Überholung von Koni-Federbeinen.
Intro
Leider ist die Literatur bzgl. der Überholung von Koni - Federbeinen sehr
spärlich gesät, da Koni zur damligen Zeit die Überholung
im eigenen Hause durchgeführt hat.
Deshalb ein Beispiel für die Überholung der Federbeine des Typs 7610-1302.
Demontage
Als erstes müssen natürlich die Federn entfernt werden. Mit viel Gefrickel,
etlichen Fehlversuchen und geprellten Fingern kann man sich mit einer Obi-Schraubzwinge
abrackern.
Hier kommt einen Schraubspanner für Betonbau-Verschalungen zum Einsatz, das klappt
wunderbar und ist sowas von stabil ... ;)
Mit den beiden Schlagdornen (mit roten Kunststoffmänteln) wird die Feder
verkeilt, dann der Dämpfer mit der Gewindespindel (rechts) zusammengedrückt,
bis man den Federteller (bzw. Keile bei anderen Herstellern) rausziehen kann. Jetzt
entspannt man die Feder vorsichtig und kann sie vom Dämpferkörper abnehmen.
Nun wird auf das Gewinde der oberen Verschlußschraube etwas Caramba
aufgebracht und über Nacht einwirken lassen.
Dann wird der Verschlu;ß mit einem passenden (z.B. verstellbaren)
Stirnlochschlüssel
aufgedreht - so die Theorie. Tatsächlich hab ich es noch
nie geschafft, den Verschluß ohne rohe Gewalt (Hammer und Schlagdorn)
aufzukriegen. Auch wenn die Konis noch so gepflegt sind - 30 Jahre hinterlassen
halt ihre Spuren im Gewinde.
Man zieht nun vorsichtig den ganzen Inhalt an der Dämpferstange heraus.
Was dann als Brühe zum Vorschein kommt, sieht man hier:
Man sieht auf dem Bild unten die
Dämpfer(kolben)stange mit dem inneren Dämpferrohr und darüber das
äußere Dämpferrohr (-körper)
Es beginnt die Demontage der Dämpferstange:
Wir legen uns Bleistift, Notizblock und Meßschieber parat und werden
jeden Schritt notieren.
Als erstes ziehen wir das innere Dämpferrohr ab.
Dann wischen wir den ganzen Ölsabber, der aus dem Rohr über Hände,
Tisch, Boden, etc gelaufen ist, sauber ;)
Mit einem Plastikrohr treiben wir das untere Ventil, das noch im
inneren Dämpferrohr steckt, vorsichtig heraus.
An der Dämpferstange schrauben wir die untere Hohlschraube ab.
Nun kommt der Notizblock zum Einsatz: Beim anschließenden
Auseinandernehmen vermessen und notieren (Skizze) wir jedes Einzelteil!
Vorsicht beim Abziehen der oberen Verschlußschraube: da sie den
abdichtenden Simmerring enthält, muß sie gaaaanz vorsichtig
von der Stange abgezogen werden (die Stange soll dabei eingeölt
sein!).
Das ganze Klimbim sieht dann so aus wie auf dem folgenden Bild.
Dabei entspricht die rechte Bildseite dem unteren Ende des Stoßdämpfers:
Die Dämpferstange und ihre Komponenten:
- 3: Dämpferstange. Im rechten Ende befindet sich das Ventil für die
Druckstufeneinstellung
- 1a: Verschlußschraube mit Simmering
- 1b: O-Ring
- 1c: Dämpferstangenführung
- 1d: Plastik-Beilegscheibe
- 1e: Beilegscheibe, Durchmesser 19 mm
- 1f: Beilegscheibe, Durchmesser 10,5 mm
- 1g: Ventilplättchen, perforiert, Durchmesser 20 mm
- 1h: Ventilgehäuse des oberen Ventils
- 1i: Ventilplättchen, Durchmesser 10,5 mm
- 1j: Ventilplättchen, Durchmesser 15,5 mm
- 1k: Ventilplättchen, Durchmesser 14,5 mm
- 1l: Beilegscheibe
- 1m: Hohlschraube
Das innere Dämpferrohr:
- 2a: Rohr mit Sternring ACHTUNG: der Sternring zeigt auf dem Bild in die
falsche Richtung: beim Zusammenbau muß die gezackte Seite nach unten zeigen
- 2b: unteres Ventil (kann nicht demontiert werden, da vernietet)
- 2c: Beilegscheibe
Das äußere Dämpferrohr:
Die Teile sind nun zu reinigen: nicht nur altes Öl ist zu entfernen, sondern vor allem
aller grobkörniger Unrat, der sich zwischen Ventilplättchen abgelagert hat bzw. ablagern
könnte und so deren Funktion stark beeinträchtigt (bis zum Festsetzen des Dämpfers!)
- Sämtliche Komponenten werden mit Bezin ab/ausgespült, die Ventilplättchen
mit einem Tuch abgerieben. Da das untere Ventil nicht zerlegbar ist, sind dessen
Ventilplättchen vorsichtig mit einem Uhrmacherschraubenzieher reihum auseinander
zu drücken und die Zwischenräume mit Benzin auszuspülen. Man kann auch eine
Spritze verwenden,
deren (dünne!) Kanüle man zwischen die Plättchen schiebt und den Dreck
ausspült.
- Dem Simmerring ist ebenfalls Sorgfalt anzugedeien: i.d.R. haben sich dort Schlamm und
Sandkörner abgelagert. Diese sind natürlich vorsichtig zu entfernen.
- Die Gewinde von Verschlußschraube und äußerem Dämpferkörper
sind zu reinigen
Es folgt die Prüfung der Komponenten:
- Dämpferstange: muß im Gleitbereich des Simmerings frei von Löchern,
Riefen, Dellen sein.
- Simmerring: das obere Ende ist der Staubabstreifer, der sich nicht ganz aufgelöst
haben sollte. Wichtiger ist der darunter liegende Teil des Rings: er
darf nicht verhärtet sein, muß mit leichtem Druck an der
Stange anliegen, keine Ausbrüche oder Risse aufweisen.
Andernfalls ist er zu
ersetzen (IKON-Ersatzteile)
- Die Gewinde von Verschlußschraube und äußerem Dämpferkörper
sind auf Leichtgängigkeit zu prüfen. Anderfalls sind die Gewinde auf zu arbeiten
Nach dem Trocknen (Erwärmen hilft :)) erfolgt der Zusammenbau.
Zusammenbau
- Dämpferstange mit den Teilen 3 und 1a - 1m zusammenbauen.
Vor dem Aufschieben des
Verschlusses/Simmerings wird der Simmering und die Dämpferstange dick mit Gabelöl
eingeölt! Die Hohlschraube wird handfest angezogen, sie braucht nicht geklebt werden!
- Das untere Ventil 2b auf das innere Dämpferrohr 2a stecken,
die Beilegscheibe 2c in das äußere Dämpferrohr legen und das innere
Rohr mit dem Ventil nach unten einstecken (die Sternring zeigt dabei mit den Zacken nach
unten).
Das sieht dann so aus:
- Nun wird das innere Rohr (Pfeil Vr) mit Gabelöl bis zum Rand befüllt.
- Die Befüllung des Zwischenraumes zwischen innerem und äußeren Rohr (Pfeil
VR) gestaltet sich etwas komplexer:
Wie der aufmerksame Leser weiß (siehe Stoßdämpfertypen)
haben Konis keinen Ausgleichsbehälter für das Eindringen der Dämpferstange.
Deshalb muß ein entsprechendes Luftvolumen im Zwischenraum VR erhalten
bleiben.
Man kann natürlich per try and error herausfinden, wie groß es sein muß,
man kann es aber auch gleich im voraus richtig berechnen.
Wir benötigen dazu folgende Daten:
- der maximale Dämpferweg hks, d.h. der maximale Weg, den die
Dämpfer(kolben)stange raus- und reingezogen
werden kann. Wichtig ist, den Weg des Gummipuffers hinzuzurechnen, da dieser bei
durchschlagendem Dämpfer massiv komprimiert werden kann!
- Durchmesser dks der Dämpfer(kolben)stange.
- Innendurchmesser DR des äußeren Dämpferrohrs
(s. linkes Bild)
- Außendurchmesser Dr des inneren Dämpferrohrs (s. linkes Bild)
- Außendurchmesser dv des oberen Ventils (s. rechtes Bild)
- Höhe hv des oberen Ventils/Verschlusses, der oben
im inneren Dämpferrohr steckt (s. rechtes Bild)
- Höhe hS des Verschlusses über dem inneren Dämpferrohr
(Achtung: es ist ab der Stelle des Gewindes
zu messen, die sich im äußeren Dämpferrohr befindet, siehe rechtes Bild)
Es gilt nun für die Volumina
Luft-Volumen im Zwischenraum VR=
Volumen der eindringenden Kolbenstange + Volumen des oberen Ventils-Verschlusses im
inneren Dämpferrohr.
Das Volumen V eines Zylinders ist durch die Formel:
V = d2 * h * π * 1/4
mit
d = Durchmesser des Zylinders
h = Höhe des Zylinders
π = Kreiszahl (= 3.14)
Nach einer trivialen Rechenarbeit (s. Anm.) bekommen wir so für
die Höhe hR des Luftvolumens im Zwischenraum:
hR = (dks2 hks + dv2 hv)/
(DR2 - Dr2)
Da wir von der Oberkannte des äußeren Dämpferrohres messen wollen, müssen wir
noch die Höhe des Verschlusses hS
hinzurechnen, d.h. wir bekommen für die
Luftvolumenhöhe Hluft
des Zwischenraumes VR, gemessen von der Oberkannte des Dämpferkörpers:
Hluft = hS +
(dks2 hks + dv2 hv)/
(DR2 - Dr2)
Beispiel
Für den Koni 7610-1302 messen wir:
- hks = 75 mm
- dks = 12 mm
- DR = 31,5 mm
- Dr = 24 mm
- dv = 22 mm
- hv = 20 mm
- hS = 15 mm
Wir erhalten für die Luftvolumenhöhe im Zwischenraum VR,
gemessen ab Oberkannte:
Hluft = 60 mm.
Mit anderen Worten, der Zwischenraum VR ist aufzufüllen, bis
zwischen Oberkannte Dämpferkörper und Ölniveau noch 60 mm meßbar sind.
- Nachdem das Öl eingefüllt ist, setzen wir die Dämpferstange ein:
Der Verschluß ist an das untere Ende der Dämpferstange zu schieben. Dann wird das
auf der Stange sitzende Ventil langsam und vorsichtig in das innere Dämpferrohr
eingeführt. Wir drücken dabei nicht mit der Kolbenstange, sondern
ausschließlich mit dem Verschluß. Wenn jener auf dem Gewinde des äußeren
Rohres aufsetzt, drehen wir ihn vorsichtig ein und mit dem Stirnlochschlüssel handfest
an.
TEST
WICHTIG
Vor der Montage der Feder müssen die Dämpfer getestet werden:
- Kolbenstange mit konstantem Druck aus und ein bewegen. Sie muß sich dabei
in beide Richtungen absolut gleichmäig mit einen leisen "Zischen" bewegen lassen,
es darf auf keinen Fall grobes "Sprudeln" zu hören sein (zu wenig Öl).
- An einem beliebigen Umkehrpunkt (d.h. beim Übergang von Auf- zu Abbewegung und
vice versa) muß sofort wieder die gleiche Dämpfungskraft anliegen. "Rutscht"
der Kolben ein Stück mit verminderter Dämpfung, ist entweder zu wenig Öl
drin bzw. können sich Ventilplättchen nicht frei bewegen (Schmutz)
- Fühlt sich die Dämpferbewegung "teigig" an, d.h. federt der Dämpfer nach,
ist zu viel Öl drin.
- Dämpfer mit aller Kraft zusammendrücken (einschließlich des Anschlaggummis!).
Sollte dabei ab einem Punkt ein massiver Widerstand eintreten, ist zuviel Öl drin!
Dieses Zuviel an Öl ist definitiv zu entfernen, da sonst bei der ersten dicken Bodenwelle
der Simmering platzen wird!
- Einstellung für die Druckstufe prüfen: Bei Verstellung des Handrades muß
sich die Druckdämpfung spürbar ändern.
Ist alles in Ordnung, wird die Verschlußschraube per Stirnlochschlüssel festgezogen,
dann können die Federn montiert werden.
Alukörper aufpoliert, frisch befüllt, so schaut das fertige Werk dann aus:
Ölsorten
Leider ist das widerliche Getriebeöl ATF scheinbar nicht tot zu kriegen, findet man doch immer
noch "gutgemeinte" Ratschläge, dieses in Gabeln und Stoßdämpfern zu verwenden.
Was vor 30 oder 60 Jahren gut war, ist heute im Zeitalter der Hochleistungsöle wirklich
überholt. Also verwendet bitte gescheites Dämpferöl, z.B. für Teleskopgabeln.
Marken gibt es ja zur genüge, ob man das Castrol-Racing-Forkoil einsetzt oder ein billigeres
Markenöl à la Delo oder sonst was, sei jedem selbst überlassen.
Eine Angabe der Viskosität ist sehr schwierig, da Gabelöle keiner Kontrolle unterliegen
und daher die Viskositätsangaben von Hersteller zu Hersteller abweichen, ja sogar innerhalb
eines Herstellers für verschiedene Produktreihen nicht ganz vergleichbar sind. Beispiel:
Das besagte vollsynthetische Castrol Racing ist merkbar dünnflüssiger als ein
Standardöl
aus gleichem Hause, selbst wenn bei beiden die Viskositätsklasse "10" angegeben ist.
Trotzdem kann man grob für die Konis aussagen:
- Viskosität API "5": durchaus komfortable Abstimmung
- Viskosität API "10": normale Abstimmung für sportliches Straßenfahren
- Viskosität API "15": stark gedäpfte Abstimmung für sehr sportliches Fahren
auf Straßen bzw. Rennstrecken mit gutem Belag
Die Wahl von Otto-Normal-Fahrer sollte irgendwo zwischen 5 und 10 liegen.
Anmerkung:
Für Interessierte: der obere Ventilverschluß wird als Vollzylinder
mit Durchmesser dv berechnet.
Da er aber nicht aus Vollmaterial besteht, verdrängt er tatsächlich
weniger. Dies ist beabsichtigt und äußert sich darin, daß bei
voll komprimiertem Dämpfer das Luftvolumen nicht gegen Null geht (das wäre
dann der Zustand der Überfüllung)
Würde man das tatsächliche Volumen des Ventilverschlusses bestimmen wollen,
wäre das ungleich umständlicher (Messung der Verdrängung in einem kalibrierten
Gefäß).
Die angegebene Berechnung stellt eine einfach zu bemaßende, emprisch gut
funktionierende Methode dar.
Simmerring 12x22x8 (doppellippe)
© RRR.DE - Franky