedern
muss) kommt die Stoesselplatte schon bei "normaler" fahrt ohne Last-
wechsel oder Hubbel an die untere Grenze und koennte auf einen Schlag gar
nicht mehr reagieren. In jedem Falle aber haette das zur Folge, dass das
Rad den Kontakt zur Fahrbahn fuer "laengere" Zeit - also bis das gesamte
Moped den Stoss nachvollzogen hat - ploetzlich und unerwartet verliert.
Gerade in Schraeglage ist das natuerlich wenig angenehm: Entweder weil
das Rad in der Luft haengt (wenn es nicht weiter ausfedern kann) oder
aber einfach die Haftung abreisst (weil es in der Schraege nicht mehr
einfedern kann).
Ganz nebenbei ist es natuerlich auch recht unbequem, wenn der Daempfer
mit z. B. Sozia staendig am unteren Limit waere und ewig "auf Block" ge-
hen wuerde, also am unteren Anschlag aufprallt - das wird Dir Deine Blume
irgendwann entsprechend quittieren ... ;-))
> Waere nett, wenn Du mir helfen koenntest.
Ich hoffe, ich habe ... ;-)
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So. Und nun erzaehlt mir, dass das alles ganz anders ist, ich keine Ah-
nung und dem armen Kerl eine voellig falsche Vorstellung vermittelt habe
... ;-)
P.S.: Ich hoffe, dass wirklich bald was zu dem Thema in die FAQ kommt.
BTW: Hoss, Du koenntest ja noch eine Kleinigkeit zum Finden der
optimalen Druck- und Zugstufe und ueber Erkennungsmerkmale zu
weichen oder zu harten Settlings erzaehlen ... da hab' ich jetzt,
aehem, keine Lus^h^h^hZeit mehr zu ... ;-))
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Bessi sss#4/DoD#220361
YZF1000R ABK 1.6
Life's uncertain - eat dessert first. (RW) 39489 - counting